Obama: Das Drama mit dem Karma

Obama: Das Drama mit dem Karma

© Dieter Schütz / pixelio.de

Gestern habe ich mal wieder meinen Kleiderschrank durchgesehen, um zu schauen, was man so aussortieren kann – und da fielen mir 2 blaue T-Shirts in die Hände: zwar sind sie wenig getragen und noch weniger gewaschen, doch trotzdem sind die Aufschriften wegen der mangelhaften Qualität genauso wie die Farbe selbst unansehnlich geworden: und ein bisschen geht es den Kleidungsstücken so wie demjenigen, für den sie einmal Werbung gemacht haben – Barack Obama.

Ich gehöre zu der Generation, die noch mit einem positivem Bild der USA aufgewachsen ist. Für mich waren deshalb die Jahre der Präsidentschaft sowohl von Bush I als auch noch mehr von Bush II durchaus traumatisch, denn sie zerstörten dieses positive Bild. Vielen anderen in Europa ging es sicherlich ähnlich, und so nahmen wir die Vereinigten Staaten von Amerika irgendwann nur noch als eine arrogante, selbstherrliche und allein ihren eigenen Interessen verpflichtete Grossmacht wahr, der gegenüber sogar das taumelnde Russland mehr innerliche Zuwendung genoss.

Natürlich war ich auch völlig geschockt von 0911 und hatte riesiges Mitleid und grosses Verständnis für das amerikanische Volk, aber trotzdem konnte dies nicht den von mir als ungerecht empfundenen Irakkrieg mit seinen Tausenden von Toten rechtfertigen, genausowenig wie ein Gefangenenlager auf Kuba und die damit einhergehende Verletzung eben nicht nur internationalen, sondern gerade auch amerikanischem Rechts. Amerika war ein Stück weit böse geworden, es war nicht mehr viel über von meinem naiven Glauben an den wunderbaren „american way of life“.

Doch dann erschien Barack Obama auf der politischen Bühne: schwarz, jung, smart, intelligent, gutaussehend – und jemand, der es auf wunderbare Weise verstand, für ein neues Amerika zu stehen: ein Amerika, dass gute europäische Tugenden mit afrikanischer Leichtigkeit verband, die wieder so viel hatten von dem kalifornisch-hawaiianischen Lebensgefühl, dass früher mein Amerika-Bild geprägt hatte.

Nun gut, die Werbebotschaften des Präsidentschaftskandidaten waren mehr als plakativ (und teilweise der kindlichen Welt von Bob, dem Baumeister, entlehnt), aber über allem stand doch eine „Hope“, im Amerika käme es zum „Change“ – „Yes, we can!“ Und sowohl die Bücher Obamas als auch die schnell produzierten und millionenfach verkauften Biographien liessen ja auch Einiges erwarten: und zwar Positives! Da kam jemand, der mit seiner ganzen Lebensgeschichte für neue Werte in Amerika stand – und für viele Werte, die durchaus dem „alten“ Europa  zugeschrieben werden.

Ich war ganz bestimmt nur einer von Vielen, die so dachten, und die Sorge, dass Obama nur in Europa so positiv gesehen würde, verflogen schnelle; er kam – im wahrsten Sinne des Wortes – an in den USA: Der Wahlkampf wurde zum Rausch, die Wahlnacht zum Hype und die Amtseinführung zu einem Triumphzug ähnlich der Krönung eines Königs.

Und seine Amtszeit liess sich auch ganz gut an, jedenfalls machte vieles den Eindruck, als wenn Barack Obama tatsächlich etwas ändern und die USA auf einen neuen Kurs bringen könnte. Gefühlt war „change“ da.

Der erste Kater nach den rauschenden Tagen und Nächten kam dann, als Obama der Friedensnobelpreis verliehen wurde; auch ich habe zu diesem Zeitpunkt leise für mich einmal überlegt, was ich von ihm erwartet hatte, was tatsächlich möglich gewesen wäre und was geschehen war; und die Bilanz war stark ernüchternd. Ausser einer gefühlten Veränderung war alles beim Alten geblieben – und ist es bis zum heutigen Tage:

  • Eine Lösung für die angezettelten Konflikte ist weit und breit nicht zu sehen
  • Das Gefangenenlager von Guantanamo besteht unverändert
  • Sämtliche Bemühungen zur Lösung des Nahost-Konflikts sind gescheitert
  • Die USA blockiert weiterhin internationale Organisationen und den Klimaschutz
  • Die innenpolitischen Probleme der USA sind grösser denn je
  • Die Wirtschaftskrise in Amerika ist nicht überwunden
  • Die Lobbyisten beherrschen das dortige politische System weiterhin – sei es in der Waffenfrage oder an der Wall Street

Ich gebe zu, auch dies ist eine „gefühlte“ Zusammenstellung, sie ist natürlich nicht wissenschaftlich fundiert und entspringt meiner höchst subjektiven Wahrnehmung – aber auch Andere, mit denen ich mich über solche politischen Fragen austausche, sehen es durchaus ähnlich – viel habe sich nicht geändert in Amerika, man habe eben jetzt „Bush-Politik mit menschlichem Antlitz“. Nicht mehr, nicht weniger, und viel weniger als das, was man als schlimmsten Fall angenommen habe.

Es ist nicht viel übrig geblieben vom neuen amerikanischen Helden…

Und wenn man dann sieht, dass eigentlich nicht mehr über politische Entwicklungen in Amerika gesprochen wird (wer will schon immer die alten Kommentare neu abdrucken?), sondern über die Frage, ob sich Barack Obama die Haare färbt oder nicht – dann zeigt sich, dass sich tatsächlich inhaltlich im Weissen Haus weniger geändert hat, als viele gehofft haben.

Ich denke, auch meinen T-Shirts wird es nicht viel nützen, wenn ich sie noch einmal neu färbe – ihre Botschaft ist ähnlich verblichen wie die von Barack Obama.


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