Noomi Rapace in “Prometheus” – Archäologen im Film

Erstellt am 27. Mai 2012 von Denis Sasse @filmtogo

© 20th Century Fox / Noomi Rapace als Sci-Fi-Archäologin Elizabeth Shaw in Ridley Scotts "Prometheus"

Abenteurer gibt es in Filme zu Genüge, aber nur wenige füllen ihr Dasein als wirklichen Beruf aus. Was sind eigentlich diese Abenteurer im normalen Leben? Oftmals bleibt das ein Mysterium des Drehbuchs. Lange vor dem Debakel „Battleship“ hat Regisseur Peter Berg den Schauspieler Seann William Scott in den Amazonas geschickt um dort nach einem geheimnisvollen Schatz zu suchen. Aber von einem Auftragsgeber fehlt in dem 2003er Action/Abenteuer „Welcome to the Jungle“ jede Spur. Immerhin ist das Britische Museum teilweise dafür verantwortlich, dass in „Die Maske des Fu-Manchu“ (1932) Sheila Barton (Karen Morley) und Nayland Smith (Lewis Stone) auf die Suche nach dem Grab von Dschingis Khan gehen können, damit die Grabbeilagen nicht in die Hände des sinistren Bösewichts fallen, der hier von Boris Karloff dargestellt wird. Rein familiäre Gründe treiben derweil Benjamin Gates (Nicolas Cage) an, der in „Das Vermächtnis der Tempelritter“ (2004) und „Das Vermächtnis des geheimen Buches“(2007) auf der Jagd nach dem Schatz der Tempelritter und dem Tagebuch der US-Präsidenten ist. Ob sich Regisseur Jon Turteltaub auch einen Gedanken darüber gemacht hat, wie Ben Gates seinen Lebensunterhalt finanziert hätte, wäre er nicht so erfolgreich auf Schatzjagd gegangen?

Zugegeben, in der Zukunft muss man sich über solche Dinge laut „Star Trek“ keine Gedanken mehr machen, immerhin sind wir Menschen dort so weit entwickelt, dass uns weltliche Belange wie Geld nicht mehr beschäftigen müssen. Warum der „Blade Runner“ allerdings dennoch seinen Job verrichtet, damit wird selbst Captain Picard überfragt sein. Ridley Scott schickt derweil wieder eine richtige Schatzsucherin ins All – eine weitere Archäologin für das filmische Universum, welches vor allem durch Harrison Ford als Indiana Jones geprägt sein dürfte. Aber bedenkt man den Einfluss, den der Regisseur allein durch Filme wie „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ und „Der Blade Runner“ für sich beansprucht hat, wird vielleicht auch Elizabeth Shaw – gespielt von einer derzeit äußerst populären Noomi Rapace (Lisbeth Salander aus Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie) – in die archäologischen Geschichtsbücher eingehen.


Viral Video “QuietEye” über die Figur Elizabeth Shaw

Shaw wird als gottesgläubiger Mensch beschrieben, die aber durch gewisse Umstände zu einer Kriegerin heranwachsen muss. Schauspielerin Noomi Rapace gab an, dass sie sich in ihrem Kopf eine komplette Hintergrundgeschichte zu ihrer Archäologin ausgedacht habe, damit sie sich besser in die Figur einfühlen könne. Außerdem arbeitete sie mit einem Sprachcoach, um einen angemessenen, britischen Akzent zu erlangen. Die weiblichen Archäologinnen scheinen die britische Insel zu bevorzugen, auch Lara Croft, bereits zweimal von Angelina Jolie dargestellt, wurde in England geboren. Beachtlich dass Ridley Scott trotz nicht britischer Abstammung mit Rapace zusammen arbeiten wollte, hatte er doch auch hochkarätige Anfragen von Bond-Girl Gemma Arterton und Carey Mulligan („An Education“, „Drive“, „Shame“) – beides gebürtige Britinnen. Nebenbei wurden auch die Amerikanerin Anne Hathaway, die in Israel geborene Natalie Portman und die Australierin Abbie Cornish für die Rolle in Betracht gezogen.

Während Elizabeth Shaw in unserer Zukunft agiert, sind andere Vertreter ihrer Zunft in der Vergangenheit, Gegenwart und als Zeit- oder Weltenreisende unterwegs. Der bereits genannte Indiana Jones durfte schon viermal die Kinoleinwände erforschen, weitere Abenteuer in Form von Videospielen, Büchern, Comics und einer Fernsehserie über seine Jugend („Die Abenteuer des jungen Indiana Jones“ lief in den 90er Jahren in 3. Staffeln mit insgesamt 40 Episoden), lassen seine Welt aber noch weitaus größer erscheinen. Auf der einen Seite lehrt er Archäologie an einem College, gekleidet im wohl manierlichen Anzug, mit Brille auf der Nase und gekämmten Haaren. Auf der anderen Seite stürzt er sich mit Fedora, Lederjacke und Peitsche in weltumfassende Abenteuer und sucht nach Schätzen wie der Bundeslade („Jäger des verlorenen Schatzes“, 1981), dem Shankara-Stein („Indiana Jones und der Tempel des Todes“, 1984), dem heiligen Gral („Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“, 1989) und dem Geheimnis des Kristallschädels („Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“, 2008). Dabei schlägt sich der Archäologe in den späten 30er Jahren mit Nazis herum, bekommt es zuvor mit wilden Urwaldbewohnern zu tun und legt sich 1957 auch mit den Sowjets an. Aber er ist nicht nur unter Nazis, Sowjets und Wilden zum bekannten Gesicht geworden, allgemein gilt er in der Filmwelt als der wohl markanteste Archäologe von allen – zumindest in der männlichen Hemisphäre. Bei den Frauen ist diese Ehre Lara Croft im Videospielbereich zu Teil geworden. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis auch sie auf die Leinwand geholt wurde. So entstanden unter der Regie von Simon West und Jan de Bont die Filme „Lara Croft: Tomb Raider“ (2001) und „Lara Croft: Tomb Raider – Die Wiege des Lebens“ (2003). Auch ihr Leben als Archäologin – im Film ist sie eigentlich Fotojournalistin und wird als Hobby-Grabjägerin gehandelt – gestaltet sich abenteuerlicher, als es der normale Archäologe wahrscheinlich über sein Leben sagen könnte. Mit dem Dreieck des Lichts, welches den Illuminaten zugeschrieben wird, bekommt Lara Croft ein filmeigenes Artefakt zugespielt, das in der realen Mythologie in dieser Form nicht zu finden ist. In ihrem zweiten Abenteuer wiederum begibt sie sich auf die Suche nach der Büchse der Pandora, die aus der griechischen Mythologie stammt: Öffnet man die Büchse, so soll alles Böse über die Welt hereinbrechen. Ob damit die Filme selbst gemeint sind, die unter „Tomb Raider“-Fans mit nur wenig Begeisterung aufgenommen wurden und lange nicht an den Charme von Indiana Jones heranreichten?

