Nicht die beste: die einzige Regierung

 

Die beste Regierung seit der Wiedervereinigung - und man kann nicht mal viel dagegen sagen. Nicht weil sie es ist, sondern weil es keine Regierung gibt, die man Merkel zur Entkräftung ihres Unsinns unter die Nase schmieren könnte. Wer sollte denn besser gewesen sein? Die rot-grüne Autosuggestion vielleicht? Das feiste Gelächter von den roten und grünen Rängen, das Merkel erntete, als sie selbstverherrlicht vor den Bundestag trat, ist deshalb unerträglich. Man kann mit diesen Leuten nicht ins Lachen über diese Kanzlerin des Augenwischs einstimmen, denn sie gackerten nur, weil sie damit sagen wollten: Wir waren dazumal viel besser!

Das ist die ganze Tragik an dieser blasierten Geschichte: Da waren in den zwei Dezennien seit der Wiedervereinigung einige Regierungen tätig, sieben Jahre davon eine sozialdemokratisch-grüne Koalition - und nicht mal die kann man hernehmen, um damit der Kanzlerin Worte zu entkräften. Das gesamte Elend an Merkels sonderbaren Auftritt ist nicht diese arrogante und überhebliche Anwandlung ihrerseits, ja dieser deutliche Beweis ihrer limitierten Wahrnehmung, das Elend ist viel mehr, dass man mit den Lachern aus der Opposition nicht mal lustig einstimmen kann, weil man weiß, was diese Opposition vorher als Regierung leistungsverweigert hat. Ja, man muss auf die oppositionellen Feixer und Pruster selbst den Vorwurf der Beschränktheit, der eng umfriedeten Wahrnehmung anwenden.
Merkels BeRaZ-Rede ist vernünftig betrachtet selbstverständlich ein Anzeichen zerrütteter Perzeption. In einem anderen historischen Milieu, mit anderer Vergangenheit, hätte man sie verlacht, sie als verrückt und endgültig abgewirtschaftet tituliert; die Presse hätte Glossen und Polemiken publiziert und jeder hätte gewusst, dass es sich um den Kopf einer verblendeten Entourage handelt, die trunken ist in ihrer Isolation vor den realen Lebensumständen der Menschen hier in diesem Lande und in jenen Ländern, in denen sie hineinpfuscht. Aber mit vergangenen Regierungen im Rücken, die dieselbe kurzsichtige, asoziale, imperiale und kleinkarierte Politik unter anderen Farben betrieb, kann man jede Albernheit unter die Leute bringen, ohne verspottet zu werden. Kann man Hinterzimmerhosiannas und Arschkriechereien verlesen, ohne als komplett umnachtet zu wirken. Arschkriechereien aus Hinterstuben, wie jener von Generaldeutschmarschall Volker Kautel: "Meine Kanzlerin, Sie sind die größte Regierung aller Zeiten."
Seit 1998 erleben wir nicht verschiedene Regierungen, wir erleben eine Regierung. Vermutlich vorher schon, nur noch nicht so schamlos, so direkt und menschenverachtend, so ignorant gegen die Bedürfnisse der Menschen, wie ab jenem Jahr. Es ist die Lebensleistung des Schröderianismus und seines Nachfolgers, des Merkelismus, dass sie selbst die Ära Kohl wie eine halbwegs soziale Epoche erscheinen lassen im Rückblick. Ob es nun Rot-Grün war oder dann Schwarz-Rot oder nun Schwarz-Gelb - die Stossrichtung und die Patentrezepte aller Politik war stets dieselbe. Die Regierung, die seit vierzehn Jahren amtiert, ist sicher nicht die beste seit der Wiedervereinigung, aber sie ist so gut wie die einzige, die wir seither haben ...


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