Nicht die Mama!
Am 10. Mai war Muttertag. Abermillionen Glückwünsche; Blumen, kleine Anerkennungen wurden den Müttern dieser Welt übergeben. Ein Tag ganz im Zeichen und der Würdigung unserer Mamas. „Dir auch einen schönen Muttertag, Jörg!“, habe ich an diesem Tag das ein oder andere mal gehört. Aber ganz angenehm war mir dabei nicht.
Sicher, ich bin alleinerziehend aber eine Mutter kann und werde ich niemals ersetzen. Ich will auch gar keine Mutter ersetzen. Wie schon so oft betont, möchte ich, dass meine Tochter in einem authentischen Umfeld aufwächst und würde ich versuchen in eine Mutterrolle zu schlüpfen, müsste ich mich verstellen. Ich kann alles dafür tun dass meiner Tochter an nichts fehlt. Ich kann ihr Nestwärme, Liebe, Vertrauen und Geborgenheit bieten aber ich kann niemals eine Mama sein.
Ich weiß nicht wie es ich anfühlt wenn man das erste Leben in seinem Bauch bemerkt. Ich habe keine Ahnung wie es ist ein Kind 9 Monate lang intensiv zu spüren, mit sich herum trägt, in sich trägt. Ich kann mich als Papa von außen mit meinem Kind unterhalten, die Bewegungen durch das berühren des Bauches spüren, den Ultraschall ansehen und die Herztöne hören. Aber niemals spüren wir das so intensiv wie eine Mutter und niemals erahnen wir auch nur im Geringsten die Intensität dieser Bindung.
Als (werdender) Papa musste ich mich weder mit Hämorrhoiden, Blähungen, dem ständigen Druck auf der Blase oder Quarktaschen-Brüste herumplagen. Gut, ich musste mit den Konsequenzen und den Launen leben. Musste nachts den plötzlichen Heißhunger auf Erdbeer-Eis befriedigen oder der Mama aufgrund der Unbeweglichkeit beim Aufstehen helfen. Aber das sind Kleinigkeiten, die niemals die Verbundenheit und Gefühlswelt wiederspiegeln können was eine Mutter mit Ihrem Kind in den Monaten der Schwangerschaft durchlebt. Geburtsschmerzen! Ich meine, wir Männer fluchen ja schon die ganze Nachbarschaft zusammen wenn wir uns mal den Hammer auf den Finger kloppen oder sind bei einem Schnupfen bereits auf dem Weg in das weiße Licht. Welch unsagbare Schmerzen eine Frau während der Geburt erträgt, können und werden wir wohl niemals nachvollziehen.
Be different
Aber ich bin gerne Mann und Papa und ich möchte gar nicht Mama sein und werde es niemals sein können, dessen bin ich mir bewusst. Das heißt aber nicht dass ich meiner Tochter kein guter Vater bin, dass ich gar ein schlechter Elternteil bin. Sie wächst wie jedes andere Kind auf – nur eben ein bisschen anders. Sie hat ihre Mama, sie kennt ihre Mama und sie liebt ihre Mama und trotz all der Umstände in denen wir leben, gibt es dennoch eine Mama-Kind Bindung! Das will ich weder torpedieren, noch unterbinden, noch will ich dagegen konkurrieren!
Mir graut es heute schon vor der ersten Periode und vor all den anderen typischen Mädchendingen. Ich habe bislang „Hello Kitty“ überlebt und auch an die rosa Zimmermöbel habe ich mich bereits gewöhnt. Ich drücke mich bei Schulfesten und Elternabende in diese kleinen Stühlchen und sitze zusammen zwischen all den Mamis. Ich sehe zwar nicht immer alles so eng wie die Runde um mich herum, aber das liegt wohl in der Natur der Dinge und an meiner Einstellung zum Leben und Kind sein dürfen. Ich backe, koche, mache sauber und räume meinem Kind hinterher. Das heißt aber noch lange nicht dass ich kein Kerl mehr bin oder gar dass ich gar Mama & Papa in einer Person bin. Sie hat eine Mama und das bin nicht ich! Sie lebt zwar nicht bei uns aber ersetzen kann ich sie auch nicht! Und dennoch werden wir auch diese Phasen gemeinsam rocken!
Als Kerl stehe ich immer noch auf flache Witze, über sinnlose Sprüche und dummes Geschwätz lache ich mich tot. Ich pinkle gegen Bäume, habe gerne Fleisch auf dem Grill und stehe auf Matsch, Dreck, Action und Fußball. Ich klopf mir nach dem Rülpsen auf die Brust und bin stolz auf diesen wahnsinnig inbrünstig ausgetragenen Laut. Ja, manchmal kratze ich mir am Hintern. Aber ich lasse mich auch ganz schnell einlullen! Ich weiß dass ich es eines Tages bereuen werde aber Väter und ihre Töchter haben irgendwie ein besonderes Verhältnis. Ich weiß nicht was es ist, aber wenn sie mich so anschaut, dann ist all dieses Männerding wie weggeblasen. Dann wir man vom vermeintlichen Löwen, mit der geilsten Mähne in Town, plötzlich zum kleinen Schmusekater!
Ich möchte so sein wie ich bin, ich möchte einer Tochter auch zeigen dass sie sein kann wie sie ist.
Nicht nur sie ist anders, sondern auch ich. Unser Leben ist anders und das ist auch okay so.
Wir leben und lieben das Leben und sehr, sehr oft höre ich dass man merkt dass ich ein glückliches Kind habe, bei dem man merkt dass es geliebt wird. Sie lacht viel, sie hat Blödsinn im Kopf, bringt ihren Papa auf die Palme und sie ist trotz allem ein typisches Mädchen!
Lieber bin ich ein blödsinniger Papa und authentisch als zu versuchen in eine Rolle zu schlüpfen die meinem Kind etwas suggerieren soll das nicht meiner wahren Persönlichkeit entspricht! Ich will dass sie mich kennen lernt und in Erinnerung behalten soll wie ich bin und wie ich war! Mit all meinen Ecken, Fehlern, Macken, Kanten und Besonderheiten! Als Ihren perfekten, unperfekten Papa, dessen Dreitagebart immer ein wenig „kratzig“ war!
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