Niedersächsische Musiktage 2012 - grandioser Auftakt in Duderstadt: dritter Teil
Noch längst nicht zu Ende sind die Niedersächsischen Musiktage (bis 30.9.) - bevor ich zum dritten Mal aus Duderstadt berichte, hier ein paar Hinweise auf kommende Veranstaltungen:
5.9. und 9.9. in Otterndorf im Gefängnis bzw. in Bad Nenndorf im Kino:"Liberty", Dick und Doof auf der Flucht aus dem Gefängnis, musikalisch begleitet (Trompete, Klavier, Schlagzeug); 6.9. und 7.9. in Nienburg und in Göttingen mit Klaus Maria Brandauer Worte und Musik über und von Mozart - "Frei oder nicht frei?"; 8.9. ab 17 Uhr im Vogelpark Walsrode ein Wandelkonzert "Wenn ich ein Vöglein wär ...". Das Programm ist hier zu finden.
Doch zurück zum Eröffnungsfest in Duderstadt:
Nach der Aktion im Grenzlandmuseum gab es ein Wandelkonzert in der Altstadt Duderstadts (ab 18 Uhr) - "Stadtluft macht frei": Das Ensemble Alta Musica spielte mittelalterliche Musik von den Dächern (und Mauern) der Stadt.
Der Pressetext beschreibt es so:
"Am Samstag trifft sich das Publikum um 18 Uhr unter dem Motto „Stadtluft
macht frei“ am Westerturm zu einer ganz besonderen Stadtführung durch
die mittelalterlichen Gassen Duderstadts. Entlang der Stadtmauer führt
der Weg, ist diese doch Symbol für frühe bürgerliche Selbstständigkeit.
Nicht zum Einsperren war sie da, sondern zum Schutz vor der Willkür von
Räubern und Despoten. Welch trutziges Selbstbewusstsein sie vermittelt,
beweist dabei nicht nur die Stadtführerin im historischen Kostüm,
sondern zudem die Musiker des Ensembles Alta Musica, die Türme,
Sträßchen und die Stadtmauer bespielen und so eine faszinierende
klangliche Zeitreise ermöglichen. Außerdem bieten Marktstände regionalen
Köstlichkeiten, bei denen man sich stärken kann, bevor es mit dem
großen Abendkonzert, Georg Friedrich Händels „Israel in Egypt“,
weitergeht."
Das war tatsächlich eine erfrischende, zum freien Durchatmen geeignete Zwischenveranstaltung mit Hörgenüssen aus dem 13. und 14. Jahrhundert.
Beim Spaziergang konnte man immer wieder den Blick auf den merkwürdigen gedrehten Turm des Westertors werfen; ein vergoldetes modernes Gebäude im Vordergrund nahm die Formen des Turms auf.
Und dann am Abend der großartige Abschluss (ab etwa 20.30 Uhr nach einigen Reden vor der Kirche - das muss wohl sein ...) mit einem Händel-Konzert unter der Überschrift "Aus der Sklaverei in die Freiheit" - das gar kein reines Händelkonzert war. Zur großen Verblüffung begann das Konzert mit orientalischen Geigenklängen.
Ich zitiere wiederum den Ankündigungstext:
"Die große Höhepunktveranstaltung beginnt am Samstag um 20 Uhr in der St.
Cyriakus-Kirche, in der ein Klassiker der christlichen
Oratoriumsliteratur zu einer interkulturellen Begegnung auf musikalisch
höchstem Niveau wird. Händels „Israel in Egypt“ erzählt vom Auszug der
Sklaven aus Ägypten und formuliert die Freiheitsidee unter anderem mit
mitreißenden Chorpartien, die hier der Tölzer Knabenchor interpretiert.
Doch neben dem Barockorchester l’arte del mondo kommen auch neue Stimmen
hinzu, faszinierende Gesänge und Melodien, die den Mythos aus anderer
Perspektive beleuchten. Der israelische Oud-Spieler und Violinist Yair
Dalal, sowie das Ensemble Al Ol mit Musikern aus dem
arabisch-muslimischen Kulturkreis beteiligen sich und beweisen so, dass
gerade altvertraute Erzählungen dazu dienen können, Grenzen zu
überwinden, Verständnis zu schaffen für fremde Blickwinkel und zugleich
überraschende Gemeinsamkeiten zu entdecken." (Hervorhebung von mir, H.M.) Was in dem Zitat nicht enthalten ist - Dirigent des Barockorchesters l'arte del mondo: Werner Ehrhardt.
Die Texte des Oratoriums (auf Englisch gesungen) darf man sich allerdings nicht genauer anschauen - gewiss, ein lobenswerter Versuch der Integration, aber die Dominanz des Christentums aus jener Zeit wird doch sehr deutlich; übrigens auch musikalisch: nachdem der eine der muslimischen Musiker sein Solo beendet hatte, sah ich ihn zusammenzucken, als der Chor gewaltig einsetzte. Dennoch: ein großartiges Gesamterlebnis mit überraschenden Akzenten.
Text bis auf die Zitate und Fotos außer den beiden letzten: Dr. Helge Mücke, Hannover; die beiden unteren Fotos wurden als Pressefotos zur Verfügung gestellt (keine freie Verfügbarkeit), Fotografen nicht genannt.