NSU: Eine Muh, eine, eine Zschäperättätä

NSU: Eine Muh, eine, eine ZschäperättätäSchneller ist eine vergleichbare Terrorserie nach ihrem Bekanntwerden noch nie aufgeklärt worden. Zehn Wochen nach dem Banküberfall von Eisenach, in dessen Folge zwei der zwei tödlichen Drei von der Nazibande NSU sich in ihrem Wohnmobil selbst richteten, glänzt die 500-köpfige Ermittlungseinheit des Bundeskriminalamtes mit jeder Menge gesammelter Informationen: Acht Beschuldigte gibt es inzwischen, wobei nicht ganz klar ist, was ihnen vorgeworfen wird, fünf davon sitzen in U-Haft, teilweise wegen Verstößen gegen das Waffengesetz, die vor Äonen verjährt sein müssten.
Aber noch darf niemand gehen, noch werten Spezialisten 5 000 Beweisstücke aus und sie durchsuchen sagenhafte 23 beschlagnahmte Computer mit einer Datenmenge von mehr als neun Terabyte, die wie ein warnender Fingerzeig darauf wirken, dass auch Terrorismus mit Bürokratismus zu kämpfen hat. Auperdem sind 800 Hinweise aus der Bevölkerung zu prüfen, von denen offensichtlich derzeit keiner zu sagen weiß, wie sie zur Klärung der rätselhaften Vorgänge um die selbsternannte NSU beitragen können.
Denn so nachdrücklich die Ermittler auch behaupten, sie gingen von diesem aus und hielten jenes für erwiesen – bewiesen und belegt ist beinahe genau so wenig wie in der ersten Woche nach dem Dahinscheiden von Mundlos und Böhnhardt.
Damals war unklar, warum die beiden skrupellosen Verbrecher, die in den vergangenen Jahren zehn Menschen ermordet hatten, sich umbrachten, weil sich ihrem Wohnmobil in Kürze eine Polizeistreife hätte nähern können. Stand heute: Mundlos starb durch einen Kopfschuss, den er sich selbst beigebracht hat, Böhnhardt ist von einer zweiten Person durch einen Nahschuss in den Kopf getötet worden. Doch ein Selbstmord lässt sich nicht eindeutig nachweisen, schreibt die FR.
Ähnlich vertrackt ist die Antwort auf die Frage, warum die beiden Gangster eigentlich in Eisenach waren. Um eine Sparkasse auszurauben, natürlich. Seltsamerweise hatten sie, die bis dahin in 13 Jahren gerademal ein Dutzend Banken überfallen hatten, eben erst acht Wochen zuvor ein Geldinstitut in Arnstadt ausgeraubt.
Warum so schnell wieder? Geldsorgen hatte die NSU keineswegs, wie die im ausgebrannten Wohnmobil gefundenen 110 000 Euro Bargeld belegen. Etwa 40.000 Euro stammten aus Banküberfällen aus dem Jahr 2008, kaum denkbar ist bei einer Gesamtbeute von nur knapp 500.000 Euro in 13 Jahren, dass das in Arnstadt geraubte Geld schon ausgegeben war. Warum also schon wiedereinen Überfall wagen, wo doch die übliche Frequenz bei anderthalb im Jahr lag?
Es gibt keine Antwort. Und es gibt auch keine dazu, warum Böhnhardt und Mundlos die Dienstpistolen der 2007 ermordeten Heilbronner Polizistin und ihres Kollegen mit an einen Tatort schleppten, nur um sie dann doch nicht zu benutzen, sondern sich umzubringen. Wunderlich auch das Vorgehen ihrer Hausmutti Zschäpe: Einerseits zündet sie die gemeinsame Wohnung an, um „Spuren zu verwischen“ (dpa). Andererseits nimmt sie nicht einmal die dort gelagerten Waffen mit, um sie in irgendeinen Fluß zu werfe. Dabei hat das von ihr entzündete Feuer nicht nur "Geldbanderolen von Banküberfällen in Sachsen" und "Stadtplanausrisse mit Notizen", sondern sogar "Kontoauszüge und Quittungen" (dpa) verschont, die nach Ansicht der Fahnder belegen, "dass Beate Zschäpe die Finanzverwalterin der NSU war".
Vermutlich hat sie von Böhnhard und Mundlos eingereichte Abrechnungsbelege über Mordspesen mit "genehmigt Zsch." abgezeichnet.
Dennoch wäre die "Terrorbraut" ihren Häschern beinahe entkommen, weil die sich eigentlich überhaupt nicht für sie interessierten. Der "Focus" berichtet Erstaunliches von der eiskalten Rechtsterroristin: Nachdem Zschäpe sich auf der Flucht aus Zwickau bis nach Halle durchgeschlagen hatte, wurde sie in der Saalestadt am 7. November "fast von einer Straßenbahn überfahren". Eine Passantin habe die NSU-Finanzministerin zurückgerissen, Zschäpe habe einen "sehr verwirrten Eindruck" gemacht.
Als sich Zschäpe am Tag danach bei der Jenaer Polizei stellen wollte, zeigte der diensthabende Beamte ihr die kalte Schulter. Er kenne keine Beate Zschäpe und wisse nichts von einer Fahndung oder Absperrungen vor dem Haus ihrer Mutter. Zschäpe musste sich so persönlich zum Revier begeben, um den Ermittlern einen Erfolg zu bescheren.
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