NSU, Aktenvernichtung und Verrat: Wer schützt die Verfassung vor dem Verfassungsschutz?

Der Verfassungsschutz ist entgültig zum Gegner unserer Verfassung mutiert. Die Vernichtung der Untersuchungsakten zum Fall NSU durch einen sehr eifrigen Beamten, der angeblich im Sinne des Geheimnisschutzes handelte, kann kein Zufall oder bedauerlicher Fehler gewesen sein. Längst sind die Verflechtungen zwischen dem rechtsradikalen Umfeld und dem Kern der Verfassungsschutzbehörde offensichtlich geworden. Es ist keine Übertreibung festzustellen, dass der BfV stark von rechtsradikalen Kräften durchdrungen ist, was letztendlich dazu führt, dass unsere Verfassung durch diese Behörde selbst in Gefahr gebracht wird.

Es reicht nicht aus einzelne Köpfe rollen zu lassen; das wird das grundlegende Problem einer Unterwanderung des BfV nicht lösen. Fromm, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz mag nun als politisch Verantwortlicher von seinem Amt vorzeitig zurückgetreten sein, aber mit diesem Bauernopfer ist nichts erreicht, außer vielleicht eine kurzzeitige Entspannung für die Koalition, die sich nun neben ESM und Fiskalpakt auch intensiv mit dem Thema BfV Reform befassen muss. Der Staat gerät in den Verdacht auf dem rechten Auge blind zu sein und selbst indirekt die verfassungsfeindlichen Ziele der Rechten zu beführworten, wenn er nicht umgehend reagiert und eine generelle Durchleuchtung und Neustrukturierung der Behörde vornimmt. Das hat auch keine Zeit bis nach der Sommerpause. Eine Verschleppung würde ein verherrendes Signal setzen, nämlich dies, dass die Koalition kein Interesse an Aufklärung hat und damit womöglich zeigt, dass viele rechte Geister in ihren Reihen wandeln. Ein unsäglicher Zustand unserer Demokratie.

Wie sehr der Fall von der CDU auf die leichte Schulter genommen und verharmlost wird, zeigt die Reaktion des Chefs des Innenausschusses Bosbach. Der sprach von einem “bitterem, aber unausweichlichen Schritt.” Persönlich habe sich Fromm nichts zu schulden kommen lassen, aber er trage die gesamte Verantwortung. Hier wird also tatsächlich Bedauern über den Rücktritt zum Ausdruck gebracht und behauptet, dass der Geheimdienstchef von nichts wusste, was in seiner Behörde ablief. Alles nur bedauerliche Einzelverfehlungen weniger Beamter, von denen die Führung keine Ahnung hatte.

SPD Fraktionschef Steinmeier sieht den Rücktritt als “politisch anständig” und sagte sonst nichts zur Affaire. Für ihn scheint der Fall damit – bisher zumindest – abgeschlossen zu sein, weitere Konsequenzen sind wohl unnötig. Einzig Grünen Politiker Beck sieht in Fromm ein Bauernopfer. Durch die Ermittlungspannen stehe die Geheimdienststruktur grundsätzlich zur Debatte. Mit dieser Aussage keimt nun Hoffnung auf, dass zumindest ein Teil der Opposition – die SPD ist diesbezüglich ein Komplettausfall – die Sache nicht auf sich beruhen lässt. Es könnte sogar ein Gang vor das Bundesverfassungsgericht nötig werden, wenn die politisch Verantwortlichen die Aushölung und Missachtung unserer Verfassung weiter zulassen. Vielleicht müssten wir als Bürger mit Klagen dagegen vorgehen.

Es grüsst euch René Brandstädter – humanicum


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