Es könnte doch so einfach sein: Ich könnte mich über ihn aufregen, er sich über mich, wir könnten ein wenig schmollen, einander einige böse Worte an den Kopf werfen und einander dann ein paar Tage anschweigen. Einer von uns beiden könnte seinen harten Kopf durchsetzen, der andere hätte im Gegenzug die Genugtuung, dass er dem anderen die Fehlentscheidung bei jeder Gelegenheit unter die Nase reiben könnte.
So simpel könnte das sein, hätten wir nicht diesen Anspruch, dass wir beide mit Entscheidungen, die unsere Familie betreffen, leben können wollen und das macht die Sache unbequem. Diese ganze Rederei, das vorsichtige Formulieren der eigenen Ansichten, damit der andere nicht gleich in die Luft geht – und nicht verletzt wird. Geduldiges Zuhören, Rückfragen, ganz plötzlich ein unwillkürliches zustimmendes Nicken und ehe man sich’s versieht, ertappt man sich dabei, wie man sagt: “Ich sehe das zwar nicht ganz gleich wie du, aber ich kann nachfühlen, wie du empfindest.” Und plötzlich schürft man ganz tief, es kommen Themen zur Sprache, die man so noch nie hat bereden können. Tja, und dann will man nicht mehr schmollen, sondern einen Weg finden, den man gemeinsam gehen kann.
Ganz schön anstrengend, wenn man keine Lust darauf hat, sich auseinanderzuleben.