Nicht schön und doch gut

Nicht schön und doch gutIceage 
„You’re Nothing“ 
(Matador)
Es passiert ja nicht alle Tage, dass aus dem eigentlich recht behütet, zuweilen auch verschlafen wahrgenommenen Königreich Dänemark dieser Tage kulturell Maßgebliches ins Sichtfeld des sehr von sich eingenommenen Mitteleuropäers rückt – Peter Høeg und Lars von Trier für den Intellekt, Volbeat für’s grobe, die Olsenbande und ein wenig Royality für’s einfache Gemüt – that’s it. Umso erstaunlicher: Kaum ein anderes Punk-Album der letzten Jahre hat wohl derart aufhorchen lassen und für bemerkenswert einhelliges Kritikerlob gesorgt wie das Debüt des Kopenhagener Quartetts Iceage. Seit 2008 sind die Jungs um Sänger Elias Rønnenfelt als Band aktiv, 2011 kam dann besagtes „New Brigade“ auch über die Landesgrenzen hinaus zu verdientem Erfolg und nun folgt mit „You’re Nothing“ die zweite Platte.
Würde man aus den Texten zu jedem Song des aktuellen Werks jeweils ein Schlagwort destillieren und diese wiederum gesammelt in ein passendes Suchregister eingeben – man käme zwangsläufig und ohne die Musik dazu gehört zu haben zum Oberbegriff Punkrock: Pressure, Excess, Misadventure, Grace, Disappear, Violence, Lost, Waiting, Uncertain, Mistrust, Nothing – elf Begriffe, die sinnbildlich für die Adoleszenz in den Problemzonen moderner Großstädte stehen, die für Iceage auch den ‚Soundtrack of our lives‘ definieren. Schmerzvoll klirrende Gitarrenparts, dreckig gurgelnder Bass und kompromisslose Drums, die Stimme dazu ein Stöhnen, Wüten und sich überschlagendes Schreien, oft unverständlich oder von der Wucht der Instrumente überwältigt.
Irgendwie erinnert Rønnenfelts Auftreten doch ein wenig an die gepeinigte Attitüde eines Ian Curtis, auch wenn der Band selbst natürlich die Melodieverliebtheit und rythmische Präsenz des Post-Punk komplett abgehen. Ihre Sache ist, auch auf dem neuen Album, die lautstarke Auflehnung, die Anklage, das Lamento. „In pleasant cages through adolescense, we’re out of time, it’s closing in...“ heißt es in „Awake“, kurz zuvor haben sie den Zuhörer mit „It Might Hit First“ dem nächsten Tinitus schon einen Schritt näher gebracht. Nicht eben leichte Kost also, aber ein archaisches Vergnügen für den, der sich drauf einlässt. Und live ganz gewiß wieder einer der heißesten Tipps dieses noch jungen Jahres. http://iceagecopenhagen.blogspot.de/
Komplettstream des Albums auf Pitchfork.Advance.
07.03.  Leipzig, UT Connewitz
08.03.  Münster, Gleis 22
10.03.  Hamburg, Hafenklang

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