Ob er das kann? Aber klar doch!

Heute Nachmittag der ganz spontane Entscheid, mit der ganzen Familie aufs Riesenrad zu gehen. Einfach so, weil gerade eines in der Stadt ist. Anschliessend dann noch alle zusammen zum Minigolf. Alle? Nein, Karlsson hat keinen Bock. Ich zwar auch nicht, aber sowas darf man ja als Mutter nicht allzu offen zeigen, sonst verdirbt man allen die Laune. Karlsson aber ist in dem Alter, in dem man ungestraft auf Verweigerung machen darf, was er auch ausgiebig tut. Schliesslich spricht “Meiner” ein Machtwort: “Wenn du nicht mitkommen willst, nimmst du eben den Bus und fährst nach Hause.” Während Luise, die befürchtet hatte, dass der grosse Bruder allen den Spass verderben könnte, hörbar aufatmet, bleibt mir fast die Luft weg. Mein armer, kleiner Karlsson, der eben erst vor ein paar Tagen laufen gelernt hat, soll ganz alleine vom Rummelplatz zur Bushaltestelle gehen, ein Billett lösen und nach Hause fahren? Der arme Junge ist doch noch viel zu klein für solche Abenteuer.

Meine Einwände bleiben ungehört, wenige Augenblicke später ist unser Ältester mit einem Fünfliber im Sack unterwegs auf dem steilen Fussweg, der zur Bushaltestelle führt. Mit sorgenvollem Blick schaue ich ihm nach. Ob ich ihn nicht doch begleiten soll? Nur mit grosser Mühe kann “Meiner” mich davon abhalten. Zum Glück aber sind “Meiner”, Luise und der FeuerwehrRitterRömerPirat mit dem Velo gekommen, so brauche ich mit dem Auto nur einen kleinen, unauffälligen Umweg zu machen, auf dem ich mich ganz heimlich vergewissern kann, dass alles glatt läuft. Der Zoowärter und das Prinzchen, die mit mir im Auto sitzen, werden mich bestimmt nich verpetzen. Hach, wie bin ich erleichtert, als ich Karlsson aus sicherer Distanz beobachte, wie er in den richtigen Bus einsteigt.

Zwei Stunden später ist die Minigolf-Runde endlich überstanden. Jetzt nur noch nach Hause, Abendessen kochen und dann so schnell wie möglich Feierabend. Das Gezänke, wer von den Kindern zuerst drankommt, hat mich ziemlich hingenommen und so verwünsche ich für einmal meine konsequente Ablehnung von Fertigprodukten. Wäre doch nett, wenn wir eine Tiefkühlpizza vorrätig hätten, die man nur noch in den Ofen schieben muss. Haben wir aber nicht und der Zoowärter wünscht sich Suppe im Brot, hausgemacht natürlich, denn Beutelsuppe haben wir nicht. Und zu Hause wartet bestimmt ein übellauniger Karlsson auf uns, dem es nicht passt, dass wir so lange weg waren.

Doch weit gefehlt. Als ich die Wohnungstüre öffne, strömt und himmlischer Pizzaduft entgegen, am Herd steht ein bestens gelaunter Karlsson, der verkündet, er müsse nur noch schnell die Pasta fertig kochen, dann sei das Essen bereit. “Ich habe zu viel Pizzasauce gemacht, da dachte ich mir, ich könnte ja gleich noch Pasta kochen”, erklärt er fröhlich. Auf dem Esstisch steht schon der Salat, Wasser und Cola sind eisgekühlt, der Tisch ist gedeckt und wenig später sind wir alle bei Karlsson zu Gast. “Weisst du eigentlich, wie viele Erwachsene keine Ahnung davon haben, wie man Pizzateig macht? Und du schüttelst das einfach so aus dem Ärmel”, sagt “Meiner” anerkennend zu Karlsson. “Ach weisst du”, wehrt dieser ganz bescheiden ab, “die müssten nur das Kochbuch von Marianne Kaltenbach hervorholen, dort drin steht nämlich, wie man einen Pizzateig macht.”

Könnte es sein, dass Karlsson doch nicht mehr ganz so klein und hilflos ist, wie ich dies gerne hätte – äääähm, ich meine natürlich, wie ich zuweilen das Gefühl habe?

 


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