Ihr Lieben,
ich möchte Euch heute eine christliche Geschichte erzählen, die wir aber sehr wohl auch auf die allgemeine Welt übertragen können und die uns viel zu sagen hat. Die Geschichte stammt von Wilhelm Ruhe:
„Nun reicht’s mir. Ich habe die Nase endgültig voll!“
Der ganze Himmel hielt den Atem an.
Kein Geringerer als Jesus selbst hatte diesen Satz im heiligen Zorn ausgerufen. Und Jesus fügte hinzu:
„Da hab ich 33 Jahre lang unter den Menschen gelebt, habe ihnen x-mal gesagt, dass
Handeln wichtiger ist als Reden, habe mich ans Kreuz schlagen lassen, ohne viele Worte zumachen. Aber viele Christen haben es nicht begriffen!
Große Predigten werden gehalten, festliche Lieder gesungen, schöne Gottesdienste werden gefeiert. Aber das Handeln der Christen ist oft kläglich.“
Und so beschloss Jesus, allen Christen die Sprache zu nehmen. Mit einem Schlag wurde es still bei den Christen. Niemand konnte mehr auch nur ein einziges Wort sprechen.
Der Papst wollte gerade auf dem Petersplatz vor mehreren tausend Menschen eine Predigt halten, aber er brachte kein ‚Wort heraus. Im überfüllten Kölner Dom stimmte gerade die Orgel an: “Großer Gott, wir loben dich… “, doch keiner sang mit.
Ein Vorbeter wollte eine fromme Meditation vortragen (Pause). Doch er bekam einen
gewaltigen Schock, als erspürte, dass er nicht mehr sprechen konnte.
Ein großes Erschrecken brach über die Christen herein. Nach und nach begriffen es einige:
Wenn es nicht mit Worten geht, dann müssen wir es eben mit Taten versuchen.
Am leichtesten taten sich die, die es auch vorher nicht gewohnt waren, große Worte zu machen, sondern einfach zugepackt haben.
Da fingen einige an, sich über sich selbst zu schämen – und sich zu ändern. Die großen Meister des Wortes, ganz egal ob auf den Kanzeln oder an den Stammtischen oder beim Kaffeekränzchen – sie alle wurden ganz leise und gingen in die Schule der einfachen Leute.
Sie lernten dort, wie man den Glauben in die Tat umsetzt, statt große Worte zu machen und große Sprüche zu kloppen.
Einige waren ständig am Meckern gewesen über die Gestaltung der Gottesdienste am
Sonntag.
Sie fingen nun an, sich selbst Gedanken zu machen und die Gottesdienste mitzugestalten.
Einer sah, wie Mobbing betrieben wurde und ein Schwächerer ständig attackiert und
schikaniert wurde.
Er ging mutig dazwischen und beendete die Schikanen.
Einer sah, wie eine türkische Frau belästigt wurde und Ausländerhass triumphierte. Alles schrie: „Ausländer raus!“
Er schlug sich auf die Seite der Frau und verteidigte sie.
Einer sah, wie jemand unter Depressionen litt und daran zugrunde zu gehen drohte
Er nahm sich Zeit für ihn und versuchte, ihn aufzumuntern.
Einer hörte davon, dass jemand im Krankenhaus lag und kaum Besuch bekam.
Er kaufte sich ein kleines Geschenk und machte sich auf den Weg zum Krankenhaus, um denKranken aus der Einsamkeit herauszuholen und ein wenig zu erfreuen.
Einer sah, wie Leute endlose Debatten darüber führten, wie man den Hunger in der Dritten Welt abschaffen könne.
Und er beschloss, zu handeln statt rumzulabern. Er besorgte sich Teilnehmerzettel für einen Hungermarsch, um am nächsten Hungermarsch teilzunehmen und auch viele andere dafür zu begeistern.
So wurde die christliche Religion immer mehr von einer Religion der großen Worte zu
einer Religion der großen Taten. Und viele Menschen fanden diesen christlichen Glauben wieder interessant und glaubwürdig, und sie schlossen sich ihm an."
Ihr Lieben,
manchmal wünschte ich mir, dieser Traum des Wilhelm Ruhe würde Wirklichkeit.
Dann wären die Menschen mehr gezwungen zu handeln.
Gerade heute morgen war ich in Bremens Innenstadt unterwegs und ich traf wieder einen Obdachlosen, den ich schon länger kenne. Er ist ein ganz friedlicher Mensch, er belästigt niemanden, sondern liest still seine Bücher.
Wenn ich ihn treffe, reden wir nicht viel, meist setze ich mich still neben ihn und höre dem zu, was er mir zu erzählen hat. Das tut ihm sehr gut. Oft, wie heute morgen, gehen wir dann frühstücken in ein nahegelegenes Hotel, in dem ein reichhaltiges und gesundes Frühstücksbüfett angeboten wird. Bei unseren Treffen rede ich kaum 10 Worte, sondern ich höre seinen Lebenberichten zu oder einigen Zeilen, die er mir vorliest aus den Büchern, die er bei sich trägt wie einen kostbaren Schatz.
Ich wünsche Euch einen fröhlichen Nachmittag und dass Ihr Zeit findet für Eure Lieben, Eure Kinder, Eure Enkelkinder und Euren kranken Nachbarn auch.
Ganz liebe herzliche Grüße
Euer zuversichtlicher Werner