Nichtverstandenen Wünsche, Teil 1

Von Andramas

Alle Mädchen der Kita haben mindestens eine Puppe, die einst der Bild-Lilli nachempfunden ward. Bis auf die kleine Xenia, deren Eltern solches Spielzeug nicht wollen.

Wahrscheinlich – dürfen wir vermuten – halten Xenias Eltern den Körper des Spielzeuges (99-46-84) für sexistisch. Die Puppe entspricht nicht dem ästhetischen Empfinden. Sie vermuten, dass solcher Körper Essstörungen auslösen könne. Und wenn sich ihre Xenia beständig mit einem fiktiv vorgegebenem Ideal vergleicht und dabei zugleich erkennen muss, dass sie dem Ideal nie entsprechen kann, wird sie vielleicht psychisch und so weiter. Oder-oder-oder-… 1000 Gründe gibt es für eine Ablehnung, deren kürzester: WEIL DIE ELTERN – kurzundknapp – DAGEGEN SIND. Was natürlich die Wünsche ihres Kindes in Bezug auf diesen Gegenstand nicht verringert, sondern statt dessen verstärkt.

“Und?”, fragte eines trüben Novembertages die Urgroßmutter. “Und, Xeni, was wünschste-dir zu Weihnachten?”

Wir ahnen den Wunsch – eine Barbie soll es unbedingt sein.

Leider kennt sich Granny nicht gut aus. Wenn das Enkel eine Puppe will, denkt sie, soll es eine haben. Auch gegen den Wunsch der Berechtigten.

Es geschieht also: Fest. Feier. Stimmung. Tannengrün. Kerzen. Geschenkpapier. Schleifen. Musik. ~

Regieanweisung: Gruselmusik aus dem Off,
lauter werdend.

Kurz danach: DER SCHREI!

“Das ist keine Barbie!” brüllt das Kind und pfeffert die Alternative nebst Karton in die Ecke.

~

Kind enttäuscht, Oma erschrocken, Mutter empört, der Vater im Zorn. It’s Christmas time.