°°° NEWS °°° New Otfried Preußler?!

Von Buchsuechtige @Buchsuechtige
Wer kennt sie nicht, die Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur von Otfried Preußler?
"Die kleine Hexe", "Das kleine Gespenst" oder "Krabat" haben uns durch unsere Kindheit begleitet und werden es auch weiterhin bei den folgenden Generationen tun.
Nun hat der Thienemann Verlag beschlossen, nicht nur kolorierte Neuausgaben der Klassiker auf den Markt zu bringen, sondern sie auch gleich sprachlich zu überarbeiten. Der Anfang soll "Die kleine Hexe" machen.
Das klingt im ersten Moment nicht allzu schlimm, doch mich persönlich hat das furchtbar aufgeregt und auch nachdenklich gemacht.
Der Thienemann Verlag möchte Preußlers Werke (zwar in Zusammenarbeit mit der Tochter des Autors) quasi modernisieren. Sätze, wie aus der kleinen Hexe
Ich wichse euch mit dem Besen durch, wenn ihr nicht aufhört
werden gestrichen und aktualisiert. Die Begründung ist, laut Verleger Klaus Willberg, die Tatsache, dass den Kindern von heute der Begriff des "Wichsens" nicht klar ist bzw. eine Verwechslung stattfinden könnte und man eben heute von Schuhe putzen spricht.
Auch dürfen die Kinder in der kleinen Hexe sich nicht mehr als "Neger, Chinesenmädchen oder Türke" verkleiden. Die Mitarbeiter des Thienemann Verlags werden hier nach Alternativen suchen.
Über die Änderungen des Verlages wurde vor ein paar Tagen auch in der taz berichtet. Der Artikel hat bei Bücherfreunden und Literaturkritikern einen wahren Sturm der Entrüstung losgelöst. Wie Willberg berichtet, sind zahlreiche E-Mails verärgerter Leser eingegangen, die jedoch angeblich zum Größten Teil nur aus Beleidigungen bestanden.
Als ich diesen Artikel gelesen habe, stieg in mir die Wut auf. Wie kann der Verlag sich erlauben, ein Werk nach seinem Ermessen ändern zu wollen?
Zwar ist er rein rechtlich auf der sicheren Seite, da die Tochter Preußlers als dessen Verwalterin in die "Modernisierung der Texte" eingebunden wird, aber geht es hier nicht um weit mehr, als den Austausch von Wörtern und Sätzen?
"Die kleine Hexe" wurde 1957 veröffentlicht und natürlich war damals ein anderer Wortschatz gebräuchlich, aber rechtfertigt das die geplanten Änderungen?
Was passiert dann mit den Märchen der Grimms beispielsweise? Müssen auch diese modernisiert und an den aktuellen Sprachgebrauch angepasst werden?
Wenn das Modernisieren fortgesetzt werden soll, dann bleibt am Ende nichts mehr von dem ursprünglichen Werk und in Sachen Preußlers kleine Hexe heißt es dann: "Es war einmal...".
Nicht nur in der Kinderliteratur stoßen wir auf veraltete Wörter. Vielerorts werden wir mit Dingen konfrontiert, die es zu hinterfragen gilt.
Außerdem wird den Lesern, und in diesem Fall ja den Kindern, unterstellt, dass sie diskriminierend denken und darüber hinaus nicht in der Lage sind, Unverständliches zu erfragen.
Meiner Meinung nach tut der Thienemann Verlag sich mit der wahrscheinlich gut gemeinten, aber völlig unnötigen und nicht nachvollziehbaren Modernisierung, keine Gefallen, wie es ja auch der Shitstorm zeigt, den der Verlag erfährt.
Kinder sollten nicht unterschätzt und schon gar nicht als dumm hingestellt werden. Sie sind sehr wohl in der Lage zu fragen, wenn ihnen etwas unverständlich erscheint. Außerdem haben sie Eltern, die ihnen bestimmte Wörter oder Aussprüche erklären können. So lief es doch bis heute wohl auch oder ist den Kindern das "Schuhe wichsen" erst seit Januar 2013 unbekannt?!
Auch hätte es ein Glossar getan, der veraltete Textstellen hätte erklären können.
Tja, warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?!
Für mich werden Preußlers Werke unverändert im Regal stehen bleiben. Denn das sind die Bücher, die der Autor  Wort für Wort mit Fantasie und Mühe geschrieben hat. So sind sie erfolgreich und sollen es auch bleiben.
Hier könnt ihr den Artikel aus dem Börsenblatt und die Stellungnahme des Thienemann Verlages nachlesen.
Eure Buchsüchtige