Nicht nur Politiker, wir sind alle überfordert!

Erstellt am 2. Februar 2016 von Oliver Alois Ernst John

Politiker verstehen sich aufs politische Spiel. Sie wissen zu unterscheiden zwischen Freund und Feind, erkennen schnell, was und wer ihnen nützt und was und wer ihnen schadet. Ihre Kompetenz ist die Vertretung von (meist monetären) Interessen. Der eigenen und derjenigen ihrer Klientel. Mehr und anderes von ihnen zu erwarten, ist nicht nur unangemessen, sondern auch naiv.

In „normalen“ Zeiten funktioniert das in gesellschaftlich und ökonomisch entwickelten Gesellschaften recht gut. Wird man jedoch aus der Alltagsroutine aufgescheucht, ist man schnell einmal überfordert. Da zeigt sich dann ein Maß an Unbedarftheit, das erschütternd ist. Nur Ideologie und Wunschdenken, niemand scheint sich mit der Realität auseinandersetzen zu wollen, lieber den politischen Gegner verunglimpfen. Anderes kann man halt eben nicht.

Vor dem Eintritt Großbritanniens in den Irak-Krieg wurde einem englischen Journalisten die Möglichkeit gegeben, in Tony Blairs innerem Kreis Mäuschen zu spielen. Er durfte also bei allen Beratungen mit dabei sein. Er habe sich immer vorgestellt, dass wenn Politiker Entscheidungen von großer Tragweite treffen, sie sich vorgängig bei den verschiedensten Experten kundig machen, Pro und Kontra abwägen und erst nach reiflicher Überlegung, Beschlüsse fassen würden, meinte er.

Im richtigen Leben sei das jedoch überhaupt nicht so. Im richtigen Leben würde einfach so, aus dem Handgelenk entschieden. Gründe für das, was beschlossen und entschieden wird, findet man dann später.

Nicht nur Politiker sind so. Wir alle sind so. Wir entscheiden meist impulsiv und ohne etwa vorgängig groß nachzudenken. Und legen uns dann im Nachhinein Gründe dafür zurecht, weshalb wir nur so und nicht anders haben handeln können. Und glauben es dann auch noch.

Und so sehr ein Glaube, jeder Glaube, unserem Tun und Lassen Sinn zu geben vermag, so sehr kann er uns auch in die Irre führen. Denn nichts beherrscht der Mensch besser als die Selbsttäuschung.

Genau hinzuschauen liegt uns nicht, weil wir sonst vielleicht entdecken, dass die Dinge nicht so sind, wie wir sie gerne hätten. Dann lieber Augen zu und durch. Wir schaffen das schon. Irgendwie.

Wenn Politiker sich immerfort gezwungen fühlen, zu tun, als ob sie die Dinge im Griff hätten, obwohl doch alle sehen können, dass sie völlig überfordert sind, dann lügen sie sich nicht nur etwas vor, sondern steuern in Richtung Abgrund. Und nehmen uns alle mit.