Nigel Farage

Von Uhupardo

Egal, wo man hinschaut in den Blogs (auch hier in den Kommentaren) und in anderen Diskussionsplattformen, immer wieder tauchen Videos von Nigel Farage auf. Der britische Europa-Politiker kritisiert hart und polemisch die EU, Van Rompuy, die europäische Demokratie. Deswegen berufen sich viele Internet-Nutzer und sozialen Netzwerke auf Farage und behaupten, er sage “endlich die Wahrheit”. Interessant dabei ist, dass es oft besonders diejenigen sind, die soziale Bürgerrechte verteidigen, und völlig ignorieren, dass das britische “enfant terrible” für das genaue Gegenteil davon steht!


Nigel Farage,
1964 in London geboren, ist Parteichef der UK Independence Party (UKIP) und Mitglied des Europa-Parlaments seit 1999, eingebunden in die Parlamentsgruppe “Europa der Freiheit und der Demokratie”. Man kann ihn kurz so beschreiben: Nigel Farage ist, so sagt er selbst, libertär und ein glühender Anhänger der Politik von Margaret Thatcher. Ein populistischer Marktradikaler der äusseren rechten politischen Fraktion, einerseits anti-Establishment und gleichzeitig für den Markt, der angeblich alles regelt. Ein Mann, der unzufriedene Halbgebildete aller Richtungen hinter sich sammelt, die ihn als Kritiker des Systems zu ihrem Zeugen machen wollen.

Dieses Video ist wichtig: Ab Minute 11 etwa erklärt Nigel Farage im Gespräch mit Oskar Lafontaine, der Finanzmarkt sei heute “überreguliert” und nur der freie Markt sei in der Lage, Europa aus der Krise zu führen.

Die Gruppe “Europa der Freiheit und der Demokratie” klingt zunächst gut – bis man weiss, dass sie auch die Heimat der italienischen Lega Norte ist, der dänischen rechtsradikalen Partei, der “wahren Finnen”, der orthodoxen Partei Griechenlands und ein paar anderer Nationalisten des rechten europäischen Randes. Alle sind Euro-Skeptiker auf einer nationalistischen Basis, agitieren gegen Immigration, besonders gegen den muslimischen Teil. Schauen wir einfach einmal darauf, wofür die Partei von Farage im Europa-Parlament steht. Nach den folgenden Punkten dürften bei niemandem mehr Zweifel darüber bestehen, dass Farage ebenso ein Ultra-Rechter ist wie Le Pen in Frankreich oder die Morgenröte in Griechenland.

UKIP, die Partei von Nigel Farage, vertritt die folgenden Standpunkte:

- Immigration eliminieren.

- Ausstieg aus derEU, um das Schengen-Abkommen ausser Kraft zu setzen: bedeutet die Abschaffung der Bewegungsfreiheit der Bürger in Europa.

- Grenzen und Visa-Pflicht wieder einführen, auch für EU-Bürger.

- Die Zahl der Grenzbeamten um 30.000 erhöhen.

- Sofortige Ausweisung aller illegalen Immigranten.

- Alle nicht-Briten sollen verpflichtet werden, einen Vetrag zu unterschreiben, der sie verpflichtet “die britische Kultur und britische Gesetze zu respektieren”.

- Wiedereinführung der britischen Menschenrechtsgesetze von 1998 und Ausstieg aus der europäischen Menschen- und Bürgerrechtskonvention.

- Britische Bürger sollen kein europäisches oder internationales Gericht mehr anrufen können, um ihre Rechte einzufordern.

- Eliminierung der Subventionen aller Konzepte, die “Multikultur befördern oder respektieren”.

- Sicherstellen, dass der Sozialstaat Grossbritanniens nur für englische Bürger erreichbar ist.

- Ablehnung der Tobin-Steuer; die Abgabe auf Finanztransaktionen.

- Abschaffung aller Abgaben, die den Markt und den Finaznmarkt besteuern.

- Abschaffung aller Wirtschaftshilfen oder internationaler wirtschaftlicher Kooperation.

- Abschaffung aller Ökosteuern, weil der Klimawandel nicht bewiesen ist.

- Förderung und Ausweitung von Atomkraftwerken.

- Steigerung des britischen Militärhaushalts um 40 Prozent.

- Erhöhung der Gefängnis-Plätze um 50 Prozent.

- Abschaffung des europäischen Haftbefehls, um zu vermeiden, dass “unschuldige britische Bürger” irgendwo anders in Europa vor Gericht gestellt werden.

- Briten zuerst!

- Ablehnung aller Justiz, die nicht britisch ist.

- Eliminierung aller Fangquoten im Fischfang (europäische Norm). Auch derjenigen, die die Auslöschung von Arten vermeiden sollen.

- Einfrieren aller Gehälter und Renten im öffentlichen Sektor.

- Erweiterung der Kooperation mit der NATO. Jede polizeiliche Zusammenarbeit mit der EU soll abgeschafft werden.

- Keine Unterstützung der gleichgeschlechtlichen Ehe.

Das Programm der Farage-Partei für die lokalen Wahlen in London besagte:

- Schutz des Londoner Börsenmarktes (The City) und Abschaffung sämtlicher Belastungen und Abgaben des Finanzmarktes. (Red.: Die Londoner Finanzzone ist die zweitgrösste der Welt nach Wall Street, wo sich speziell diejenigen tummeln, die mit ihren Operationen den Euro angreifen und damit Milliarden verdienen.)

- Arbeitsplätze für Londoner, Ablehnung von Immigranten.

- Oberste Priorität für Londoner beim Zugang zu Arbeit und Wohnung.

- Definierte Obergrenzen für Immigranten in London, bis Grossbritannien wieder allein über seine Grenzen bestimmen kann.

In der Summe lupenreiner Populismus, der im Sumpf von Unwissen und Unzufriedenheit auf Stimmenfang geht. Nigel Farage ist ein Vertreter der extremen Rechten, dessen Ziele keine anderen sind als die hier aufgelisteten. Die Kritik am System des ewig lauten und polemisch klingenden Farage wird oft genug genüsslich aufgesogen von Menschen, die glauben, endlich einen unangepassten Verteidiger sozialer Errungenschaften und der Bürgerrechte gefunden zu haben, weil sie sich von seiner aggressiven Kritik am Establishment blenden lassen, die jedoch leicht auseinander zu nehmen ist, wenn man etwas genauer hinschaut.

Niemand sollte sich umgarnen lassen von Politikern, deren Vorträge auf der Zerstörung hart erarbeiteter Errungenschaften aufgebaut sind. Purer Populismus und untaugliche Ideen und Vorschläge, die zudem Hass und Ablehnung als legitimes Argument zulassen wollen. Auch wenn Teile von Farages Vorträgen eingängig klingen mögen, darf man sich nicht von ihnen vereinnahmen lassen und zu relativieren beginnen “auch wenn der von Rechts aussen kommt, da hat er Recht” oder “der sagt aber die Wahrheit”. Das nämlich gab es schon damals, als diejenigen, die gar keine Nazis waren, Hitlers populistische Vorträge beklatschten, die die arische Rasse als Massstab setzten, den Immigranten die Schuld an allem gaben und Deutschland über alles …

So etwas darf nicht noch einmal passieren. Sagen Sie später nicht, Sie hätten nicht gewusst, was Nigel Farage und die Riege der Rechtspopulisten geplant hatten. Wer sich auf den schrillen Europa-Politiker beruft, sollte genau wissen, was er tut. Hier haben Sie es gelesen.