Inspiriert von @Ygritte auf Twitter…
Liebe Patienten, dieses Quartal sind 50 Patienten einfach nicht erschienen. 50 Termine die kurzfristig nicht weiter vergeben werden konnten. 50 Termine, die wir anderen Patienten nicht geben konnten und die nun wiederum weiter 3-4 Monate Wartezeit haben. #praxis #neurologie
— Ygritte (@jgYgritte) September 24, 2019
… musste ich mich einmal selbst hinsetzen und nachsehen, wieviele Termine beispielhaft in diesem Quartal nicht wahrgenommen wurden.
Bilanz der No-Show-Termine
Ein erschreckendes Bild: In den Monaten Juli bis September erschienen Patienten an hundertzweiundsiebzig (172!) Terminen nicht. Davon waren 40 Vorsorgeuntersuchungen, die wir mit 20 bis 30 Minuten ansetzen, 96 Impftermine (werden mit 5 Minuten geplant) und 36 Akuttermine (werden mit 5-10 Minuten geblockt). Letztere „Akuttermine“ sind solche, die die Eltern am gleichen Tag oder am Tag zuvor ausmachen. Scheinbar war es nicht so wichtig.
Verpasste Impftermine tun nicht besonders weh, abgesehen davon, dass diese Impfung just nicht gegeben wurde, und wir nun wieder einen neuen Termin finden müssen, aber eine Lücke von 5 Minuten ist nicht so tragisch.
Ein besonderer Schlag sind jedoch die Vorsorgeuntersuchungen, die sich nicht doppelt belegen lassen oder bei denen wir parallel ein paar Akutpatienten planen können: Erscheint das Kind, braucht die Untersuchung natürlich die volle Aufmerksamkeit. Das erwarten die Eltern, und ich bin es dem Kind schuldig.
Rechnen wir weiter: Im letzten Quartal sind damit Termine von ca. 1750 Minuten verloren gegangen, also 29 Stunden, das sind drei bis vier durchschnittliche Arbeitstage.
Danke, Herr Spahn
Bundesgesundheitsminister Spahn hat uns mit dem Terminservicegesetz einige neue Bürokratien und „Möglichkeiten“ eröffnet, damit Patienten schneller einen Arzttermin bekommen. So sollen Arztpraxen offene Sprechstunden betreiben (Kinder- und Jugendärzte sind zum Glück außen vor) und offene Termine für Vorsorge und Akutvorstellungen melden. Wie Kolleg*innen bereits intern mitteilen, ist die „No-Show“-Rate bei diesen „KV-Terminen“ besonders hoch.
Sicher geht es anderen Praxen ähnlich, nicht nur den Versorgerpraxen, sondern gerade auch den Fachärzten, wie HNO oder Augenärzten. Aus der Perspektive der Arztpraxis sind diese nicht wahrgenommenen Plätze ein sehr offensichtlicher Grund, warum Patienten oft lange auf einen Facharzttermin warten müssen. Aber es wird lieber z.B. der Keil privat vs. gesetzlich versichert getrieben, das hat mehr Bild-Zeitungs-Niveau, lässt sich medial besser ausschlachten.
Lösungen
Auswege und Ideen, dem No-Show entgegenzuwirken, gibt es viele: Termine durch die Patienten rückbestätigen lassen, einen Recall durch die Arztpraxis zulassen, mit Telefon, SMS oder E-Mail, Gebühren verlangen. All das mag gut oder schlecht funktionieren, muß aber stets im Einverständnis mit den Patienten erfolgen (also mit vorheriger Unterschrift), da sich sonst eine rechtliche Grauzone ergibt. In jedem Fall führt es zu mehr Kontrolle, zu mehr Bürokratie, zu mehr Personalaufwand, natürlich auch zu mehr Ärger, Ärger beim No-Show und Ärger beim Geldkassieren. Spaß sind anders aus.
Dabei könnte ein wenig Anstand völlig ausreichen: Termin rechtzeitig absagen, wenn man nicht kann. Ist das so schwer?
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