Niekisch, Radek, Strasser und der Nationalbolschewismus

Eine Abrechnung

Kommunisten waren die ersten Opfer der nationalsozialistischen Barbarei. Jede Gleichsetzung von Kommunismus und dem deutschen Nationalsozialismus ist ein „Schlag ins Gesicht“ der 50 Millionen Opfer des „tausendjährigen Reiches“. Das Abstreiten der Singularität von Auschwitz, die sogenannte „Totalitarismus-Theorie“ ist dementsprechend eine Relativierung der deutschen Verbrechen von 1933 bis 1945. Dennoch ist es wichtig auf die Schnittmengen und die gemeinsamen Aktionen von „linken“ Nationalsozialisten und nationalen Kommunisten und auf das gegenwärtige „Querfrontdenken“, in weiten Teilen, der heutigen „Linken“, hinzuweisen. Die Versuche Nationalismus und Sozialismus zu verbinden reichen bis in das frühe 19.Jahrhundert zurück. Im Unterschied zu Marx setzte dieser frühe „nationale Sozialismus“ (Karl Grün, Louis Blanc, Georges Sorel) auf den dirigistischen Staat und die Abschottung gegen den Welthandel. Eine Haltung, die Marx als reaktionär geißelte und stets klar zurückwies. Die revolutionären Syndikalisten und Anarchisten prognostizierten bereits vor dem „Ersten Weltkrieg“ die Integration des Proletariats in die bürgerliche Gesellschaft. Der revisionistische Flügel der SPD um Eduard Bernstein verzichtete offen auf den Internationalismus. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges gingen die einflussreichen Verfechter des „Kriegssozialismus“ in der SPD, im Gegensatz zu Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, noch weiter. Sie suchten offen den Anschluss an die alten Eliten des Kaiserreichs, versehen mit völkischer Ideologie. Um die negativen Entwicklungen von Teilen der heutigen Linken zu beleuchten ist es nötig sich den Zeitraum von 1918 bis 1933 näher anzusehen. Ernst Niekisch, auf den sich die heutigen „Nationalen Sozialisten“ berufen, versuchte Zeit seines Lebens „Sozialisten“ und „Nationalisten“ zu vereinen.

Ernst Niekisch (1889 –1967), bis 1926 SPD-Mitglied,  wurde kurzzeitig Zentralvorsitzender der Räterepublik in München, in der er bereits eine reaktionäre und nationalistische Politik verfolgte. 1937 wurde Niekisch verhaftet und zu lebenslänglicher Haft verurteilt, weil der „Nationalrevolutionär“ Hitler öffentlich von „rechts“ kritisierte. Nach dem Krieg trat er der SED bei und wurde Mitglied des Zentralkomitees, verließ aber die DDR nach den Unruhen des 17. Juni.
Niekischs Ziel war der Ausgleich der Klassen, des Proletariats und der Kapitalisten, das Zurückdrängen, der für ihn „verjudeten“ SpartakistInnen und die nationale Größe Deutschlands, das er als Opfer der „Zinsknechtschaft“ ansah. 1923 gründete er, mit national gesinnten Jungsozialisten, den „Hofgeismarer Kreis“, der sich gegen den Internationalismus nach Marx wandte und einen Sozialismus im nationalen Rahmen auf der Grundlage eines starken Staates anstrebte. Die ideologischen Eckpfeiler von Ernst Niekisch waren Nationalismus, Antisemitismus, Rassismus, Antiimperialismus, nationale Befreiung („Versailler Diktat“), völkischer Antikapitalismus, Antifeminismus, eine antiwestliche Grundeinstellung mit einer prosowjetischen Ausrichtung. Niekisch kritisierte nicht den Kapitalismus als solchen, der durch Klassenkampf überwunden werden musste, für ihn waren die „ausländischen“ und da vor allem die „jüdischen Kapitalisten“ die materialistischen Verführer. Nach der Ausschaltung dieser Kräfte würde sich, seiner Meinung, automatisch ein „deutscher Sozialismus“ etablieren. Frauen wurden bei Niekisch, wie bei Silvio Gesell, auf die Rolle einer Gebärmaschine reduziert. Er warnte vielfach vor der „Verweiberung“ Deutschlands, die er vor allem in den USA schon weit fortgeschritten sah.  