Zum ersten Mal durchbrach ich meinen Rhythmus und machte den weiten Trip ins ferne Zittau, nachdem ich auch letztes Jahr bei der damaligen ITU-WM am Start stand (und Bronze holte). Während 2014 – wie immer, wenn ich bei der O-See Challenge startete – eine üble Schlammschlacht geboten wurde, sollte der Osten dieses Jahr weiterhin fest im Griff des Jahrhundert-Sommers bleiben und mit Temperaturen von 35°C im Schatten und einer Wassertemperatur von 27°C aufwarten.
Ich reiste am Donnerstag an, denn ich wollte wenn möglich noch einmal die Radstrecke abfahren. Aber wie so oft waren Deutschlands Autobahnen extrem stark befahren, das Frustlevel stieg und auch die zwei Blitzer machten es nicht besser. Egal. Angekommen fiel sämtliche Anspannung von mir ab. Zur Strecken-Recon reichte es nun nicht mehr. Aber ich bezog mein Zimmer und lockerte wenigstens noch meine Beine, bevor ich mich mit Peter Schuppe & Family & Friends zum Dinner im Koitsche (dem “nördlichsten schweizer Berggasthof”) traf.
Bis ich wieder zuhause war, war mein Zimmerchen auch leicht abgekühlt, so dass auch an Schlaf zu denken war. Am Morgen dann nach dem Frühstück die ersten und letzten Kilometer des MTB-Kurses abgefahren und ein paar Kilometer die Beine ans schnelle Laufen gewöhnen. Dieses Wachküssen war nach der langen Fahrerei und Sitzerei dringend notwendig. Anschließend zum Fahrrad Fritz und noch geschwind ein paar Bike-Handschuhe gekauft (waren in der Wäsche und hatte ich vergessen einzupacken). Dort treffe ich die liebe Trailschnecke Katja und so geht es über das lange Wochenende weiter. Unzählige bekannte Gesichter und Freunde, viele tolle Gespräche und neue Bekanntschaften.
Danach eine kleine Runde Schwimmen im See und chillen im Schatten eines Baumes. Irgendwann fahre ich dann ins Städtchen und gönne mir Kaffee und Kuchen. Ein wenig die Ruhe vor dem Sturm genießen. Im Vergleich zum Vorjahr ist es beängstigend ruhig in Zittau. Abends bin ich dann mit Jan Pyott und einer ganzen Profi-Gruppe (u.a. dem später knapp geschlagenen Südafrikaner Bradley Weiss) zum Dinner im Cavallino verabredet. Es wird sehr lecker und sehr lustig! :-)
Am Renntag dann ein sehr gemütliches, spätes Frühstück. Denn der Start des Xterra Germany sollte erst um 11:40 Uhr erfolgen – zuerst die Profis und wir Agegrouper drei Minuten später. Durch die Nähe zum See und dem Event-Gelände, machte ich mich mit dem Bike und Rucksack entspannt Richtung Wechselzone auf, radelte so noch ein wenig ein, lief dann noch ein paar Meter und checkte dann meine Siebensachen ein. Ich war viel zu früh, was bei der Hitze eine ziemlich schlechte Idee war. Aber im See selbst ließ es sich dann doch noch ganz gut aushalten und irgendwann wurden wir dann auch in das Start-Areal gelassen. Vorn die Elite mit den pinken Badekappen, dahinter wir AK-Männer mit den silbernen, weitere 10 Minuten versetzt dann die Damen.
Irgendwann ertönte dann diese nette “ITU-Vorstart-Musik”, die einen wohl noch ein wenig nervöser machen soll, gefolgt von der “Herzschlag-Musik”, die einem dann den Rest gibt. Schließlcih werden die wilden Hengste losgelassen und es wird – wie zu erwarten – ein übliches Gehaue und Gesteche. Dummerweise bin ich mal wieder zu lieb und setze mich nicht entschieden genug durch…und werde prompt abgeklemmt von “meiner” Gruppe. Ich finde dann trotzdem noch ein paar Mitstreiter und wir schwimmen auch die zweite Runde gemeinsam. Einer dieser Mitschwimmer ist mein guter Sportfreund Sven Müller, der mir dann netterweise beim Öffnen des Reissverschlusses meines Swim Skin hilft – bei vollem Galopp in die T1. Dort ein Onkel Jörgi-typischer Wechsel in Zeitlupe, während Sven mir allein hier 16 Sekunden abknöpft.
