Gestern Morgen kam Cyrille zu mir ins Büro: „Was für ein Land ! Ich will hier weg !“ Sein Frust hatte am Nachmittag zuvor begonnen: Sein rechtes Auge hatte sich entzündet und war ziemlich rot. Die Augenärztin, die ihn vor einigen Monaten behandelt hatte, war nicht zu erreichen und unsere Hausärztin auch nicht. Gestern früh hatte er dann wieder bei der Augenärztin angerufen, die an diesem Tag aber nicht arbeitete. Die Hausärztin immerhin war da und schrieb ihm einen Zettel für die Poliklinik um die Ecke. Dort aber erfuhr er, dass die Poliklinik nicht arbeitet, weil die Klimaanlage ausgefallen ist. Cyrilles Mutter ist eine kleine Händlerin, die durch harte Arbeit ein kleines bisschen Wohlstand erreicht hat. Und die Einstellung zur Arbeit hat Cyrille offensichtlich von seiner Mutter geerbt. Dass man nicht arbeitet, weil die Klimaanlage ausgefallen ist, kann er absolut nicht nachvollziehen, was dann zu dem oben erwähnten Ausbruch in meinem Büro führte. Unsere Köchin hat mehr Verständnis: „Einen Bekannten von mir haben sie operiert, als auch die Klimaanlage ausgefallen war. Da hat die OP-Schwester ständig dem Arzt die Stirn abtupfen müssen, damit der Schweiß ihm nicht die Sicht nimmt.“
Cyrille war dann schließlich in der Augenklinik, den Nachmittag gestern hat er mit der Suche nach den verschiedenen Medikamenten verbracht, die man ihm aufgeschrieben hat (man muss immer in mehreren Apotheken suchen), und hat schließlich alle bis auf eines gefunden. Sein Auge sieht inzwischen besser aus.
Fazit: Das medizinische Personal ist hier zwar gut ausgebildet, oft fehlen aber die Medikamente und auch die Motivation. Die Bezahlung ist unabhängig von der Leistung und nicht besonders hoch.