The XX „Coexist“
(Young Turks)
War’s die Angst, war’s die Aufregung? Man kann sich jedenfalls getrost den Schweiß von der Stirn wischen, sich zurücklehnen und endlich, endlich wieder durchatmen. Ähnlich wird es den dreien gehen, jetzt, da sie den Nachfolger zum genialen Debüt draußen haben, jetzt, da die Arbeit gemacht und der Kampf gekämpft ist, da sich die ins Übermächtige gesteigerten Erwartungen nunmehr am fertigen Produkt messen können, Antworten erwartet werden auf die Fragen: Bleibt es spannend? Bleibt es gut? Wird es vielleicht sogar besser?
Bevor hier ein lautes, ein dreifaches ‘Ja!’ geschmettert werden soll, darf kurz noch darüber räsoniert werden, wann sich eigentlich eine Plattenfirma dafür entscheidet, vor dem Veröffentlichungstermin mit dem kostenlosen Stream ins Netz zu gehen. Dann, wenn man mehr Personal als die normale Promo dazu einsetzen muss, um die Leaks, die Löcher zu stopfen (dass ein Netz naturgemäß nur aus Löchern besteht, kann da wohl kaum beruhigen)? Dann, wenn man befürchten muß, die Anzahl der illegalen Downloads könnte die der legalen Einkäufe übertreffen? Das Tamtam jedenfalls, was um die zweite Platte der recht bald zum Trio geschrumpften Londoner Band veranstaltet wurde, war fraglos aberwitzig, gemessen am Echo ihres Erstlings aber vielleicht auch verständlich – Top Of All Lists, Mercury Prize, die Branche braucht dringend Hoffnungsträger und The XX werden sie, das lässt sich jetzt sagen, nicht enttäuschen.
Dabei sind die Veränderungen, die sie ihrem Sound verpaßt haben, gar nicht so riesig, wie von vielen behauptet – gottlob bleibt die geheimnisvolle, sinistre Grundstimmung der Stücke unangetastet, der intime Wechselgesang zwischen Romy Madley Croft und Oliver Sim ebenso, einzig Jamie Smith darf das gewohnte Gefüge aufbrechen und gibt den neuen Stücken in kluger Dosierung zur Beschleunigung die passenden Beats hinzu – das ist es. Und das reicht, um den Gesamteindruck auf höchstem Niveau zu halten. Der blecherne Trommelwirbel zur dumpfen Bassdrum (“Angels”) nur ein Anfang, das Ticken über dunklem Grollen bei “Chained”, dazu die jubilierenden Gitarren, spätestens bei “Fiction” hat man alle Vorbehalte und jedwedes Misstrauen beiseite gelegt und sich dem Zauber ergeben.
Wie schon beim Vorgänger greift auch bei “Coexist” maßgenau ein Track in den nächsten, auf das taumelnde, behutsam geloopte “Try” folgen die straffen Hooks von “Reunion” und der feine Beat bei “Sunset”, immer wieder von Pausen unterbrochen, von schillernden Chords ergänzt. “Missing” ist ein ganz großer Wurf, den so zu früheren Zeiten vielleicht nur Adrian Thaws aka. Tricky hinbekommen hätte, dieses schleppende Wummern, begleitet von Sims abgrundtiefem Timbre: “My heart is beating in a diffrenet way, been gone such a long way“ – phänomenal, word.
Ebenso groß und einzigartig: „Unfold“ – die Nackenhaare aufgestellt, lauscht man mit Schaudern „Oh, let it unfold, I won't leave it untold, the feeling goes on and on and on…”. “Swept Away” danach ist vielleicht das Stück, was die Hinwendung der drei zu – ansatzweise – tanzbarem Sound am konsequentesten verkörpert, bevor dann “Our Song” den akkustischen Abschied markiert: “Like you do, what I've done you've done too, the walls I hide behind, you walk through…”. Keine Ahnung, welches der vielen Etiketten, die nun das lichte Cover des Albums zieren werden – ob “Klangkunst” oder “Geniestreich” – das treffendste ist, fest steht: Es gibt keinen Grund, mit Lob zu geizen, gerade weil die Fallhöhe für The XX eine beträchtliche war. Ebenso sicher: Es wird in diesem Jahr, zumindest aus dieser Ecke, nicht viel Besseres kommen. http://thexx.info/
(Young Turks)
War’s die Angst, war’s die Aufregung? Man kann sich jedenfalls getrost den Schweiß von der Stirn wischen, sich zurücklehnen und endlich, endlich wieder durchatmen. Ähnlich wird es den dreien gehen, jetzt, da sie den Nachfolger zum genialen Debüt draußen haben, jetzt, da die Arbeit gemacht und der Kampf gekämpft ist, da sich die ins Übermächtige gesteigerten Erwartungen nunmehr am fertigen Produkt messen können, Antworten erwartet werden auf die Fragen: Bleibt es spannend? Bleibt es gut? Wird es vielleicht sogar besser?