Ernst Niekisch, der Silvio Gesell während der „Münchner Räterepublik“ zum Finanzmann berief, gilt mit Fritz Wolfheim als der Hauptbegründer des Nationalbolschewismus. Nach der Niederschlagung der „Münchner Räterepublik“, verteidigte sich Silvio Gesell folgendermaßen: „Dass diese Räteregierung mich als Finanzmann erwählte, war für mich ein Beweis, dass es sich nicht oder noch nicht um Bolschewismus oder Kommunismus handelte. Denn eine Teilung des Volkes in hohe, mittlere und niedre Schichten bedeutet völkischen Verfall. Völkisches Empfinden duldet keine Zinsknechtung anderer oder gar die Beteiligung daran. Wer noch etwas rassisches, völkisches Empfinden verspürt, der gehe in sich, tue Buße; der gestehe, dass er und seine Ahnen Verrat begingen am eigenen Volk, am eigenen Blut (..)“. Das Ziel der Nationalbolschewisten um Ernst Niekisch war ein sozialistisches Rätesystem. In ihrem „Volkskampf“ mit einer  „proletarischen Volksorganisation“ forderten sie eine  Synthese zwischen Nationalismus und Sozialismus. Das Programm der Nationalrevolutionäre, „Die Politik des deutschen Widerstandes“, veröffentlichte Ernst Niekisch 1930. Einleitend fordert er: „Protest gegen die Ideen von 1789 (Individualismus, Kapitalismus, Marxismus, Parlamentarismus), gegen Westeuropa als den Mutterboden diese Ideen.“ Mit seinen „12 Thesen“ fährt er fort: „Blickwendung nach Osten, umfassender Rückzug aus der Weltwirtschaft und gesamte Drosselung der Einfuhr, Zwang zur Stadtflucht und bewusste Verödung der Großstädte, Schaffung bäuerlicher Lebensgemeinschaften, Absage an die Ideen der Humanität, Bekenntnis  zum Autoritären, Pflege der Wehrhaftigkeit, Verzicht auf Privateigentum, stattdessen Verpflichtung für den Dienst an Volk und Staat.“ Ernst Niekisch unterhielt Verbindungen zum antisemitischen, sogenannten „linken Flügel“ der NSDAP und zu den „Nationalbolschewisten“ im Umfeld der KPD.

Der kommunistische Politiker und Journalist Karl Radek (1885 – 1939) forderte 1923, während der Ruhrbesetzung, nach dem Tod von Albert Leo Schlageter (1894 – 1923) eine Diskussion innerhalb der KPD über Bündnisse mit rechten Gegnern des Versailler Friedensvertrages. Die Parole Radeks, „die Sache des Volkes zur Sache der Nation gemacht, macht die Sache der Nation zur Sache des Volkes“, sollte für viele Jahre die kommunistischen Versuche bestimmen, den Nationalsozialisten ihre Anhängerschaft abzugewinnen.
Schlageter war ein deutscher Freikorpskämpfer, der während der Ruhrbesetzung 1923 gegen die französischen Besatzungstruppen im aktiven Widerstand war. Ein französisches Militärgericht verurteile ihn wegen Spionage und Sabotage zum Tode. Ein Gnadengesuch lehnte Schlageter ab, wodurch er nach seiner Hinrichtung zur Kultfigur für Nationalisten wurde. Die NSDAP ernannte ihn zum ersten Soldaten und Karl Radek sagte in seiner Rede, er hoffe, dass „hunderte Schlageters Wanderer in eine bessere Zukunft der gesamten Menschheit werden könnten.“ Nach diesem Strategiewechsel, dem sogenannten „Schlageterkurs“, öffnete die KDP, die Spalten ihres Zentralorgans, der „Roten Fahne“ für Beiträge des völkisch-nationalen Propagandisten Ernst Graf zu Reventlow. Gemeinsame Diskussionsgruppen wurden für die Querfrontstrategie gegründet. Thomas Haury schreibt dazu: „Sowohl während des Schlageterkurses, als auch im Zuge der Propaganda für die Programmerklärung finden sich in der Publizistik der KPD und in Reden ihrer Funktionäre einzelne Äußerungen, die ihr schon von Zeitgenossen den Vorwurf des Antisemitismus einbrachten.