Nicht wollen können oder nicht können wollen

Von Lukas Röthlisberger @Adekagabwa

Es ist erstaunlich, wie oft wir doch das Wort KÖNNEN verwenden, wo eigentlich das Wort WOLLEN richtig wäre. Es ist reizvoll, sich selber zu beobachten und wahrzunehmen, wann das Wort können auftaucht:

„Ich kann heute nicht zu Dir kommen“ sage ich vielleicht – und meine: „Ich will nicht, weil ich schon etwas anderes vor habe.“
Oder ich erkläre: „Diese Aufgabe kann ich wirklich nicht übernehmen“ und meine eigentlich: „Ich will sie nicht übernehmen, weil ich schon zu viel zu tun habe (- oder weil ich die Aufgabe zu wenig beherrsche).”

Ja, selbst wenn ich sage: „Ich kann das nicht verstehen, weil ich leider kein Chinesisch kann“ meine ich wohl: „Ich verstehe es nicht, weil ich mir keinen Übersetzer suchen will, weil ich nicht chinesisch lernen will und weil ich es vielleicht gar nicht wirklich wissen will.“

Immer wenn ich sage “Ich kann nicht” dann  ist da irgend eine unbekannte Instanz, die mir die Ausführung verunmöglicht – ich gebe die Verantwortung dorthin ab: ich kann nichts dafür.
Sag ich aber “ich will nicht”, dann übernehme ich selber die Zuständigkeit, und entscheide, so wie ich es gerne möchte.

Meistens wollen wir nicht, wenn wir können sagen.
Aber gelegentlich können wir Dinge tatsächlich nicht, selbst wenn wir wollen!

Zum Glück.
Lasst uns den Unterschied finden.


Lyriamudaia / 46 x 38 / Oelpastell auf Aquarellpapier / 2005, Nr 05-043


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