Ob wohl Ijob einem Job nachging?

Ob wohl Ijob einem Job nachging?

Ijob-Skulptur von
Gerhard Marcks

Arbeitsstellen. Oder Arbeitsplätze. Aber von denen spricht ja keiner mehr. Alle haben sie den Job im Visier. Selbst die »Tagesschau« spricht lieber von Jobs. 1045 Treffer ergab die Suche nach dem Wörtchen auf der Webpräsenz der »Tagesschau«. 834 waren es im Plural. Ich muss sagen, mich stört das. Wir sollten wieder mehr über Arbeitsplätze und weniger über Jobs reden. Auch wenn »Job« natürlich besser das Lebensgefühl trifft, das man heute den erwerbsfähigen Menschen eintrichtern will.
Denn wenn die Regierung mal wieder tönt, sie hätte so und so viele Jobs geschaffen, dann kann man getrost erwidern: »Stimmt schon. Jobs habt ihr geschaffen! Nur keine Arbeitsplätze.« Denn das Wörtchen »Job« kommt wahrscheinlich von der alten englischen Formel »jobbe of worke«, was so viel wie »ein wenig Arbeit« meint und den Gegensatz zu langfristiger oder dauerhafter Arbeit beschreiben soll. Es ist insofern eine »kurze Gelegenheit zum Geldverdienen«. Etwas also, was man »bei Gelegenheit« tut. Nichts Dauerhaftes gewissermaßen. Ich gebe aber zu, dass die Wortherkunft nicht ganz sicher ist. Allzu spekulativ scheint mir der Ansatz dann aber auch wieder nicht zu sein.

Der Job ist letztlich nicht das, was das klassische Arbeitsverhältnis mal war. Er ist die Bezeichnung einer Konstellation, deren Grundlage eine Mentalität des »hire and fire« ist. Nach dem Prinzip: Bei Gelegenheit arbeite ich dort - bei Gelegenheit stelle ich die Arbeit dort wieder ein. Je nach Bedarf und je der Laune des Dienstherrn.
Wenn die »Tagesschau« von Jobs spricht, wo man von Arbeitsplätzen sprechen sollte, dann ist das gewissermaßen auch eine Hiobsbotschaft für die, die durch Erwerbsarbeit ihr Dasein fristen müssen. Denn im Wörtchen »Job« schwingt Prekarisierung mit, die Auflösung sozialer Sicherheit und die Erschwerung, mit einem festen Gehalt kalkulieren zu können. Ob wohl der »Job« vom alten Hiob abstammt? Immerhin schreibt man ihn zuweilen auch als »Ijob«. Und miese Botschaften hat man dem Mann auch überbracht, wie so vielen, die ein Jobangebot bekommen auch.
War das vielleicht so ein Wort, das die frommen Puritaner sich aus der Bibel herausgepickt haben? Mit viel Phantasie vielleicht schon. Vom Jobcenter wussten sie freilich noch nichts. Sie ahnten nicht, dass es mal ein Zentrum geben würde, von dem aus Hiobsbotschaften an all diejenigen verbreitet werden, die dort gemeldet sind. Und von der diminutiven, der verniedlichenden Spielart, die ein kurioses Wort wie »Minijob« gebar, waren diese alten Philister noch viel weiter entfernt. Im Grunde würde das nach der etymologischen Auswertung, die oben erwähnt wurde, heißen, dass es sich um »ein wenig Arbeit« handelt, die noch viel weniger als wenig ist. Wobei nicht ganz hervorgeht, was denn daran »Mini« sein soll: Die Arbeitszeit, der Lohn oder Arbeitnehmerrechte?
Die Geschichte von Hiob ist ja nicht einfach nur die Geschichte von Horrorszenarien und schlechten Neuigkeiten. Sie will auf was ganz anderes hinaus. Der gute Hiob soll nämlich nicht zu sehr hadern, dass Gott ihn so bitterlich bestraft hat. Alle sterben sie ihm weg - aber reiß dich am Riemen, Kerl! Er kann zwar zweifeln, aber in letzter Konsequenz ist seine Gottergebenheit größer. Das adelt seinen Glauben. Wer einmal durch die Schule des Zweifels an Gott gegangen ist, der steht um so fester an seiner Seite. Oder unter ihm? Das soll lieber ein Theologe beantworten. Einer wie der Bundespräsident. Der hätte an vielen Hiobs große Freude. Hätte Freude daran, wenn sie ihr Dasein in einem kümmerlichen Job zufrieden akzeptieren. Hiobs sind für ihn die gelungenen Prototypen von Staatsbürgern.
Das sind Wortklaubereien, ich gebe es zu. Aber dass man heute in Deutschland so unkritisch den Job in den Sprachgebrauch aufgenommen hat, sodass er »die Arbeitsstelle« fast verdrängt, das ist schon ein bisschen mehr als Zufall oder sprachliche Variation oder Evolution, die es in jeder Sprache gibt. Klar, das Wort ist praktisch, weil so handlich. Aber das, was man damit verbindet, ist ja auch nicht zu verachten. Das steht nämlich für die große Dystopie, menschliche Arbeitskraft zu einem billigen Gut, zu einem Ramschartikel werden zu lassen. Dass man selbst auf offizieller Ebene den Job hofiert, das ist programmatische Absicht.
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