Nokia E7: Besser als man denkt

Der nette junge Mann, der auf dem Foto Nokias neuen „Communicator“ hochhält, heißt Ilari Nurmi. Ilari Nurmi ist der Vice President von „Nokia Eseries“ in dieser Position seit dem 1. Januar 2008.

Ilari Nurmi zeigt das Nokia E7 (Foto Nokia)

Ilari Nurmi zeigt das Nokia E7 (Foto Nokia)

Der Name „Nurmi“ dürfte älteren Lesern noch als „fliegender Finne“ bekannt sein, Paavo Nurmi brach 1920 den olympischen Leichtathlektik-Rekord über 10.000 Meter. Sein Namensvetter Ilari Nurmi ist bei Nokia dafür zuständig, daß Pläne und Ideen der E-Serie in echte Geräte umgesetzt werden. Bei Nokia arbeitet er seit 1998 und war vorher für die S60 Plattform zuständig. Er hat einen Abschluß als Wirtschaftsingenieur der Technischen Universität in Helsinki. Wahrscheinlich interessiert Sie mehr, was er in der Hand hält, das ist das Nokia E7.

Wenn ein neues Gerät auf den Markt kommt, schauen alle, wer zuerst darüber etwas schreiben kann. Doch worüber schreiben? Über einen Prototypen, denn man 5-10 Minuten bei einem höchst konspirativen Meeting irgendwo in Europa in der Hand halten oder aus 5-10 oder noch mehr Metern Entfernung sehen darf? Oder schreibt man aus dem Blog eines Bekannten ab, dessen Schwager den Fahrer des Lasters kennt, der morgens die Milch ins Nokia-Werk liefern darf?

Berichtet man später, dann ist doch alles schon gesagt. Oder auch nicht. Ich habe nun das E7 seit einiger Zeit im Gebrauch, zugegeben nicht exklusiv, aber zum Vergleich dienen mir ein schon etwas angejahrter Blackberry (8310), das legendäre Nokia 6310i (Immer noch traumhaft gut), ein Serie 60 Modell (das leistungsstarke aber viel zu langsame N80) und natürlich verschiedene Communicator Modelle wie das kultig legendäre 9110i (da war Nokia seinen Mitbewerbern um 20-30 Jahre voraus) oder das Nokia 9500 (pro Woche einmal Akku ziehen, dann kann damit prima arbeiten.)

Immer wenn ein neuer Communicator rauskam, wußte man, was dem fehlt:

- im 9110i hätte man sich Dualband gewünscht

- dem 9210 fehlte GPRS

- im 9500 hätte man sich 3G oder einen wesentlich schnelleren Prozessor gewünscht.

Dann der E90, bei dem man schneller tippen konnte, als die Betriebssoftware hinterher kam. Meine Wechselentscheidung vom 9500 auf ein „neueres“ Modell verschob sich und verschob sich und…

Grundbedingung für einen Communicator ist eine vernünftige Tastatur, die unterwegs genutzt werden kann. Dazu legen wir das Handy quer vor uns hin, daß der Schriftzug Nokia links und die zentrale Menütaste rechts von uns liegt. Dann kann das Display einfach nach „hinten“ geschoben werden, dabei schwingt es in eine 45° Schräge. Diese Mechanik-Idee ist nicht ganz neu, aber sie funktioniert gut, stabil und wackelt nicht. Gegenüber dem N97 – genau daher kennen wir die Mechanik schon – hat das E7 vier Tastenreihen. Ziffern werden über eine spezielle Funktionstaste angewählt, Umlaute sind auf der Tastatur regulär als eigene Taste vorhanden, damit kann man schreiben.

Ok, wenn Sie mit dem Touchscreen vorlieb nehmen wollen, bitte sehr. Aber auf die Dauer ist eine echte Tastatur einfach notwendig, wenn man mit seinem Handy nicht nur Videos gucken oder Musik hören will.

Über Symbian 3 ist schon viel geschrieben worden. Ja es ist umständlich, ja man muß sich zurecht finden. Die Menütaste springt ins gewohnte Symbian-Grundmenü. Symbian kann vieles und mehr als man denkt. Ein bischen länger auf den Bildschirm drücken oder die Tipps und die Hilfe lesen.

Ein bekennender Apple Fan nahm das E7 kurz in die Hand und legte es wieder hin – „Viel zu kompliziert.“ Ja es wirkt ein wenig altbacken, aber auch solide und wer mit seinem Handy ersthaft arbeiten will, mag es solide. Und man darf nicht die steigende Zahl von Käufern vergessen, die schon deswegen kein iPhone wollen, weil „jeder Dödel heute schon ein iPhone hat“. Die Androiden sehen alle gleich aus, was darunterliegt, erfährt man erst später, und während dem Kauf ist mancher Androide bereits veraltet.

