Nun auch Kirchenlehrerin: Hildegard von Bingen

Von Nicsbloghaus @_nbh

Hildegard von Bingen
Miniatur aus dem
Rupertsberger Codex des Liber Scivias

Nicht nur Eso-Fans und die Vertreiber von aller­lei “Wundermitteln” und Büchern “über das geheime Wissen” der Hildegard von Bingen wird es ver­wun­dern: aber die mit­tel­al­ter­li­che Hildegard von Bingen ist vom Papst zur Kirchenlehrerin her­auf­ge­stuft wor­den.

Nachdem Hilde bereits im Mai des Jahres hei­lig gespro­chen wurde, wurde ihr nun post­hum die höchste von der katho­li­schen Kirche zu ver­ge­bene Ehre zuteil: sie ist “Kirchenlehrerin”. In einer Reihe mit “den vier ‘Kirchenvätern’ Ambrosius, Augustinus, Hieronymus und Papst Gregor I. zäh­len zu den bekann­te­ren Kirchenlehrern Thomas von Aquin, Petrus Canisius oder Albertus Magnus” darf sie nun erwähnt wer­den. Nein, muss sie.

Die Welt1 lis­tet auf, wer sich alles über diese Beförderung freuen wird:

  • Die Emanzen
  • Die Machos
  • Die Lateinversager
  • Die Esoteriker
  • Die Sinnsucher
  • Die Kirchenkritiker

Die Süddeutsche2 hin­ge­gen klatscht kri­tisch Beifall:

Hildegard von Bingen, Nonne, Naturkundlerin, Heilige wirkt auch 833 Jahre nach ihrem Tod noch als Wohltäterin und beschert vie­len Menschen Reichtum. Mit kei­nem ande­ren Namen des deut­schen Mittelalters dürf­ten ver­gleich­bare Umsätze erzielt wer­den. [...] In ihrem Namen wer­den Edelkastanienmehl ver­kauft, Ausbildungen zum “Ayurverda Wohlfühpraktiker” und Gürtel aus Dachsfell.

Es scheint, als wolle die kath. Kirche davon pro­fi­tie­ren – im wahrs­ten Wortsinne. Und macht so eine von der Eso-Szene umju­belte und pro­fi­ta­ble Idee zu der ihren.

Noch ein­mal Die Welt3 unter der Über­schrift “Die frag­wür­di­gen Tipps der hei­li­gen Hildegard”:

Bei Hildegard-Produkten ist aber nicht nur die Frage zu klä­ren, wel­che Rezepturen tat­säch­lich auf die Namensgeberin zurück­ge­hen, son­dern auch, wel­che Empfehlungen nach heu­ti­gem Wissensstand tat­säch­lich sinn­voll sind: Neben ihren visio­nä­ren theo­lo­gi­schen Schriften hatte die Heilige auch gera­dezu enzy­klo­pä­di­sche Werke zur mensch­li­chen Gesundheit und zur Behandlung von Krankheiten hin­ter­las­sen.

Meine Idee, dass die Kirche hier nur auf einen bereits seit Jahren fah­ren­den Zug auf­sprin­gen will, bestä­tigt auch Colin Goldner in sei­nem hpd-Artikel4 von Freitag:

Welchen Beitrag genau Hildegard von Bingen zur Glaubenslehre der Christenheit geleis­tet haben soll, ist nicht erkenn­bar. Da sie sich aber aus­ge­zeich­net ver­mark­ten lässt, wie sich anläss­lich des Rummels um ihren 800sten Todestag (1979) und mehr noch um ihren 900sten Geburtstag (1998) zeigte, wor­auf­hin sogar ein Spielfilm über sie in die Kinos kam (2009), wurde sie 2010 von Papst Benedikt mit einer eige­nen Katechese gewür­digt…

Na dann, Benedikt, lass die Kassen klin­geln…

Nic

PS: Hinweisen möchte ich noch auf den etwas älte­ren GWUP-Artikel “Hildegard-Medizin: Da erschau­dert der Teufel

  1. http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article109673986/Hildegard-von-Bingen-und-der-maennliche-Samen.html 
  2. http://www.sueddeutsche.de/panorama/hildegard-von-bingen-volksheilige-marke-kirchenlehrerin-1.1487761 
  3. http://www.welt.de/gesundheit/article109621501/Die-fragwuerdigen-Tipps-der-heiligen-Hildegard.html 
  4. http://hpd.de/node/14090