Norditalien: Ein Tag am Gardasee

Erstellt am 29. September 2013 von Schnickschnack

Über das Restbiotop des Lago di Loppio erreichen wir das vom Gebirgsmassiv Rocchetta und dem kleineren Monte Brione geschützte Riva del Garda. Frühe römische Herrschaft, Goten, Langobarden, Franken, Scaliger, Visconti und Venezianer regierten hier im nördlichen Teil des Gardasees. Sie hinterließen ihre Einflüsse in verschieden förmigen Baustilen, Villen und Türmen. Später erlangte der Ort die Aufmerksamkeit des gehobenen Bürgertums durch sein Sanatorium der Dichter und Denker.

Hier widmete sich der Wegbereiter der Homöopathie Christoph Hartung deren diffusen Leidenserfahrungen unter dem Begriff „Neurasthenie“. Als Symptome dieser ersten Zivilisationskrankheit wurden „‘reizbare Schwäche‘, halb hypochondrisches, halb somatisches Wollen-und-nicht-Können“ zwischen „befriedigungsloser Hyperaktivität und ruhelosem Phlegma“ diagnostiziert. „Er wird Sie auf Wienerische Art mit betäubender Liebenswürdigkeit geistig vergewaltigen, dass Ihnen kein Besinnen auf Ihre Krankheit mehr freisteht.“, heißt es in Heinrich Manns Romantriologie „Die Göttinen“. An Hartungens strikt verordnetes Lese- und Schreibverbot hielten sich aber wohl weder Heinrich noch Thomas.

Als Anti-Anarchist wandte sich Christoph (IV) Hartung von Hartungen außerdem gegen eine Massenbewegung der Arbeiterschaft und insbesondern gegen die modernen Wirtschaftstheorien von Saint Simon, Ch. Fourier, L. Blanc, F. Lassalle, K. Marx, weil diese auf einem „dunklen, instinctiven Gefühl der Massen“ beruhten, der „modernen Gesetzgebung“ jedoch keinen „Uebergang“ böten. Gegen moralischen Stumpfsinn und Bildungsanomalie forderte er im Zeitgeist der Entartung Staatsgefängnisse für „unheilbar defekte Menschen“.

Gegenüber der Altstadt von Riva steht das historische Wasserkraftwerk del Ponale als harmonisch integrierter Industriebau direkt am Ufer des alten Handelshafens. Dessen Fassade schmückt heroisches Dekor.


Olivenhaine, Zypressen und Zitronengärten säumen die 154,16 km lange, schmale Uferstraße Gardesana Occidentale mit ihren 70 Tunneln entlang der westlichen Seite des Gardasees. Nach unserer Überfahrt vom Trentino in die Lombardei halten wir mittags in Gargnano. Wir schlendern durch die Gassen und durchqueren den Markt am Hafen zum Mittagessen direkt am Ufer.




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