Ich kreiere mal das Unwort des Monats und das lautet:
Niedrigschwellig
Dieses Wort durchzieht die Bundestagsreden zum Thema gemeinsames Sorgerecht mMn in abstoßender Art und Weise. Die Bezeichnung soll anscheinend suggerieren, das Väter wegen eines läppischen Gerichtsverfahrens kein Theater machen sollen, ist ja schließlich nichts Schlimmes. Das im Familienrecht Anwaltszwang herrscht und daraus resultierend enorme Kosten entstehen, wurde daher in den Reden nicht erwähnt.
Gut fand ich hingegen, das Katja Dörner von den Grünen daran erinnert hat, das unsere derzeitige Justizministerin nach der Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgericht lauthals verkünden ließ, das ein entsprechender Gesetzesentwurf bereits in ihrer Schublade läge. Das war im Sommer 2010 - aber das nur so nebenbei.
Die Bemerkung von Ute Granold, das Väter bereits heute Möglichkeiten hätten, das gemeinsame Sorgerecht zu bekommen und Ihnen dadurch keine Rechtsnachteile entstehen würden, fand ich hingegen fast schon schändlich. Ihre Meinung dazu ist, das sie diese Aussage auf Grund eigener Erfahrung machen könne. Da sie als Scheidungsanwältin (nach eigenen Angaben seit mehr als 30 Jahren) mehrere Väter vertreten würde und alle Anträge vom Familiengericht angenommen worden seien, sehe sie keine Nachteile. Na prima, macht sie das für Väter vielleicht umsonst oder evtl. mit niedrigschwelligerem Honorar?
Erstaunt war ich allerdings, das die CDU/CSU die Jugendämter außen vor lassen will. Die Begründung von Ute Granold hierfür lautet:
weil eine negative Stellungnahme eines Jugendamtes bei Gericht nur sehr schwer auszuräumen ist.
Aha… man ist sich des Sprengstoffs, der vom Jugendamt ausgeht, wohl bewusst. Trotzdem wurden die Kompetenzen der Jugendämter erst kürzlich erweitert.
Christine Lambrecht (SPD):
Das heißt, Väter, denen bisher das gemeinsame Sorgerecht verweigert wurde, haben jetzt die Möglichkeit, entgegen der früheren Rechtslage wenigstens dafür zu kämpfen, dass auch ihnen die elterliche Sorge übertragen wird.
Genau diesen Rechtskampf hat auch der ehemalige Richter Hans-Christian Prestien bemängelt. Herr Prestien findet das Antragsmodell, sowie das Widerspruchsmodell falsch. In beiden Fällen müssten Eltern wieder um Rechte kämpfen, wo es doch eigentlich um ihre Pflichten gehen würde, die sie vom Tage der Geburt an hätten. Hier
Den Vogel hat aus meiner Sicht Stephan Thomae (FDP) abgeschossen. Er ist der Meinung, das 8 Wochen für eine Entscheidung zum gemeinsamen Sorgerecht den Vätern nicht reichen. Wer nach 8 Wochen noch nicht weiß, ob er dieses nun ausüben möchte, der weiß das auch nach 10 oder 12 Wochen nicht. Meine Vermutung geht daher eher in die Richtung, das er den Müttern eine längere Schonfrist verschaffen will. Meine Bedenken resultieren aus seinen Antworten auf Abgeordnetenwatch, wo er zur favorisierten Widerspruchslösung Stellung bezieht. Er begründet dieses folgendermaßen:
Ein Widerspruchsrecht für die Mutter ist auch bei der Novellierung des Sorgerechts unerlässlich. Denn es wird immer Konstellationen geben, in denen es berechtigte Interessen der Mutter gibt, das Sorgerecht des Vaters zu verhindern. Hätten wir dann ein grundsätzlich uneingeschränktes Sorgerecht für unverheiratete Väter, wäre die einzige Möglichkeit der Mutter das Sorgerecht des Vaters zu verhindern, der Vaterschaftsanerkennung nicht zuzustimmen. Dies hätte jedoch zur Folge, dass das Kind dann ohne rechtlichen Vater aufwachsen würde. Damit würde dem Kind aber nicht nur ein Unterhaltsverpflichteter fehlen, sondern es würde auch kein Umgangsrecht für den biologischen Vater entstehen.
Wer sich die 4 Fragen bzw. Antworten von Stephan Thomae zum Thema gemeinsames Sorgerecht anschauen möchte, der sollte auf Abgeordnetenwatch bei Auswahl der Fragen und Antworten auf Familie gehen. Hier
An eine Widerspruchslösung für Väter gegen ein Sorgerecht für Mütter hat anscheinend noch keiner gedacht. Wenn bei Vätern ein Generalverdacht wegen häuslicher Gewalt und Vergewaltigungen besteht, dann muss auch ein Generalverdacht gegen Mütter erlaubt sein, da die größte Gefahr für Neugeborene von Müttern ausgeht.
Zum Antrag der Grünen habe ich bereits Stellung bezogen. Hier
Deutscher Bundestag • Stenografischer Bericht • 88. Sitzung
Plenarprotokoll 17/88 • Berlin, Freitag, den 28. Januar 2011
Beratung des Antrags der Abgeordneten: Katja Dörner, Ingrid Hönlinger, Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 17/3219): Gemeinsames elterliches Sorgerecht für nicht miteinander verheirateter Eltern.
Reihenfolge Redner:
Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) • Ute Granold (CDU/CSU)
Katja Dörner (Bündnis90/Die Grünen) • Christine Lambrecht (SPD)
Stephan Thomae (FDP) • Jörn Wunderlich (Die Linke)
Für Jene, die sich nicht das ganze Plenarprotokoll runterladen und/oder nur das Thema “Gemeinsames elterliches Sorgerecht” lesen und verbreiten wollen, habe ich ein PDF-Dokument erstellt. Hier Bundestag Plenarprotokoll hier
WikiMANNIa: Sorgerecht • Trennungsväter • TrennungsFAQ • Umgangsrecht