Ob das mit uns noch mal was wird?

Letztens schickte mir einer eine e-Mail. Darin ein offener Brief an Putin. »Magste nicht unterzeichnen?«, fragte der Absender. Ich überflog das Ding und mir wurde leicht übel. Nicht wegen dem Inhalt an sich. Manche Ansicht ist ja nicht falsch. Aber der arschkriecherische und verherrlichende Duktus - nee, sowas unterschreibe ich nicht.
Ob das mit uns noch mal was wird?Ich habe mich vor vielen Jahren geweigert, einen vorgefassten Brief an Markus Söder zu unterschreiben, weil der schon so staatstragend mit »Sehr geehrter Herr Staatsminister für Umwelt« überschrieben war. Keine Ahnung, um was es damals ging. Ich habe es vergessen. Die Anrede war mir jedenfalls schon zu viel. Der Typ hat doch einen Namen, habe ich gesagt. Schreibt doch »Sehr geehrter Herr Söder« oder »Hallo Söder« - der Mann ist ja nicht mal mein Minister, ich wollte ihn ja gar nicht. Die, die jetzt Putin anschrieben, überstellten ihren Brief an »Seine Exellenz« und wiederholten mehrfach im Text »Sehr geehrter Herr Präsident« und endeten »mit vorzüglicher Hochachtung«. Gehts auch weniger servil?

Für so was Hündisches habe ich nichts übrig. Das ist nämlich keine Frage des Respekts, sondern der Selbstwahrnehmung. Da kann das Gesagte noch so verständig daherkommen. So bin ich nicht dabei. Es kommt darauf an, als autonomer Mensch aufzutreten, als jemand, der sich nicht von Posten und Ämter beeindrucken lässt. Das war stets das linke Verständnis von Welt und Autorität - und mein Verständnis. Es mag zwar Leute geben, die in der offiziellen Hierarchie höher stehen. Aber buckeln und arschkriechen muss man deswegen noch lange nicht. Selbstbewusst zu sein und aufrecht gehen: Das sind die Werte aufgeklärter Menschen. Wenn man dieses Verständnis aufgibt, dann gibt man auch die Ideale auf, für die man eintritt.
»Seine Exellenz« - ich lach' mich noch immer kaputt. Fortschritt, du Märchengestalt. Dich hat es nie gegeben. Mal abgesehen bei Mobiltelefonen und Kloschüsseln und einiges mehr. Aber wenn Aufklärung mit den Floskeln der Untertänigkeit einhergeht, dann klärt sie nicht auf, sondern trägt zur Verklärung bei und ist nicht mehr das, was sie sein will. Woher kommt denn dieser Drang bei manchem, diesen Kerl jetzt anzuhimmeln? Etwa als Reaktion auf die unqualifizierten Reden, die »uns« nicht Mainstream-Schwimmer als »Putin-Versteher« bezeichnen? Leute, lasst euch doch nicht so diktieren. Lasst die Einfältigen doch quatschen. Ihr müsst ihnen doch nichts beweisen. Man kann doch wohl Putin verstehen und ihn trotzdem angemessen distanziert behandeln.
Ich indes distanziere mich genauso von den Schwachköpfen dieser Regierung und den ganzen Atlantikern, die die Krise immer mehr ausufern lassen. Und ich distanziere mich aber auch davor, dass Putins Russland als hervorragender Gegenentwurf zum Westen stilisiert wird. Ist es nicht. Alles mehr oder weniger dasselbe Fabrikat. Alles geführt von Leuten, denen es lediglich um wirtschaftliche Interessen geht. Wenn ich was nicht leiden kann, dann Bigotterie. Würde sich der Außenminister hinstellen und sagen: »Wir sind Arschlöcher, lasst uns die Arschlöcher im Osten bedrängen«, ich würde gar nicht viel kommentieren. Dann würde der Mann ja nur sagen, was sich für jeden unabhängig denkenden Menschen schon lange als Wahrheit manifestiert hat.
So gesehen distanziere ich mich von der gesamten Menschheit - von dem Teil der Menschheit, den ich wahrnehme und der nur aus denkfaulen Idioten und Hysterikern zu bestehen scheint und der immer auf irgendeiner Seite stehen möchte. Ich brauche eine Auszeit von ihr. Abstand. Rückzugsmöglichkeit. Beziehungspause. Aber das kenne wir ja, sobald zwei eine solche Pause vereinbaren, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Bruch erfolgt. Ob das mit uns noch mal was wird?
Noch was in eigener Sache: Wer mag, darf ad sinistram auch unterstützen. ad sinistram oder, seien wir ehrlicher: mich. Ich schiebe es gerne auf »ad sinistram« - das klingt weniger anzüglich. Ihr müsst wissen: Mir selbst geht es eigentlich nicht ums Geld. Die anderen wollen immer welches von mir. Unterstützung geht entweder per Paypal (siehe rechte Seitenleiste) oder über den gewöhnlichen Bankweg. Meine Kontodaten teile ich auf Nachfrage gerne mit. Ich nenne Euch dabei sogar »Exellenz«, wenn Ihr wollt. Na ja, wollen wir es nicht übertreiben. Vielen Dank an dieser Stelle an alle, die mich seit langem und regelmäßig nicht nur ertragen, sondern sogar noch unterstützen. Und auch an alle, die es künftig tun wollen.
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