Nicken bis zum Genickbruch

Wir leben im Zeitalter des i, gesprochen ei, wie das Ovum oder der Freibeuter Kampf- und Trinkruf, oder auch mal englisch als Ich oder eye, wie das menschliche Auge. Das i ist der wohl facettenreichste Vokal im ganzen Alphabet. In den Strich und Punkt passt mehr Inhalt als in den Venti-Becher bei Starbucks. Ein Supersized-Buchstabe, ein Mega-Ding ist das kleine I. Damit lassen sich nämlich nicht nur viele Dinge betiteln, sondern auch gut Asche verdienen. Das hat Apple als Legehenne einer ganzen Riege von Ei-Produkten vorgemacht. Und so glauben heute alle, solange ein i drin ist, ist es erfolgsversprechend, was sie machen.

 

Darum wird seit einiger Zeit auch eye-getrackt. Irgendwo zwischen Surveillance-Paranoia und touchfree Technikeuphorie stehe ich zu dieser schönen neuen Weltneuheit. Denn Medien machen ja nicht nur, was sie sollen, sondern sie machen auch etwas mit mir. In diesem Fall macht mich das Telefon zum Nicker. Denn während ich mir angewöhnt habe im Alltag so bewegungsminimalistisch unauffällig wie nur irgendmöglich nach Preisschildern und hübschen Herrenhintern zu gucken, soll ich jetzt theatralische Kopfschwünge ausführen, um ein paar mehr Zeilen zu lesen. Resultat: Ich lese Texte auf dem Handydisplay nur noch bis zum ersten Stopp und höre dann auf. Denn in heftiges Nicken verfalle ich nur, wenn man mir ein Nickerchen anbietet. Damit hört die unversalpositive Geste dann auch auf.

Dabei ist die Grundidee, der anfassfreien Bedienung ganz fabelhaft. Wie oft habe ich schon über die vielen Bakterien nachgedacht, die ich mir mit meinem Handy ins Gesicht drücke!! Doch das Nicken ist neu und verlangt mir ab, mein Verhalten an die Technik anzupassen. Das war beim Wischen auch schon so. Vielleicht muss das auch so. Sieht die Zukunft vielleicht so aus: Wir tanzen grobgestikulierend durch Büros und Wohnungen. Der Kühlschrank öffnet sich, wenn ich die Hände auseinanderklappe, die Temperatur unter der Dusche wird heißer, wenn ich eine Feuerzeug-Zünd-Bewegung vollführe und das Licht geht an, wenn ich pantomimisch das Einschrauben einer Glühbirne nachstelle. Wir fassen dann zwar nichts mehr an und kriegen keine Keime ab, aber dafür stehen wir mit leeren Händen da. Jedes Handeln ist dann nur noch eine Gebärde, nur Mimicry, alles nur Show und Theater. Und im schlimmsten Fall merken wir es nicht einmal, denn die Technologie hat uns längst zum monotonen Nicken erzogen.



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