No Jaws: Gut geklaut

No Jaws: Gut geklautNo Jaws
„Young Blood“

(Modern Guilt/Numavi)
Für die Überschrift muss man sich natürlich gleich wieder bei den Jungs aus Zwickau entschuldigen – Form follows Pointe. Trotzdem die Frage: Ist es schlimm, dass einen die Vorbilder der No Jaws (formerly known als The Buyable Sluts Wanted For Stealing Virginity) spätestens beim zweiten Song “Real Oh One” so dermaßen anspringen, dass man gar nicht mehr auskommt? Ja/Nein/Vielleicht. Besser gegenfragen: Ist Musik, unabhängig von Stil und Genre, ohne Referenzbezug heute überhaupt noch möglich? Kann, wenn klug und geschickt gewählt wird, nicht gerade das auch eine Bereicherung sein? Und sollte man zu guter Letzt nicht eher freuen, dass Marcus und Martin Wellnhofer gemeinsam mit Sami Chahrour offenkundig die Liebe zum Sound von Sonic Youth und den Stooges teilen? Man hätte es mit Sicherheit schlimmer erwischen können. So nämlich ist diese Platte, produziert im Übrigen von Patrick Pulsinger, eine mehr als brauchbare geworden – reichlich Feedbackgetöse, Gitarrengeschmirgel und dazu federleichte Melodien im doppelten Dutzend. Gerade Thurston Moore und Kim Gordon haben es zu Lebzeiten ihrer Band auf einzigartige Weise verstanden, den ohrenbetäubenden Lärm und den schönen Klang miteinander zu verbinden, aus den ineinander verschränkten Noisekaskaden erhob sich stets zur richtigen Zeit ein geordnetes, zauberhaft verwobenes Soundgebilde, immer noch laut, aber eben auch verteufelt eingängig. Gleiches gelingt in den besten Momenten auch dem Trio aus Sachsen – auch sie meistern das Brachiale wie das Zarte, garnieren es, ganz wie die Großen, mit eingestreuten Rezitativen oder poltern bei “Grashopper” und “Loyal to Disillusion” wie Iggy und Kollegen schnell und dirty nach vorn. Gerade das Schlußpärchen “So It Begins/Phalanx” bringt das Können der drei auf den Punkt, viel besser kann man vermeintliche Gegensätze nicht zusammenbringen. Wer so gut klaut, den darf man ruhig mal Meisterdieb nennen – negativ ist das hier ganz gewiss nicht gemeint. http://www.no-jaws.com/
13.11.  Dresden, Ostpol
14.11.  Chemnitz, Aaltra
15.11.  Zwickau, Mocca Bar
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