Eigentlich verbindet die in Florida lebendende Nicole Hart mit der Australierin Anni Piper nicht sehr viel außer der Tatsache, dass beide seit 2008 bei Blues Leaf unter Vertrag sind. Die Idee, ein gemeinsames Album der beiden Sängerinnen aufzunehmen kam Produzent Joe Morabia spontan beim Hören einer Radiosendung, in der unabhängig voneinander beide Bluesladies interviewt wurden. „Split Second“ ist entgegen aller Befürchtungen kein „gecastetes“ Album sondern eine wirklich runde Bluesscheibe geworden.
Die Konstellation ist nicht sofort einleuchtend: Auf der einen Seite Nicole Hart, eine Sängerin, die nicht nur in der Tradition zeitgenössischer Sängerinnen wie Bonnie Raitt oder Janiva Magness steht sondern ebenso überzeugend auch jazzigere Bluesinterpretationen darbietet. Auf der anderen Seite Anni Piper, Bluesrockerin mit einem Faible für den heftigen Texasblues. Und mit ihrem Bass treibt sie jede Band gewaltig an. Aber gemeinsam mit einer großartig aufgelegten Band mit den zwei so unterschiedlichen Gitarristen Ron Rauso und Juke Joint Jonny (zuständig für akustische Gitarren und Dobro), Sandy Mack an der Bluesharp und Schlagzeuger Sim Cain sind hier Songs aufgenommen worden, die ungefähr in der Mitte der angestammten Territorien liegen: Klassiker wie Memphis Slims‘ „Clap Your Hands“ oder Janis Joplins „One Good Man“ treffen auf eigene Stücke wie Pipers eindringliches „Ain‘t Nobody Watchin“ und Harts „Listen To The Rain Fall“. Die Frauen wechseln sich im Leadgesang ab oder lassen gemeinsam keine Fragen über Frauenpower im Blues offen (schon der Opener „Can‘t Let You Go“ macht das absolut klar). Wenn die „Blues Broads“ für die inzwischen ältere Generation der Frauen im Blues steht: Auch bei den jüngeren Kolleginnen ist das Erbe von Bessie Smith, Koko Taylor oder Janis Joplin in guten Händen. (Blues Leaf)