“  Für die KPD war Antisemitismus ausschließlich eine Klassenfrage. Führende KPD Politiker bescheinigten der extremen Rechten, dass ihr Kampf gegen das jüdische Kapital sie nicht voneinander trenne. Die KPD gehe nur weiter, weil sie auch gegen das christliche Kapital zu Felde ziehe. Ganz in diesem Sinne äußerte sich das ZK-Mitglied Ruth Fischer am 25. Juli 1923 auf einer Versammlung von kommunistischen StudentInnen, zu denen auch völkische Kommilitonen eingeladen waren: „Sie rufen auf gegen das Judenkapital, meine Herren? Wer gegen das Judenkapital aufruft, meine Herren, ist schon Klassenkämpfer, auch wenn er es nicht weiß. Sie sind gegen das Judenkapital und wollen die Börsenjobber niederkämpfen. Recht so. Tretet die Judenkapitalisten nieder, hängt sie an die Laterne, zertrampelt sie. Aber, meine Herren, wie stehen Sie zu den Großkapitalisten, den Stinnes, Klöckner?“ 1924 äußerte sich Clara Zetkin zu den innerparteilichen Fraktionskämpfen und beschuldigte dabei einige Parteilinke als faschistische Antisemiten. Ein Sprecher aus der „Brandler Gruppe“ bemerkte: Wir haben bereits vereinzelte antisemitische Unterströmungen in der Partei. Die Genossen die gut beobachten, werden das nicht bestreiten.“ 1930 versuchte die KPD, nachdem Otto Strasser die NSDAP verlassen hatte, durch geschickte nationale und soziale Agitation die aus der NSDAP ausgeschlossenen zu gewinnen. Es kam zur „Programmerklärung der KPD zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“ vom 24.8.1930. Diese zweite nationale Periode der KPD wurde der „Scheringer Kurs“ genannt. Richard Scheringer war ein bekannter Nationalsozialist, der 1930 wegen des„ Versuchs einer nationalsozialistischen Zellenbildung innerhalb der Reichswehr“ für die NSDAP, zu eineinhalb Jahren Festungshaft verurteilt wurde. Nach Gesprächen mit einsitzenden Kommunisten wandte er sich von der NSDAP ab und bekannte sich offen zu den Zielen der KPD. In diesem Programm wurde versprochen, nach ihrer Machtübernahme, die räuberischen Verträge von Versailles und den Young-Plan zu zerreißen. Sowie alle Reparationszahlungen und Schuldzahlungen zu annullieren. Die Nationalrevolutionäre der KPD  begrüßten das Programm. Die „Kampfgemeinschaft revolutionärer Nationalsozialisten“ erklärte, das neue Manifest der KPD könne von jedem Mitglied unterschrieben werden. Ernst Niekisch lobte es in Otto Strassers Zeitung. Ernst Niekisch deutete den Fall Scheringer als den des deutschen Nationalismus, der erkenne, das Versailles und Bürgertum miteinander verknüpft seien. Die KPD schreckte in dieser Zeit nicht vor gemeinsamen Aktionen mit der ansonsten feindseligen NSDAP zurück. Während des Streiks der Berliner Verkehrsbetriebe von 1932 traten der kommunistische Reichstagsabgeordnete Walter Ulbricht und der Gauleiter der NSDAP von Berlin, Joseph Goebbels bei einer Massenkundgebung gemeinsam auf.

Die Brüder Otto Strasser (1897 – 1974) und Gregor Strasser (1892 – 1934) traten 1925 in die NSDAP ein und bauten den „linken“ Flügel der NSDAP auf.  1926 gründeten die Brüder die Kampf-Verlag GmbH als das publizistische Sprachrohr des „linken“ Flügels der Nationalsozialisten. Die „Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten“ (KGRNS)  publizierte als sogenannte „Schwarze Front“ in diesem Verlag. Zu dem norddeutschen Flügel um die Strasser Brüder gehörte anfangs der spätere Propagandaminister Joseph Goebbels.

