Die Berner Regierung will das AKW Mühleberg bis 2022 laufen lassen. Die Begründung für die lange Frist ist abenteuerlich.
Das will der Regierungsrat – «in Absprache mit der BKW» – mit allen Mitteln vermeiden, und zwar, wie er in einer Medienmitteilung angibt, aus purer Angst um die Kantonsfinanzen. Es könnte «Schadenersatzforderungen im dreistelligen Bereich» geben, befürchtet man im Berner Rathaus. Die BKW, die sich zu 52 Prozent im Besitz des Kantons Bern befindet, würde also an ebendiesen Kanton Schadenersatzforderungen von ein paar hundert Millionen Franken stellen – eine leicht absurde Vorstellung.
Abenteuerlich ist auch die Argumentation, weshalb der Kanton als Mehrheitsaktionär eine politisch motivierte Abschaltung (von den Sicherheitsrisiken wollen wir an dieser Stelle für einmal gar nicht reden) nicht rechtfertigen könnte: «Weil sich die vom Kanton dafür zu beauftragenden Verwaltungsräte mit einem solchen Entscheid nicht gewinnorientiert verhalten würden, wäre der Kanton gegenüber den andern Aktionären haftbar.»
Aha.
Nun müssen wir nicht allzu weit zurückscrollen, um das gewinnorientierte Verhalten der BKW-Verwaltungsräte in den vergangenen Jahren beleuchten zu können. Dieses lässt sich in Zahlen ausdrücken. Zu finden sind diese unter der Rubrik «Rückstellungen»: 112 Millionen Franken muss die BKW in der Jahresrechnung 2012 zurückstellen, weil sie – zum Teil schon vor Jahrzehnten – mit ihren Beteiligungen am Kohlekraftwerk in Wilhelmshaven (Deutschland), den beiden Gaskraftwerken in Livorno Ferraris und Tamarete (Italien) und am maroden französischen AKW Fessenheim aufs falsche Pferd gesetzt haben. Im Jahr zuvor waren es gar 318 Millionen.
430 Millionen Rückstellungen in zwei Jahren, und das alles nur wegen «gewinnorientiertem Verhalten» – da kann eine Schadenersatzforderung in dreistelliger Millionenhöhe kaum noch ins Gewicht fallen.