Sparen, sparen, sparen. So lautet das Motto der Niederländer. Egal ob Staat, Unternehmen, oder Private – überall werden nach Möglichkeit die Ausgaben reduziert. Dementsprechend kommt auch die Wirtschaft nicht vom Fleck. Schuld daran ist unter Anderem auch die geplatzte Immobilienblase, sowie die europäische Wirtschaftskrise.
Im Zuge der niederländischen Immobilienkrise sind die Gebäudepreise massiv zusammengebrochen. Beinahe ein Drittel beträgt der Wertverlust seit dem Beginn der Krise 2008. Entsprechend geraten auch die Banken – und somit auch die Immobilienbesitzer – unter enormen Druck, zumal wie in den USA angesichts der steigenden Preise oftmals 100-120% des Immobilienwerts in Form von Hypothekarkrediten ausgegeben wurden. Seit 1996 als die Summe der Hypotheken noch bei etwa 45% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) lag, hat sich das Hypothekenvolumen inzwischen auf etwa 100% des BIP erhöht.
Immobilien- und Bankenkrise
Für die Besitzer von Immobilien die mit Hypotheken belastet sind, ist die aktuelle Situation eine enorme Belastung. Immerhin weisen die Hypotheken dadurch eine zu geringe Deckung auf, so dass die Banken unter Zugzwang geraten. Ein Vergleich mit der amerikanischen Subprimekrise drängt sich hier auf. Auch dort folgte nach dem Zusammenbruch des Immobilienmarktes eine Bankenkrise, welche in Kombination mit den Zwangsräumungen der überschuldeten Häuser zu massiven sozialen Problemen führte. Die viertgrößte niederländische Bank, die SNS Reaal, musste im Zuge der geplatzten Immobilienblase erst im Februar 2013 verstaatlicht werden. Kostenpunkt der Verstaatlichung: Vorläufig 3,7 Milliarden Euro.
Steigende Steuern – sinkender Konsum
Inzwischen sitzen rund 400.000 niederländische Haushalte auf einem Schuldenberg, den sie angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds kaum bewältigen können. Dies sind immerhin rund 10% aller Immobilienbesitzer im Königreich. Da diese Menschen überall sparen müssen, um die Hypotheken bedienen zu können, sinkt natürlich auch die Konsumfreude. In Kombination mit den teilweise stark gestiegenen Steuern und sinkenden Staatsausgaben ist dies für die niederländische Binnenkonjunktur eine gefährliche Mischung. Die niederländische Regierung hatte sich erst diesen Monat auf ein Sparpaket im Umfang von rund 6 Milliarden Euro geeinigt, welches nach der Sommerpause verabschiedet werden soll.
Neben einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf nunmehr 6,8% sinkt auch der Binnenkonsum seit zwei Jahren stetig weiter. Alleine im Mai 2013 lagen die Konsumausgaben um 1,8% unter jenen vom Mai 2012. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Immerhin erlebt das Land nun schon die dritte Rezession seit 2009. In diesem Umfeld ist es nicht verwunderlich, dass im ersten Halbjahr 2013 eine Rekordzahl an Firmen angesichts der rückläufigen Umsätze in die Pleite schlitterten.
Bilanzrezession im Anmarsch
Ökonomen sprechen in diesem Zusammenhang von einer "Bilanzrezession", welche sich durch einen hohen Verschuldungsgrad und verminderte Konsumausgaben bemerkbar macht. Die Menschen versuchen in so einer Situation vermehrt Geld zu sparen und die Kredite zurückzuzahlen. Doch da nicht nur die Bürger sparen, sondern auch die öffentlichen Haushalte sich einer strikten Haushaltsdisziplin unterwerfen, gerät die Realwirtschaft unter Druck. Das ganze auf Pump finanzierte Wirtschaftswachstum wird dadurch sozusagen wieder rückabgewickelt, da die angehäuften Schuldenberge reduziert werden sollen. So schrieben die Analysten der Bank Nordea vergangenen Donnerstag: „Eine lange Bilanz-Rezession mit mehreren Runden Austerität und steigender Sparmüdigkeit führt üblicherweise zu einem Abrutschen der Staatsfinanzen. Und das ist ein häufiger Grund für Abstufungen".
Kredite als gefährlicher Wachstumsmotor
So zeigt sich auch, dass ein kreditfinanziertes Wirtschaftswachstum langfristig zu gewaltigen Problemen führen wird, wenn man nicht auf einen funktionierenden Geldkreislauf achtet. Je größer die Kreditsummen im Vergleich zur Wirtschaftsleistung sind, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit einer solchen Bilanzrezession. Eine Volkswirtschaft nutzt Kredite um Werte zu schaffen, und versucht dabei, diese Kredite auch wieder nebenbei zu tilgen. Steigt das Kreditvolumen zu stark an, verschiebt sich auch das benötigte Tilgungsniveau nach oben, so dass früher oder später auch der Konsum darunter leidet. Sinkt jedoch der Binnenkonsum (ohne Ausgleich durch Exporte), führt dies unweigerlich in eine Rezession, welche durch die in diesem Artikel bereits angeführten Effekte immer weiter verstärkt werden.
Im Falle der Niederlande gibt es nur noch wenige Möglichkeiten, diesen Wirtschaftsabschwung aufzuheben: Eine Möglichkeit liegt darin, die Staatsausgaben im Konsumbereich auszuweiten, um so die Binnennachfrage anzukurbeln. Dies ist jedoch teuer, und sorgt dafür, dass die staatlichen Sparmaßnahmen in einigen Jahren noch drastischer werden müssen. Eine weitere Möglichkeit liegt in der Ausweitung der Inflation. Dadurch werden die Schulden (und die Sparguthaben) real entwertet, während die umlaufende Geldmenge immer weiter ansteigt. Doch innerhalb des Euroraums ist dies derzeit nur eingeschränkt möglich. Die unwahrscheinlichste Möglichkeit läge in einer Geld- und Finanzreform, in der die monetären Verhältnisse (wie bei der Währungsreform 1948 in der BRD) neu geordnet werden.