Der norddeutsche (Hamburger) Flügel bekannte sich entschieden zu einer radikalen Lösung der sozialen Frage, war stark kapitalismuskritisch, trat beispielsweise für eine Fürstenenteignung ein, was der „Münchner Flügel“ um Hitler entschieden ablehnte. Dieser Kampf wurde in den „Nationalsozialistischen Briefen“ mit Goebbels als Schriftleiter und dem „Völkischen Beobachter“ mit Alfred Rosenberg  ausgefochten. Das 25 Punkte Programm von Gottfried Feder, die Kritik am raffenden Finanzkapital, an der Zinsknechtschaft, Agrarprotektionismus für deutsche Produkte und die Solidarität mit „Tante-Emma-Läden“ sowie Handwerkern bestimmten den sozialrevolutionären Kurs des „Hamburger“ NSDAP Flügels, der personell neben den Gebrüdern Strasser mit Ernst Röhm und Joseph Goebbels prominent besetzt war. Die SA war parteiintern das Hauptterrain der Arbeiterschicht, aus der 1923 mehr als ein Drittel der 55.000 Parteimitglieder stammten. Zur Zeit des Parteitages 1929 stellte der „linke NSDAP-Flügel“ in bündischen Zeitschriften ihre Thesen vor: Sie forderten nationalen Befreiungskampf, sozialen Klassenkampf, Annullierung der Zwangsverträge,  Beseitigung des Parlaments, Sozialisierung aller Wirtschaftsmittel des Landes, Nationalisierung alles Groß und Mittelgrundbesitzes, großzügige Ostsiedelung und die Organisation des Staates als „Volks-Räte-Republik“. „Dieses Programm lasse erwarten“, so schrieben sie weiter,  „dass jede in Deutschland vollzogene Umwälzung sofort alle Machtmittel des Völkerbundes und Amerikas  gegen den deutschen Arbeiter und Bauernstaat auf den Plan ruft. Die erste Aufgabe der nationalsozialistischen Außenpolitik werde daher die Organisation der revolutionären Verteidigung gegen die imperialistischen Mächte im Bündnis mit der Sowjetunion und Unterstützung der revolutionären Bewegungen in allen Ländern der Welt gegen das internationale Finanzkapital sein.“ Die Spannungen zwischen dem „Münchner Flügel“ um Hitler und Rosenberg, der prowestlich, antirussisch und staatskapitalistisch-korporativ dachte, und dem sozialistischen, antiwestlichen „Hamburger Flügel“ waren Anfang 1930 noch keineswegs überwunden. Daneben konnte man noch von einer dritten faschistischen Gruppe um Goebbels, Ley und Goering sprechen, die sich bedenkenlos mit ausschließlich bolschewistischen Parolen an dem Kampf um den Vorrang in der Partei beteiligte. „Wenn auf der linken Seite 17 Millionen Proletarier im Klassenkampf die letzte Rettung sehen, so nur deswegen, weil man es sie auf der rechten Seite sechzig Jahre lang durch die Praxis lehrte“, schrieb Goebbels 1928. Wegen des Richtungskampfes in der NSDAP trat Otto Strasser 1930 aus der Partei aus, sein Bruder Gregor blieb bis zu seiner Ermordung 1934, infolge des „Röhm-Putsches“, in der NSDAP.  Am 4. Juli 1930 verfasst Otto Strasser den Aufruf, „Die Sozialisten verlassen die NSDAP: “Liebe, Parteigenossen, Freunde! Mit tiefer Sorge haben wir seit Monaten die Entwicklung der NSDAP verfolgt und mit steigender Befürchtung bemerken müssen, wie immer häufiger und in immer wichtigeren Fragen die Partei gegen die Idee des Nationalsozialismus verstieß.(..) Wir fassten und fassen den Nationalsozialismus als eine bewusst antiimperialistische Bewegung auf deren Nationalismus sich beschränkt auf Erhaltung und Sicherstellung des Lebens und des Wachstums der deutschen Nation ohne über irgendwelche Herrschaftstendenzen über andere Völker und Länder. Für uns war und ist daher die Ablehnung des vom internationalen Kapitalismus und vom westlerischen Imperialismus betriebenen Interventionskrieges gegen Russland eine selbstverständliche Forderung, die sich ebenso aus unserer Idee wie aus den Notwendigkeiten einer deutschen Außenpolitik ergibt. (..) Wir hielten und halten den Nationalsozialismus vor allem aber für die große Antithese des internationalen Kapitalismus, der die vom Marxismus geschändete Idee des Sozialismus als der Gemeinschaft einer Nation zugunsten dieser Nation durchgeführt und jenes System die Herrschaft des Geldes über die Arbeit bricht, das die Entfaltung der völkischen Seele und die Bildung einer wahren Volksgemeinschaft zwangsläufig verhindert.