Am besten mal gleich mit der Tür in’s Haus: Nicht wenige werden sich an die schottische Eintagsfliege Stiltskin und ihren Song „Inside“ erinnern, an das voyeuristische Badehosenfilmchen, die krachenden Gitarren zu albernem Teenagergekicher, die – wenn auch wieder nur bei den Smashing Pumpkins geklaut – doch perfekt da hineinpassten und das Stück in der Erinnerung zu halten vermochten. 1994 war das, Cobain hatte sich gerade selbst aus dem Rennen genommen und Grunge sagte zum Abschied etwas lauter „Servus!“. Ein Jahr später dann das Debüt von Garbage, eingepackt in pinken Flokati, eigentlich zu spät und dennoch erstaunlich gelungen – zu dieser Zeit. Zwei Redewendungen deshalb zu dieser Band: Die salomonisch biblische – „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde“, und die urbritische – „One should leave off with an appetite“ – zu Deutsch: Geh, wenn es am schönsten ist.
Man hört sich dieses neue, fünfte Album von Garbage, der Band von Produzent und Schlagzeuger Butch Vig und Vorzeigevamp Shirley Manson an und denkt, ein wenig mitleidig vielleicht, sie hätten nach ihrem Debüt wohl besser aufhören sollen. Den Jeans-Spot kann heute keiner mehr sehen, ohne dass er sich peinlich berührt fühlt, Garbage mag man heute, gerade weil sie so stoisch an den alten Blaupausen festhalten und genauso klingen wollen wie Mitte der Neunziger, nicht wirklich gern beim Musizieren zuhören. Was damals vielleicht noch rotzig klang, wirkt heute eher ranzig – überproduzierter Rockbrei mit wenigen Einfällen, Bubblegum at it’s best und schon gleich gar nichts zum Fürchten dabei.
Kaum eines der elf Stücke, das nicht zugekleistert wurde mit allerlei Brimborium aus spotzender Synthetik und breitbeinigen Haudraufriffs. Wenn Mansons Stimme zu Beginn verschwörerisch raunt „I wanna be you dirty little secret” (Automatic Systematic Habit), dann muß einem das für den Rest des Albums wie ein schlechter Witz vorkommen, denn “little” oder geheimnisvoll ist hier so überhaupt nichts, im Stile eines Dampfhammers wird einem jeder Song gnadenlos um die Ohren gehauen. „Big Bright World“, „Control“, „I Hate Love“, „Battle In Me“, allesamt vorhersehbares Mittelmaß, dröhnend, lärmend, von Inspiration kaum eine Spur. Das Shoegazing von „Felt“ haben die Raveonettes besser im Repertoire und selbst das vermeintlich laszive „Sugar“ wirkt bei mehrmaligem Hören nur noch platt und klebrig.
Überzeugen kann allein die Single „Blood For Poppies“, hier mal ein federnder Beat, ein wenig Abwechslung vom sturen „Gib ihm!“, allein – es bleibt die Ausnahme. Man weiß nicht so recht, ob man die Botschaft im Titelsong nicht einfach nur mißverstanden hat, ob einem die Ironie von „We are extraordinary people“ entgangen ist – von Besonderheit ist bei dieser Platte jedenfalls rein gar nichts zu spüren. Bleibt nur die wiederum salomonische Klammer als bedauerndes Fazit: „Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon.“ http://garbage.com/