Bevor hier ein lautes, ein dreifaches ‘Ja!’ geschmettert werden soll, darf kurz noch darüber räsoniert werden, wann sich eigentlich eine Plattenfirma dafür entscheidet, vor dem Veröffentlichungstermin mit dem kostenlosen Stream ins Netz zu gehen. Dann, wenn man mehr Personal als die normale Promo dazu einsetzen muss, um die Leaks, die Löcher zu stopfen (dass ein Netz naturgemäß nur aus Löchern besteht, kann da wohl kaum beruhigen)? Dann, wenn man befürchten muß, die Anzahl der illegalen Downloads könnte die der legalen Einkäufe übertreffen? Das Tamtam jedenfalls, was um die zweite Platte der recht bald zum Trio geschrumpften Londoner Band veranstaltet wurde, war fraglos aberwitzig, gemessen am Echo ihres Erstlings aber vielleicht auch verständlich – Top Of All Lists, Mercury Prize, die Branche braucht dringend Hoffnungsträger und The XX werden sie, das lässt sich jetzt sagen, nicht enttäuschen.
Dabei sind die Veränderungen, die sie ihrem Sound verpaßt haben, gar nicht so riesig, wie von vielen behauptet – gottlob bleibt die geheimnisvolle, sinistre Grundstimmung der Stücke unangetastet, der intime Wechselgesang zwischen Romy Madley Croft und Oliver Sim ebenso, einzig Jamie Smith darf das gewohnte Gefüge aufbrechen und gibt den neuen Stücken in kluger Dosierung zur Beschleunigung die passenden Beats hinzu – das ist es. Und das reicht, um den Gesamteindruck auf höchstem Niveau zu halten. Der blecherne Trommelwirbel zur dumpfen Bassdrum (“Angels”) nur ein Anfang, das Ticken über dunklem Grollen bei “Chained”, dazu die jubilierenden Gitarren, spätestens bei “Fiction” hat man alle Vorbehalte und jedwedes Misstrauen beiseite gelegt und sich dem Zauber ergeben.
Wie schon beim Vorgänger greift auch bei “Coexist” maßgenau ein Track in den nächsten, auf das taumelnde, behutsam geloopte “Try” folgen die straffen Hooks von “Reunion” und der feine Beat bei “Sunset”, immer wieder von Pausen unterbrochen, von schillernden Chords ergänzt. “Missing” ist ein ganz großer Wurf, den so zu früheren Zeiten vielleicht nur Adrian Thaws aka. Tricky hinbekommen hätte, dieses schleppende Wummern, begleitet von Sims abgrundtiefem Timbre: “My heart is beating in a diffrenet way, been gone such a long way“ – phänomenal, word.
Ebenso groß und einzigartig: „Unfold“ – die Nackenhaare aufgestellt, lauscht man mit Schaudern „Oh, let it unfold, I won't leave it untold, the feeling goes on and on and on…”. “Swept Away” danach ist vielleicht das Stück, was die Hinwendung der drei zu – ansatzweise – tanzbarem Sound am konsequentesten verkörpert, bevor dann “Our Song” den akkustischen Abschied markiert: “Like you do, what I've done you've done too, the walls I hide behind, you walk through…”. Keine Ahnung, welches der vielen Etiketten, die nun das lichte Cover des Albums zieren werden – ob “Klangkunst” oder “Geniestreich” – das treffendste ist, fest steht: Es gibt keinen Grund, mit Lob zu geizen, gerade weil die Fallhöhe für The XX eine beträchtliche war. Ebenso sicher: Es wird in diesem Jahr, zumindest aus dieser Ecke, nicht viel Besseres kommen. http://thexx.info/