“ Otto Strasser versuchte danach für seine „Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten“ bei gemeinsamen Diskussionsveranstaltungen KPD Mitglieder zu gewinnen, was jedoch nicht gelang. Im Gegenteil, viele „linke“ NSDAP Mitglieder wechselten zur KPD.  1932 bot Reichskanzler Kurt von Schleicher Gregor Strasser die Vizekanzlerschaft und das Amt des preußischen Ministerpräsidenten an, um die NSDAP zu spalten. Gregor Strasser konnte sich nicht zum Bruch mit Hitler durchringen, obwohl er wahrscheinlich mehr als die Hälfte der NSDAP Reichstagsabgeordneten hinter sich hätte vereinen können.  Über die „Schwarze Front“ der Strasser-Brüder schreibt Otto-Ernst Schüddekopf  in „Nationalbolschewismus in Deutschland 1918-1933: „Parallel zu diesem taktischen Zusammengehen untergeordneter Verbände ging der ideologische Kampf gegen die KDP. Sie habe vor den Aufgaben der deutschen Revolution versagt und sei Opfer der „kommunistischen Weltmisserfolge“. Die KPD als Organisation sei zu revolutionären Taten völlig unfähig. Für viele Kampfgenossen schien es allerdings verfänglich zu sein, die Wesensverschiedenheiten der KPD und der KGRNS „zugunsten der taktischen Gleichgerichtetheit zurücktreten zu lassen“, sei es wegen der Anziehungskraft der großen Zahl, sei es im Glauben an die „Nationalisierung“ der KPD.(…) Die von Strasser gegründete „Schwarze Garde“ sollte an der Spitze von SA, Stahlhelm, Reichsbanner und Rotfront den Kampf für die sozialistische Revolution und den nationalen Freiheitskrieg führen.“

Die nationale Politik der KPD, die in der SPD den Hauptfeind sah, endete mit der „Machtergreifung“ Hitlers. Kommunisten kamen nach dem Reichstagsbrand als erste in die Konzentrationslager. Auf Ernst Niekisch berufen sich aktuelle Nationalrevolutionäre, rechtsradikale Parteien und Strömungen. Diese verstehen sich keineswegs als antikommunistisch, sondern als antiwestlich, antiamerikanisch, antizionistisch und antiindividualistisch. Nationalrevolutionäre strebten und streben eine „Querfront“ an: auf nationaler Ebene arbeiten sie an einem Bündnis zwischen rechts- und linksradikalen Gruppierungen zur Abschaffung des liberalen Rechtsstaats und Ausmerzung des „Amerikanismus“. Weltweit unterstützen Nationalrevolutionäre nationalistische, regionalistische und islamistische Bewegungen und Regimes, besonders wenn diese sich offensiv gegen die Vereinigten Staaten von Amerika wenden. In der nationalbolschewistischen Tageszeitung „Junge Welt“ schreiben deren Autoren gegen Israel, gegen die USA und gegen das „Finanzkapital mit ihren Heuschrecken“. Jürgen Elsässer propagiert offensiv eine „Volksfront“ gegen das von den USA beherrschte Finanzkapital, bezeichnete die demonstrierenden Frauen und Männer im Iran, „Discomiezen“, „Drogenjunkies“ und „Strichjungen des Finanzkapitals“ und gratulierte Ahmadinejad zum Wahlsieg. Der „Kommunistische Bund“ schrieb 1973: „Der Konflikt im Nahen Osten kann nicht anders gelöst werden als durch die Zerschlagung des zionistischen Staates“. „Es sind aber nicht nur etablierte, konservative Kräfte Europas, die sich dem Zeitgeist der Islamophobie entgegensetzen. Nationalrevolutionäre Europäer haben seit je die Verbindung mit der arabischen (…) Welt gesucht (…), schreibt 2004 Martin Schwarz in der Neonazi-Zeitschrift „Junges Forum“. Johann Scheringer, Vorsitzender der PDS-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, sagte im Interview mit der Nazizeitung „Junge Freiheit“ 1994: “Ich möchte mich nicht als Antinationalisten bezeichnen“. Im Untertitel des Interviews hieß es: “Überdenkt die Linke ihr stiefmütterliches Verhältnis zur Nation?