Dann raus auf’s Bike, Handschuhe an und erstmal meinen Rhythmus finden. Das dauert mal wieder viel zu lang bis ich schon fast im Zittauer Gebirge angekommen bin. Endlich finde ich einen weiteren Kollegen, der so ungefähr mein Tempo geht und wir fahren ein paar Kilometer miteinander. Am steilen Anstieg zum Hochwald (dem höchsten Punkt der Strecke) lasse ich sie dann aber alle wieder ziehen. Im Grunde schon davor an der einzigen Verpflegungsstelle auf der MTB-Strecke, denn meine erste Priorität an diesem Tag ist das Finish. Es geht schließlich um mein Ticket für Maui (Xterra World Championship). Dafür muss ich an einem “normalen Tag” analog zur IRONMAN-Quali nur durchkommen. Aber ich muss eben durchkommen! Und es gibt keinen alternativen Plan B, denn die einzigen zwei verbleibenden Rennen sind am letzten August-Wochenende, an dem ich bei der IM 70.3-WM in Zell am See starte. Also kein Spielraum für Fehler. Daher gehe ich auch nicht volles Risiko wie viele andere Kollegen, die ich am Wegrand beim Schlauchwechsel stehen sehe oder beim Radschieben…
Meine 700 ml-Radflasche leert sich stetig und verdunstet so schnell auf der Haut, dass ich schon auf dem Bike permanent durstig bin. Durch eine seltsame Zeitstaffellung überholen uns plötzlich Typen mit gelben Startnummern – Starter der “Classic Distanz”, die dann auch beim Laufen etwas flotter (weil ausgeruhter) losrennen. Egal. Nach einem besseren zweiten Wechsel spüre ich die Hitze bei so einem vergleichsweise langsamen Rennen ohne viel kühlenden Fahrtwind sehr. So zockel ich halt über die unrhythmische Laufstrecke in einem Tempo, das mein Körper gerade noch so hergibt ohne die rote Linie zu überqueren (die Amis haben dafür sogar ein Verb und nennen es “redlining”). Da ich Freund Übersezig den ganzen Tag noch nicht gesehen hatte, kam es wie es kommen musste und er tauchte plötzlich vor mir am Berg auf. Also geschwind vorbei und so dachte ich mich dann doch wieder halbwegs im “Normbereich”. Ein paar mehr Verpflegungsstellen hätten es für mich an diesem Tag echt sein müssen, aber wenigstens hatte die Feuerwehr wieder ihre Dusche aufgestellt und erfrischte herrlich. Hintenraus überholte ich dann überraschenderweise doch noch eine ganze Reihe von Athleten – ich brauche halt eine Weile aber könnte dann dieses Tempo deutlich länger als die Anderen durchhalten. Anyway. Das Ziel in Sichtweite gab ich nochmal alles, sicherte mich nach hinten ab und fiel wirklich erschöpft im Ziel in den Staub. Jetzt aber schnell aus der Sonne. Wasser. Cola. Melone. Tausend Wespen liebten das angerichtete Buffet. Das einzig richtig Kalte war das Erdinger Alkoholfrei direkt aus dem Kühlwagen – also gleich ein paar davon!
Dann brauche ich geschlagene zwei Stunden, um meinen total überhitzten Körper durch mehrmaliges “Rumliegen” im See und viel Trinken wieder halbwegs unter die Lebenden zu kriegen. Leid
Tja und dann war auch wieder keine Zeit mehr zum Frischmachen, denn mehr oder weniger sofort anschließend ging es auch nahtlos in die große After Race-Party über. Schön waren die Gespräche mit Sven Müller, der wieder einen ganz famosen Tag erwischte (uns seine AK als 6. overall spielend gewann) und der Burglengenfelder Crew um Tom Kerner. Das ist eine wilde Horde super-lockerer, natürlicher Typen, die ganz erstaunliche Mengen Bier vernichten und sensationell Party machen können.
Irgendwann nach Mitternacht machte ich mich auf den Heimweg. Gerade als ich mein Radl besteige, steht der Cheforganisator und Macher dieses Events, Dr. Klaus “Benno” Schwager neben mir und meint, ich hätte aber auch ein Vertrauen. “Klar”, sage ich, “Urvertrauen!” Tatsächlich hatte mein Bike und mein Rucksack (mit allem inklusive Schlüssel) einfach so auf mich gewartet und niemand hat – selbst hier im Osten – etwas geklaut. So ist’s recht! Ach ja, das Feuerwerk über dem See wollen wir nicht vergessen. Das war auch schön. Aber am schönsten war das Beinelockern (Abtanzen) und die vielen netten Kontakte zu wunderbaren Menschen aus alles Welt, die diese Idee verbindet. Ich fühlte mich an diesem Abend tatsächlich sehr verbunden.
Zuhause eine schöne kalte Dusche und dann ab ins Bettchen. Am Morgen dann wieder ein extrem entspanntes Frühtsück, dann Sachen packen und eine schöne, lange Heimfahrt. Jetzt endlich kam auch ich in den Regen und kühleres Wetter, von dem die Anderen alle auf Facebook berichteten.
Fazit: Einmal mehr ein erstklassiges Rennen der Xterra World Tour auf die Beine gestellt vom extrem symphatischen und offenbar äußerst kompetenten Benno Schwager und seinem ganzen Team. Es ist herzergreifend, wie sehr sich alle darüber freuen, Zittau (das irgendwie schon am “Ende der Welt” liegt und sich offenbar auch so fühlt) auf die Landkarte zu bringen. Menschen aus aller Welt jedes Jahr auf’s Neue anzuziehen. Das ist schon eine gewaltige Leistung, vor der ich mich verneige. Der ganze Event ist auf gewohnt hohem Niveau abgelaufen. Einzige zwei kleine Kritikpunkte von meiner Seite: 1. Bei solchen Bedingungen unbedingt mehr Wasserstellen auf die Laufstrecke! 2. Ich habe Verständnis dafür, dass man keinen “verlieren” will und so alle mit diversen Show Acts etc. auf dem Event-Gelände hält. Mir ging’s aber im Ziel echt dreckig und ich hätte mich über die zwei Stunden mit kalter Dusche und dösend in meinem Bett gefreut. Ansonsten: Weiter so – ich komme gewiss wieder!
Race Stats:
- Wetter: 35°C und windstill, Wasser 27°
- Strecken: 1,5k Swim – 36k MTB – 9k Run
- Zeiten: 24:19 (Swim, 3.) – 1:03 (T1, 5.) – 1:52:30 (Bike, 3.) – 1:09 (T2, 2.) – 39:28 (Run, 2.) = 2:58:29 Gesamt
- Platzierung: 26. Platz overall (24. DM-Wertung), 2. M45 (und damit die Quali für Maui)
- Material: Zone3 Swim Skin & Goggles, Humanspeed Zweiteler, Grand Caynon MTB, Pearl Izumi MTB-Schuhe, Rudy Project Helm & Brille, Asics DS Racer Laufschuhe
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- Bericht auf Xterra Europe gibt’s hier!
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