All die ganz besonderen Highlights auf meinen bisherigen Reisen waren auch immer mit ganz besonderen Strapazen und wenig Schlaf verbunden. Sei es die Fahrt im Heißluftballon bei Sonnenaufgang über Luxor, die Wanderung durch die Wüste auf Boa Vista oder auch der Besuch bei den Fledermäusen in Mexiko. Ganz ohne Abstriche in Sachen Bequemlichkeit klappte das nie und genau das ist vielleicht auch das Besondere an all diesen Erlebnissen – sie werden einem nicht geschenkt! Erholungsurlaub geht anders, aber ich bin nicht nur zur Erholung in fremden Ländern…
Während meiner Nilkreuzfahrt Ende 2014 war ich der einzige Gast auf dem kleinen, nur halbvollen Nilkreuzfahrtschiff, der auch das volle Ausflugspaket gebucht hatte. Damit kam ich in den seltenen Genuss alleine mit meinem Guide Hammad und einem Fahrer um 3:00 Uhr morgens von Assuan in das mehr als 240 Kilometer entfernte Abu Simbel zu fahren.
Ohne Erlaubnis des ägyptischen Militär darf man in dieser Region nahe des Sudan nachts nicht die vermeintlich sichere Stadt verlassen und so wird streng kontrolliert, auch den ganzen Weg entlang durch die Wüste Richtung Abu Simbel. Unterwegs ist man dabei im Konvoi und manche Fahrer nutzen bei über 150 km/h nur zu gerne den Windschatten des Vordermannes, indem sie fast Stoßstange an Stoßstange fahren. Das Licht bleibt dabei natürlich aus, man braucht das ja auch nicht bei Nacht und würde damit auch nur unnötige den Vordermann blenden… *kopfschüttel* Ich für meinen Teil habe in den knapp vier Stunden Fahrt versucht auf der Rückbank ein wenig zu schlafen und auf das Können meines Chauffeurs vertraut.
Die Belohnung für diese frühmorgendlichen Strapazen zeigte sich mir nach Ankunft am Tempel von Abu Simbel. Ganz besondere, aber zur Zeit nicht seltene Bilder, entstanden hier.
Ganz allein vor dem Hathor-Tempel in Abu Simbel.
Errichtet in Erinnerung an Nefertari, sie war die Lieblingsfrau von Pharao Ramses II.
Bestens erhalten, trotz biblischen Alters, bietet dieses beeindruckende Bauwerk seit mehr als 3300 Jahren dem Wind und dem Sand der Wüste die Stirn.
Fotografieren ist in den Tempeln zwar nicht erlaubt…
…aber für ein kleines Trinkgeld lässt einen der Wachmann ein Foto von außen knipsen.
Reingehen und staunen lohnt sich, denn die großartig erhaltenen Wandmalereien mit Szenen aus dem Leben des Pharao und seiner Frau sind atemberaubend. Einige Bilder vom Inneren gibt aus u.a. auf der Webseite http://www.grisel.net/abu_simbel.htm. Die UNESCO hat dieses Bauwerk, ebenso wie den Großen Tempel direkt nebenan, 1979 in die Weltkulturerbeliste aufgenommen.
Neben einem Wachmann am Tempel und meinem Guide Hamman war ich für eine gute Viertelstunde an diesem Morgen der einzige Tourist in Abu Simbel. Ein Reisemoment mit Seltenheitswert…
Direkt daneben eines der wohl bekanntesten Bauwerke Ägyptens, der Große Tempel des Pharao Ramses II, auch Ramses der Große genannt. Es sollte als Warnung für die Feinde aus dem Süden dienen. Hier begann das Neue Reich des Alten Ägypten.
Die Szenerie wirkt fast surreal, so ganz ohne einen Touristen davor.
Mein Guide Hammad lies mich auch erst einmal in Ruhe fotografieren…
…bevor er mir Einzelheiten zu den Tempeln, deren Bedeutung und Geschichte erzählte.
Hier nun der Vergleich: Vorne links ein Mensch, direkt davor das gigantische Bauwerk.
Ja, sie kamen dann doch noch, die Busse mit den Touristen aus aller Welt, aber wenn man den Guides in Abu Simbel zuhört, dann ist es nur ein Bruchteil der Besucher aus vergangenen Tagen. Seit der Revolution vor über vier Jahren ist in Ägypten, dort wo alles begann, nichts mehr wie es war…
Natürlich fotografierte ich dieses Monument für die Ewigkeit aus verschiedenen Winkeln.
So richtig satt sehen konnte ich mich daran nicht,
das merke ich auch jetzt wieder beim betrachten und auswählen der Bilder.
Geschichte zum Anfassen, in jeder Tafel mit Hieroglyphen…
…und jedem kunstvoll geschaffenen Relief.
Schweren Herzens ging es dann nach einer guten Stunde zurück Richtung Ausgang.
Goodbye amazing Abu Simbel…
…ein weiterer Reisetraum ist mit Dir in Erfüllung gegangen.
Hier noch zwei Panorama-Aufnahmen Abu Simbel.
(Zum Vergrößern einfach anklicken!)
Aufgrund der Bauarbeiten für Assuan-Staudamm, welcher ganz Ägypten mit Strom versorgen sollte, wurden die beiden Tempel zwischen 1963 und 1968 übrigens komplett abgetragen und an dieser erhöhten Stelle Stein für Stein neu errichtet. Ziemlich beeindruckend was die Archäologen, Ingenieure und Arbeiter damals geleistet haben um dieses Monument vor den Fluten zu retten. Interessante Bilder und einen Bericht von diesem Umzug gibt es auf den Webseiten von Sam Carter, National Geographic und Deutschlandradio.
Ganz ohne ein Selfie wollte ich diesen geschichtsträchtigen Ort natürlich nicht verlassen und auch mein Maskottchen Jack Bearow ist sehr stolz auf seinen Besuch hier.
Bis zur Rückfahrt blieb noch etwas Zeit und und so gönnte ich mir ein ägyptisches Frühstück.
Arabischer Mokka, Coca Cola und eine leckere, frisch zubereitete vollkommen vegetarische Falafel im kleine Cafe in Abu Simbel. Günstig und wirklich köstlich.
Mein Fresspaket vom Schiff spendierte ich den wild lebenden Hunden in Abu Simbel.
Stellvertretend für die derzeitige Flaute in Ägypten steht dieses Bild
vom leeren Parkplatz vor einer der größten Sehenswürdigkeiten des Landes.
Mein Fazit: Abu Simbel ist in meinen Augen ein absolutes Muss für jeden Ägypten-Fan und Nilkreuzfahrer. Ein Monument menschlicher Anstrengungen und frühzeitlicher Ingenieurskunst. Eine Nilkreuzfahrt durch Oberägypten ohne diese beiden Tempel wäre nicht vollständig. Kindern würde ich diesen strapaziösen Ausflug allerdings nicht zumuten wollen.
Disclaimer: Die komplette Reise nach Ägypten, die Nilkreuzfahrt und auch dieser Ausflug nach Abu Simbel wurden von mir selbst geplant und bezahlt. Es gab keine Sponsoren, daher ist meine Meinung unvoreingenommen, offen und ehrlich. Interessante Infos rund um das Niltal habe ich aus dem ebenfalls selbst gekauften Buch Niltal – Von Kairo nach Abu Simbel: Reisehandbuch mit vielen praktischen Tipps.