Mittlerweile wissen wir, dass in Wirklichkeit nur sehr wenige Läufer gibt, die ins Ziel eines Marathons kommen. Letztes Jahr waren es zum Beispiel nur knapp 11.000 österreichische Läufer und Läuferinnen, die die Ziellinie eines Marathons gesehen haben. Dabei sei zu erwähnen, dass Mehrfachteilnahmen nicht berücksichtigt sind. Zum Beispiel gibt es einen Marathonsammler, der letztes Jahr 32 Marathons gelaufen ist! Ich persönlich schätze, dass es pro Jahr nur etwa 8.000 Marathonfinisher aus Österreich gibt (hat da jemand genauere Zahlen?).
Dennoch redet jeder vom „Marathon“, selbst die größte Laufveranstaltung präsentiert mehr als 40.000 Marathonteilnehmer, auch wenn lediglich 6.000 die gesamte Distanz zurücklegen.
Die regelmäßigen Leser des Runtasia Infokanals kennen bereits meine Einstellung zum Marathonlauf: wer einen Marathon laufen möchte, sollte erst auf kürzere Distanzen besser werden!
- der Körper braucht viel Zeit, damit er hohe Trainingsumfänge verträgt
- das Verletzungsrisiko ist dadurch bedeutend höher
- langsame, lange Dauerläufe bewirken nur einen „schlampigen Laufstil“
- schnelles Laufen wird langfristig immer schwieriger
Gerade im Frühling beobachte ich ein Phänomen, das sich jedes Jahr wiederholt: viele Zuseher von großen Laufveranstaltungen sind von der Stimmung und dem Massenphänomen dermaßen beeindruckt, dass sie selbst mit dem Laufen beginnen. Das Frühjahr und die steigenden Temperaturen motivieren zusätzlich, und das Projekt „Marathon“ wird gestartet.
Der Start ins Laufen funktioniert meist sehr gut – erst sind zwei Kilometer geschafft, dann sind es drei, bald sind es fünf Kilometer. Der klassische Laufanfänger versucht, seine Leistungssteigerung mit den zurückgelegten Kilometern zu definieren. Er läuft immer mehr im selben Tempo und natürlich mit demselben Laufstil, einem trägen und unökonomischen! Dieser Bewegungsablauf wird im Laufe der ersten Monate dermaßen stark geprägt, dass ein Umlernen oft nur mehr schwer möglich ist!
Anfänger sollten sich deshalb zu Beginn ihrer Laufkarriere überhaupt keine Gedanken über den Marathon machen, sondern sich eher auf die interessanten, kürzeren Distanzen konzentrieren! Dieses Training ist viel abwechslungsreicher und bewirkt, dass man schneller und vor allem mit einem besseren Laufstil laufen kann. Die Distanz kommt dann von alleine!
Die persönliche Bestzeit über 5 oder 10km zu verbessern, ist meiner Meinung nach die gleich schwierige Herausforderung, wie die Zeit eines Marathons zu knacken. Das Training für kurze Distanzen ist zwar sehr unterschiedlich, oft auch anstrengender, aber es liefert die Basis für einen guten Marathon. Auch langjährige Marathonläufer sollten ab und zu einmal auf eine Marathonsaison verzichten und auf kürzere Distanzen trainieren. Gerade solche Trainingsänderungen bringen langfristig einen deutlichen Schub für die Marathonbestzeit!
Wieso kurze Distanzen:
- größere Leistungssteigerung bei geringerem Trainingsumfang
- Bewegungsapparat wird langsam auf die Belastung vorbereitet
- Erlernung eines „flotten Laufstils“ von Beginn an
- eine hohe Grundgeschwindigkeit auf kurze Distanzen bedeutet auch eine höhere Geschwindigkeit auf längeren Distanzen
- Wettkämpfe können öfters gelaufen werden
Leider haben kurze Distanzen aber einen unangenehmen Beigeschmack: sie sind kurz! Und wer will in Läuferkreisen schon mit einem 20min-Wettkampf prahlen? Ein Halbmarathon hat eine Silbe zu viel – er ist „nur der halbe“ Marathon! Deshalb zieht es so viele auf die lange Distanz, damit man dabei ist. Der Großteil scheitert aber oder zieht sich ernsthafte Verletzungen zu. Erfahrene Läufer werden jedem Beginner bestätigen können, dass der Laufsport und im speziellen der Langstreckenlauf eine Sache der Geduld und Disziplin ist. Und „echte“ Läufer wollen nicht verletzt sein, sondern laufen. Ein Leben lang!