“ Nach den Vorfällen auf der „Mavi Marmara“, wobei sich die Linksparteiabgeordneten Paech, Höger und Groth faktisch als Kombattanten der Hamas betätigten, forderte im sächsischen Landtag die NPD Fraktion: „“Keine Zusammenarbeit mit ‚Schurkenstaaten’ – Sächsisch-israelische Partnerschaft beenden”. Die linke „Antifa“-Gruppe B5 verhinderte in Hamburg mit Gewalt und Parolen wie „Ihr Judenschweine“ im Jahre 2009 den Film von Claude Lanzmann „Warum Israel“. Der „Israelkritiker“ und gern gesehene „Vorzeigejude“ Ilan Pappé, der in seinen Publikationen, ohne jeden Beweis, von „systematischer  Vertreibungspolitik gegen die Palästinenser“ schreibt, gab der „National-Zeitung“ am 21.03.2008, der „Jungen Welt“  am 05.12.2009 und dem „Freitag“ am 16.01.2011 ein Interview. Im Gespräch mit Erhard Düvel von der „National-Zeitung“ meinte Ilan Pappé, neben anderen unfassbaren Aussagen, dass der 14. Mai 1948 für die Völkergemeinschaft kein Grund zum Feiern sei. Auf Demonstrationen gegen den Staat Israel marschieren rechte und linke „Friedenskämpfer“ vereint gegen die „US-israelische Weltherrschaft“. Ihr kollektives antisemitisches Weltbild demonstrieren sie mit gemeinsamen „Uniformen“, dem islamfaschistischen Palästinensertuch. Ihre verkürzte Kapitalismuskritik, die sich ausschließlich auf das Finanzkapital bezieht, ist kompatibel mit dem Parteiprogramm, dem 25-Punkteprogramm, der NSDAP.

In diversen „linken“ Online-Foren werben, teilweise unter dem Schutz der Moderation, BloggerInnen mit  völkischer, verkürzter antikapitalistischer und antiimperialistischer Rhetorik für die sozialdarwinistischen Theorien Silvio Gesells. Gesells Menschenzuchttheorien, inklusive seiner „Verteufelung des Zinses“, wurden in diesen „linken“ Foren im Jahre 2010 „emanzipatorisch“ idealisiert. Boykottaufrufe gegen Israel, nach dem Motto, „Deutsche wehrt euch, kauft nicht bei Juden“, Vergleiche von Israel mit dem Apartheitsstaat Südafrika, Forderungen nach teilweiser Einführung der Scharia, sprich „Scharia-konformer Finanzprodukte“, sind täglich in den Userforen  „irgendwie linker“ Wochenzeitungen zu lesen. Antisemitismus, Antizionismus, gepaart mit großem Verständnis für den menschenverachtenden Terror von Hamas und Hisbollah, blindem Hass gegen die USA und verkürzter, personalisierter Kapitalismuskritik sind nicht nur auf den rechtsradikalen Seiten von NPD und „Nationalen Sozialisten“ zu finden, sondern auch in den Online-Foren irgendwie linker Zeitungen. Die biologisierte Kapitalismuskritik, das antimoderne, vernunftfeindliche und gegenaufklärerische Weltbild, Marke NSDAP oder Niekisch hat, spätestens seit der „deutschen Wiedervereinigung“ Einzug gehalten in vielen „linken  Meinungsmedien“. An dem Querfrontdenken der antiwestlichen, antiamerikanischen, antizionistischen, antisemitischen und antiindividualistischen „Betonköpfe“ einer „Berliner Online-Community“ hätte Ernst Niekisch mutmaßlich viel Freude gehabt. Der KPD um Karl Radek  kann zu Gute gehalten werden, dass sie nichts über die Zeit von 1933 bis 1945 wissen konnte und das es in den angesprochenen Phasen auch Gegenkräfte zum nationalbolschewistischen Kurs gab. Den „Bonus der Unwissenheit“ können „Linke“, im 21. Jahrhundert, nach zwei Weltkriegen, Auschwitz und dem Nationalsozialismus nicht für sich beanspruchen. Von degenerierten, geschichtslosen und nationalbolschewistischen „Linken“ dürfte auch in der nächsten Wirtschaftskrise nicht viel Positives zu erwarten sein, wiewohl in Krisenzeiten eine humanistische, weitsichtige und emanzipatorische Linke besonders nötig wäre.

Quellen: Otto-Ernst Schüddekopf – Nationalbolschewismus in Deutschland 1918-1933
Zeev Sternhell -  Die Entstehung der faschistischen Ideologie
Thomas Haury – Antisemitismus von links
Reinhard Kühnl  – Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten
Hans Mommsen – Die verspielte Freiheit


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