Brendan Fraser als Rick O'Connell und Rachel Weisz als Evelyn Carnahan in "Die Mumie" von 1999

Wenn es auf unserer Erde wiederum mal wieder an Schätzen fehlt – oder wenn die Büchse der Pandora unsere Erde in die Nähe einer Apokalypse treibt – dann schreitet man einfach durch ein Sternentor, wie es Dr. Daniel Jackson, gespielt von James Spader, in Roland Emmerichs „Stargate“ von 1994 tat. Drei Jahre später folgte die erste von vielen Fernsehserien, wo der – eigentliche – Ägyptologe dann von Michael Shanks dargestellt wurde. Sowohl im Film als auch in der Serie wird aber nicht etwa nach besonderen Artefakten gesucht, sondern das Sternentor selbst ist die archäologische Entdeckung. Einen Ägyptologen hätten wohl auch die O’Connells gut gebrauchen können, als sie in dem 1999er Remake zu „Die Mumie“ – das Original stammt aus dem Jahre 1932, entstand unter der Regie von Karl Freund und zeigt „Dr. Fu-Manchu“-Boris Karloff als Mumienpriester Imhotep – auf einen unfreundlichen Gesellen stoßen, der sich männermordend aus seinem verwesten Körper wieder ein ansehnliches Abbild des Schauspielers Arnold Vosloo machen möchte. Im ersten Teil scheinen weder O’Connell, noch seine baldige Ehefrau Evelyn viel mit der Archäologie zu tun zu haben: Er ist ein schlichter Grabräuber, sie eine Bibliothekarin. Aber schon zwei Jahre später sieht man das nun liierte Ehepaar in „Die Mumie kehrt zurück“ bei Ausgrabungen in der Gegend von Theben. Offenbar haben sie sich der Archäologie verschrieben, so dass sie in „Das Grabmal des Drachenkaisers“ auch noch auf die Suche nach dem sagenumwobenen Ort Shangri-La gehen dürfen, einem Paradies in dem Übermenschen leben, die uralt werden können. Nach ihren Expeditionen in die Totenstadt Hamunaptra und die Oase von Ahm Shere, sicherlich der bisher angenehmste Ort, auch wenn sie es auf dem Weg dorthin nicht mehr nur mit einer Mumie, sondern auch mit Yetis und einem Drachen zu tun bekommen. Vielleicht hätten die O’Connells einfach Lara Croft nach einem einfacheren Weg fragen sollen, in Shangri-La war die „Tomb Raider“-Heldin schon lange Zeit zuvor.

Man mag Lara Croft in diesem Fall als archäologische Ikone der Videospiele-Welt sehen, aber nur, weil nicht jeder Gamer oder Filmegucker mit den rätselhaften Verwicklungen von Professor Hershel Layton vertraut ist, der seine Sherlock Holmes-artige Schatzjagd auf dem Nintendo DS führt, mit dem Animationsfilm „Professor Layton und die ewige Diva“ aber immerhin ein direkt auf DVD erschienenes Abenteuer vorzuweisen hat. Professor Layton unterrichtet Archäologie an der Gessenheller Universität in London, lässt sich aber ebenfalls gerne durch diverse merkwürdige Abenteuer von seinem eigentlichen Beruf ablenken. In Japan kennen die Menschen ihn seit 2007, in Deutschland erschien „Professor Layton und das geheimnisvolle Dorf“ ein Jahr später. Auf dem Handheld hat es Layton in seinem Ursprungsland Japan auf bisher fünf Abenteuer gebracht, bei denen er auf der Suche nach einem goldenen Apfel und der Schatulle – nicht Büchse – der Pandora ist, durch die Zeit reist oder das Geheimnis eines umherstreifenden Phantoms lösen muss. In dem Film von Masakazu Hashimoto gehen Layton und sein treuer Gehilfe Luke Triton ebenfalls auf die Suche nach dem Geheimnis von ewiger Jugend und Unsterblichkeit, werden aber nicht wie die O’Connells oder Lara Croft nach Shangri-La geführt. Die Handlung des Animationsfilmes, der im Oktober 2010 auf DVD erschien und einen Monat später seine Free-TV Premiere feierte, liegt zwischen dem vierten und bisher in Deutschland unveröffentlichten fünften Teil der Videospielserie.

Richard Chamberlain als Allan Quartermain und Sharon Stone als Archäologin Jessie Huston