Fragt man sich über die Zukunft von Symbian. Hat es noch eine? Wer weiß? Es gibt noch Verbesserungen wie „Symbian Anna“, die beim E7 noch nicht dabei sind, aber wohl noch kommen könnten.

Es gibt einen Info-Service von Nokia, der – wenn man will – per SMS ab und zu ein paar Tipps und Tricks bereit hält, aber auch über aktuelle Software-Updates informiert.

Und das Nokia E7 hat einen USB-Anschluß, um externe USB-Speicher-Sticks anzuschließen oder eine HDMI-Buchse für das heimische Dolby-Kino. Haben das die verschiedenen Androiden oder Äpfel auch?

Je länger ich mir das E7 anschaue, merke ich, daß da Leute am Werk waren, die eigentlich schon sehr genau wissen, wie man gute Handys baut. Sie sind nur ein wenig verunsichert. Zum einen von den Kostenrechnern, die alles noch viel günstiger und schneller wollen. Von Marktpropheten, die meinen, daß ein Hersteller im 10 Minutentakt neue und schnellere Geräte auf den Markt pumpen müsste. Wie soll da bitte irgendwas fertig entwickelt werden können?

Ob Nokias Entscheidung für Windows Mobile 7 so der Weisheit letzter Schluß war, weiß ich nicht, bislang konnte ich mich mit WP7 noch nicht so richtig anfreunden.

Beim E7 kann ich noch per Kabel und Software lokal meine Daten synchronisieren, wenngleich ich mir dringend wünschen würde, daß die gut bewährte Nokia PC-Suite auch mit dem E7 reden möge und mich nicht schulterzuckend auf die halbfertige Monster-Soft namens Ovi-Suite verweist. Die Ovi-Suite synchronisiert, wenn sie mag mit Outlook, aber welche Daten dabei verändert, gelöscht oder kopiert werden, erfahre ich erst, wenn es zu spät ist, theoretisch könnte ich das auch auf dem PC nachgucken, aber überzeugen konnte mich das bislang nicht.

Ja ja, bis die Nokia PC-Suite „rund“ gelaufen ist, hat es auch unzählige Versionswechsel und Updates gebraucht. Vielleicht wird die Ovi-Suite ja doch noch.

Und vielleicht „darf“ Nokia bei WP7 dann auch lokale Synchronisation erlauben. Nicht jeder Kunde will sofort und gleich in die Cloud aufbrechen. Und die Hersteller von heimischen PCs reiben sich schon die Augen, weil man in die Cloud auch mit einem 2-3-4 Generationen älteren PC oder sogar ohne PC gelangen kann.

Ein paar Kritikpunkte: Das e-mail Programm synchronisiert nicht so wie bisher gewohnt, bereits vom Server gelöschte eMails verblieben auf dem E7 und es konnte passieren, daß manche Mail nicht auf dem Handy ankam – obs an GMX gelegen hat, keine Ahnung. Fast alle, aber eben nicht alle e-mails wurden lesbar angezeigt, im Zeitalter von massiv grassierenden HTML-Mails ist so etwas wichtiger geworden, als man sich selbst eingestehen mag.

Die Kamera ist beim E7 nicht ganz so gut, wie beim N8. Bei beiden Modellen ist der Akku für den Kunden nicht zugänglich. Das N8 könnte man noch aufschrauben, das E7 ist so verschlossen wie die berühmte Auster. Im Zubehör Shop gibts eine Ersatzbatterie, die extern an das E7 angeflanscht wird. Je nach Nutzung kann der Akku im E7 schon 1-2-3 Tage halten, ein Micro-USB-Euro-Norm-Ladegerät ist bereits mit dabei.

Lange Rede kurzer Sinn: Echte Nokia Fans kommen am E7 nicht vorbei.

Vielleicht liegt es an uns Kunden, was aus Nokia wird. Wenn richtig viel Symbian 3 gekauft und WP7 nicht gekauft wird, könnte das am Ende auf eine Abstimmung an der Basis hinauslaufen. Oder Microsoft und Nokia überdenken das WP7 Konzept noch einmal grundlegend. Vielleicht als WP7.1 formerly known as Symbian 4 ? :-)

Allen Aposteln und Propheten zum Trotz: Nokia ist immer noch da. Und das ist gut so.

Tags: Android, Apple, E7, iPhone, Microsoft, Nokia, Nurmi, Symbian, WP7


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