Sechs Jahre ist es her, dass Nneka ihr Debütalbum „Victim of Truth“ über das Hamburger Label Yo Mama veröffentlichte. Mittlerweile zählt die Nigerianerin zu den musikalischen Aushängeschildern Afrikas. Die Souldiva zu mimen liegt ihr jedoch fern. Stattdessen kämpft sie für ihr politisches Anliegen – mal mit erhobenem Zeigefinger, mal mit geballter Faust. Am eindringlichsten jedoch immer noch mit ihrer außergewöhnlichen Soulstimme – wie sie bei ihrem Auftritt auf dem Enjoy Jazz Festival in Heidelberg demonstrierte.
Mit 18 Jahren siedelte Nneka Egbuna von Nigeria aus nach Deutschland, in das Heimatland ihrer Mutter, über. In dieser Zeit hat sie einerseits viele negative Erfahrungen machen müssen, andererseits entwickelte sie dadurch ein politisches Bewusstsein, das fortan zum prägenden Hintergrund ihrer Musik avancierte. Meist sind es die unangenehmen Themen wie Ausbeutung, Rassismus und Intoleranz, die sie in ihren Texten anspricht. Der dazugehörige Sound ist eine quirlige Melange aus Soul, Rap, Reggae und Anleihen des im Afrobeat beheimateten Highlife. Mit Soul Is Heavy (2011) ist gerade Nnekas drittes Album erschienen, und wie der restlos ausverkaufte Karlstorbahnhof in Heidelberg belegte, hat sie damit einmal mehr den Nerv ihrer Zuhörerschaft getroffen.
Mehr als zehn Jahre hat Nneka in Hamburg gelebt, ihr Deutsch soll tadellos sein. Interviews gibt sie – auch deutschen Medien – allerdings nur auf Englisch. Auch an diesem Abend rutscht der kleinen Frau mit der großen Stimme nicht ein einziges deutsches Wort über die Lippen. Auf der Bühne wirkt sie sehr verschlossen und fokussiert. Zu einem Flirt mit dem Publikum kam es deshalb nicht, alle ihre Songs trug sie jedoch mit ungebrochener Leidenschaft vor. Mit zwei Zöpfen im Haar und unterstützt von Garry „G-Man“ Sullivan an den Drums, Nis Kötting an den Keys, Emanuel Ngolle Pokossi am Bass und Jonas da Silva Pinheiros an der Gitarre zeigte Nneka mit der Reggae-Hymne Africans gleich zu Beginn ihres Auftrittes, warum sie mit aufstrebenden Künstlern wie K’Naan als hoffnungsvolle Stimme Afrikas gilt. Während sich die 30-jährige Nigerianerin angetrieben von ihrer Band bei Something to Say weltverbesserisch gab und mit ihrem klaren Soulgesang beeindruckte, griff sie für die Ballade Do you love me now? gleich selbst zur Gitarre.
Come With Me, lud Nneka ihre Fans ein, sie auf eine musikalische Reise zu begleiten. Und da der Saal des Karlstorbahnhofs komplett überfüllt war, tanzten die Leute sogar im Vorraum zufrieden zu den afrikanischen Highlife-Rhythmen. Natürlich präsentierte Nneka auch ihren neuen Hit Soul Is Heavy, auf dem sie Soulgesang mit Rap auf einen organischen HipHop-Beat in Einklang bringt. Den Song hat sie für ihr Heimatland Nigeria geschrieben und nimmt darin Bezug auf nigerianische Bürgerrechtler und Freiheitskämpfer wie Ken Saro-Wiwa, Isaac Adaka Boro und Jaja of Opobo. Westliche Einflüsse verarbeitete Nneka anschließend in einem kleinen Mash-up aus Annie Lennox und den White Stripes, bevor sie mit ihrem Welthit Heartbeat den Höhepunkt des Abends setzte. Musikalisch beendete die damit einen exzellenten Auftritt. Menschlich überzeugte Nneka durch beeindruckende Authentizität, verließ die Bühne jedoch nicht ohne die anfängliche Befremdlichkeit ganz aus dem Raum gespielt zu haben.
Andreas Margara (29. Oktober 2011)
Nneka – Soul Is Heavy