Nicht immer nur Kritisieren: Vorschlag für ein Wohnen als Soziale Infrastruktur

Von Andrejholm

Wohnraum ist keine Ware (Hamburg, 2010) [Bild via Rasande Tysker]

Angesichts der steigenden Mieten in vielen Städten und den immer wieder aufs Neue sichtbaren Verwerfungen einer profitorientierten und marktförmig organisierten Wohnungsversorgung stellt sich regelmäßig die Frage nach den Alternativen und Konzepten, wie es anders gehen könnte. Auch in den Kommentaren hier im Blog werden von vielen Lösungen eingefordert. Einige Gedanken dazu habe ich nun zusammengetragen und unter dem Titel “Wohnen als Soziale Infrastruktur” bei links-netz veröffentlicht:

“Konzepte und Forderungen, die Wohnungsversorgung als Teil einer durchzusetzenden Sozialen Infrastruktur anzusehen, stehen vor der Herausforderung, mit dem aktuellen Modus der kapitalistischen Urbanisierung zu brechen. Die Konflikte rund um die Wohnungsversorgung wirken jedoch nicht einfach aus ihrer ökonomischen Logik heraus, sondern sind politisch administrativ eingebettet. Jede wohnungspolitische Reform steht daher auch vor der Aufgabe, die bestehenden Rahmenbedingungen des politisch-administrativen Systems zu verändern und die Interessenblöcke des aktuellen Verwertungsregimes aufzubrechen.” (Holm 2013: Wohnen als Soziale Infrastruktur, S. 5 /6)

Den vollständigen Text gibt es auch als pdf-Dokument:  Holm, Andrej 2013: Wohnen als Soziale Infrastruktur.

Was steckt hinter dem Konzept der Soziale Infratsruktur? Die Redaktion des links-netz diskutiert seit einigen Jahren unter dem Stichwort der Sozialen Infrastruktur über neue Wege einer Sozialpolitik in den entwickelten kapitalistischen Ländern. Ausgangspunkt sind dabei Überlegungen zu einer durch das hohe Produktivkraftniveau möglichen und zugleich notwendigen Umverteilung der lebensnotwendigen gesellschaftlichen Ressourcen.

Ausgehend von der Annahme, dass in den reichen Ländern Westeuropas und Nordamerikas ein ausreichendes Bruttoinlandprodukt produziert wird, um allen Bewohner/inne/n ein angenehmes und sorgenfreies Leben bieten zu können, werden wachsende Armutslagen und soziale Spaltungen als überwindbare Artefakte der aktuellen Sozialpolitik angesehen (Hirsch 2003). Anstelle der individualisierten, selektiven und in seiner Wirkung beschränkten Umverteilungsmechanismen der traditionellen bzw. keynesianischen Sozialpolitik soll nun die Bereitstellung einer Sozialen Infrastruktur treten. Verstanden wird darunter die „in der Regel kostenlose oder gegen geringes Entgelt dargebotene Bereitstellung öffentlicher, für alle gleichermaßen zugänglicher Güter und Dienstleistungen (…), die von den einzelnen nicht selbst hergestellt werden kann“ (AG links-netz 2012: 6). Konkret benannt werden die Bereiche der Gesundheitsversorgung, des Verkehrs, des Wohnens, der Bildung und der Kultur. Die Finanzierung der sozialen Infrastruktur soll grundsätzlich über Abgaben und Steuern erfolgen (AG links-netz 2012: 10 ff.).

Soziale Infrastruktur als Lösungsansatz für die Wohnungsfrage?  Nicole Vrenegor und Manuel Osório haben schon vor einiger Zeit eine erste Skizze für die Organisation des Wohnens als Soziale Infrastruktur erarbeitet und mit dem Zugang zu bezahlbaren Wohnraum, der Demokratisierung der Wohnungsverwaltung und einer Orientierung an gemeinschaftlichen Wohnformen einige Bestandteile für die Neuorganisation des Wohnens als Soziale Infrastruktur vorgeschlagen (Osório/Vrenegor 2011). Diese Gedanken aufgreifend, setze ich mich in meinem Text mit folgenden  Fragen auseinander:

  1. Warum sollte das Politikfeld Wohnen als Soziale Infrastruktur organisiert werden?
  2. In welchem polit-ökonomischen Kräfteverhältnis muss eine Reorganisation der Wohnungsversorgung durchgesetzt werden?
  3. Welche bereichsbezogenen Voraussetzungen für eine Soziale Infrastruktur gibt es im beeich des Wohnens?
  4. Welche sozialen Bewegungen und (wohnungs)politischen Akteure können als Träger der gewünschten Veränderungen angesehen werden?

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