Night Sea Journey

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Night Sea Journey

8Thriller

Night Sea Journey von Tina Feyrer ist ein surrealer Trip in die Abgründe der menschlichen Psyche.

Nachdem Neeve (Lisa Friedinger) einen mysteriösen Brief erhält, beschließt sie die Nacht bei ihrem langjährigen Freund Julius (Dominic Marcus Singer) zu verbringen. Im Verlauf des Abends und der Nacht verschwimmen Wirklichkeit und Traum, Fantasie und Realität zusehends miteinander und es entsteht eine Odyssee in Neeve’s Innenleben.

Soviel zur erkennbaren äußeren Handlung von Night Sea Journey. Man erkennt sehr schnell, dass es der Regisseurin und Drehbuchautorin Tina Feyrer weniger um das Erzählen einer zusammenhängenden, archetypischen Geschichte geht, sondern vielmehr darum das Innenleben ihrer Figuren, allen voran das ihrer Protagonistin, in einen visuellen Ausdruck zu verwandeln. Die minimalistische Rahmenhandlung ist daher im Grunde nichts weiter als Aufhänger und Anstoß, um die Gefühlswelt der Heldin durcheinanderzubringen.

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Um diesen seelischen, psychischen und emotionalen Konflikt von Neeve darzustellen, bedient sich Feyrer eine durchaus originellen, wenngleich auch gewöhnungsbedürftigen Bildsprache, die sich besonders durch Nahaufnahmen, einer dynamischen Kamera und einer räumlichen Desorientierung kennzeichnet. Letzteres gelingt ihr vor allem dadurch, dass sie die Bildhintergründe und Umgebung der Figuren in verschiedenste Abstufungen der Dunkelheit taucht, angefangen von diffuser Beleuchtung, die nur das Erkennen von Schemen und Umrissen erlaubt, bis hin zu kompletter Finsternis, die das Auge ausschließlich auf die im Bild befindlichen Figuren und Objekte lenkt. Dieses “malen mit Schwarz” funktioniert Großteils, erschwert aber gerade in Kombination mit der sich ständig in Bewegung befindlichen Kamera und den Nahaufnahmen das Erkennen des Gezeigten. Manchmal ist es dadurch einfach unklar, was man da im Bild überhaupt sieht. Ein durchaus interessantes und spannendes Stilmittel zwar, dessen sich Feyrer hier bedient, wenngleich es stellenweise exzessiv verwendet wirkt.

Aber nicht nur auf der visuellen Ebene setzt die Regisseurin in Night Sea Journey auf Verfremdung. Auch die Dialoge sind durchwegs so konzipiert, geschrieben und gespielt, dass man das Gefühl bekommt, die Figuren reden in einer entfremdeten Kunstsprache miteinander. Niemand von ihnen redet wie ein Mensch in der Realität, sondern bestenfalls wie in einem Traum. Das Visuelle wird also noch zusätzlich durch das Auditive von Dialogen und insbesondere auch der überaus gelungenen Musik verstärkt.

Gerade bei den Dialogen zeigt sich zudem das Können der Schauspieler. Wird eine künstliche, realitätsferne Sprache gesprochen, tun sich viele Darsteller schwierig die Sätze und Dialoge glaubhaft zu vermitteln. Nicht so in Night Sea Journey. Angefangen von Lisa Friedinger über Dominic Marcus Singer bis hin zu den kleineren Nebenrollen wie Christian David und Anna Sophie Krenn können sie alle durch die Bank weg überzeugen. Sie spielen nicht nur mit vollem Körpereinsatz, sondern lassen zudem erahnen, dass es sich bei ihren Figuren nicht bloß um Schablonen handelt, sondern um eigene Geschöpfe, die vielleicht nicht der Realität entsprungen sind, aber in ihrer Welt durchaus Sinn machen und glaubhaft sind.

Night Sea Journey ist zwar kein leicht zugänglicher Film und wird aufgrund seiner eigenwilligen Erzählweise und seiner minimalistischen Handlung nur schwer ein breites Publikum finden, aber es ist ein überaus interessanter und lohnenswerter Film für all jene, die bereit sind sich abseits der bekannten filmischen Pfade zu bewegen. So oder so, Night Sea Journey ist auf jeden Fall eine einzigartige Erfahrung und man wird nur schwer einen vergleichbaren Film finden.

Regie und Drehbuch: Tina Feyrer, Darsteller: Lisa Friedinger, Dominic Marcus Singer, Mathias Erich Gruber, Christian David, Anna Sophie Krenn, Susanne Pilat, Filmlänge: 62 Minuten, www.herrmauser.com


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Autor

Marco Rauch

Aufgabenbereich selbst definiert als: Kinoplatzbesetzer. Findet den Ausspruch „So long and take it easy, because if you start taking things seriously, it is the end of you” (Kerouac) sehr ernst zu nehmend.


 
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