Der Flügelschlag des Glücks
Lisa Jewell
Limes, 2015
978-3809026495
14,99 €
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In einem gemütlichen Cottage in England verbringen die vier Bird-Geschwister eine idyllische Kindheit voller Wärme und Harmonie. Bis zu jenem schrecklichen Osterwochenende, nach dem nichts mehr ist wie zuvor. Die Jahre vergehen, und bald schon scheint es, als wären sie nie eine Familie gewesen … Doch dann erreicht die in alle Himmelsrichtungen zerstreuten Birds eine Nachricht, die sie in das Haus zurückkehren lässt, in dem sie aufgewachsen sind. Endlich sollen sie die Wahrheit über das erfahren, was an jenem Osterfest vor vielen Jahren wirklich geschah …
Es ist keine kleine Familie, die der Leser kennenlernt. Erst einmal bin ich völlig überfordert, die Kinder auf die Reihe zu bekommen. Aber schon bald ist dies kein Problem mehr.
Die meiste Zeit begleitet der Leser Megan, die einen starken Kontrast zu vielen Geschwistern und ihrer Mutter bildet. Sie ist es, die Jahre später nachhause zurückkehrt und einen ersten Blick auf das Bird-Haus werfen kann.
Ihre Zwillingsbrüder sind eine eigene Welt, die wir zum Teil nur aus der vergangenen Perspektive kennenlernen. Colin ist der Vater der Kinder, der am Anfang nur eine Nebenrolle besteht, das er in der Familie nicht viel zu sagen hat. Erst als sich auch sein Leben ändert, bekommt der Leser mehr von ihm zu lesen. Lorelai ist definitiv eine interessante, aber auch seltsame Frau. Mit ihr muss man erst warm werden und kann vieles nicht nachvollziehen. Trotz allem ist sie Mutter mit ganzem Herzen.
Das Bird-Haus ist eine verwunschene Kulisse. Hier wuchsen viele Kinder auf, verliebten Teenager, weinten Mütter und wurden Ostereier gesucht. Da fast die gesamte Familiengeschichte im Haus spielt, hat es die Autorin mit viel Liebe zum Detail beschrieben. Es gibt Sonnentage und Regentage und das Haus hat alles erlebt.
Allen voran ist es eine großartige Familiengeschichte, die der Leser hier geboten bekommt. Es gibt Höhen und Tiefen, Geburten, Todesfälle, Heiraten und Trennungen. Alle in der Familie sind recht verkorkst. Warum und wie verrate ich lieber nicht, denn dass kann ich auch fast alles gar nicht aufschrieben. Zu lustig sind manche Dinge und zu ernst andere.
Der Leser verfolgt die Lebenswege aller Kinder, den der Mutter und von ihren Freunden. Es hört sich anstrengend an, ist aber von der Autorin gut gelöst worden. Wir lesen Emails von Lorelai, begleiten Meg, wie sie das Haus wieder sieht und in Rückblenden erleben wir die Zwillinge und andere Menschen.
Manchmal dachte ich, dass es jetzt genug sei. Es musste nicht noch ein Schicksalsschlag her oder noch ein glücklicher Moment. Aber im Nachhinein ist das Buch gut so, wie es ist. Es ist ein Schmöker an Ideen und Vielfalt, die ich selten so gelesen habe.
Manche Dinge sind harter Tobak und man wünscht es niemandem. Gleichzeitig schafft es die Autorin, Sonnenstrahlen wie pures Glück erscheinen zu lassen und dann denke ich: Warum denken wir nicht alle einmal am Tag so? Und warum werden Menschen verurteilt, DIE so denken?
Zu mäkeln gibt es nur etwas am Titel, denn der will mir so gar nicht zum ich selbst passen. Der englische Originaltitel “The House we grew up in” beschreibt die Verbindung zum Haus einfach besser. Daraus entwickelt sich für mich die gesamte Geschichte. Schade, dass sie dieser Titel anscheint schlecht verkauft hätte.
Das Ende hat mir nicht gefallen, zu sehr ging es um eine Entschuldigung, die es so nicht gibt. Es war zu sehr Pauschalisiert. Schade, denn das kostet dem Buch einen Bücherpunkt. Es gibt vier Bücherpunkte von mir und kann das Buch trotzdem guten Gewissens empfehlen. Als Sommerschmöker oder Winterlektüre ist es eine Art Seelenstreichler.