Es fing so gut an. Eine rachsüchtige Protagonistin in einer Welt mit italienischem Flair, eine Schule für Assassinen, düstere Schattenmagie und derbe Sprache gespickt mit einem Haufen Schimpfwörtern ließen mich anfangs nicht daran zweifeln, dass ich den ersten Teil von Jay Kristoffs Nevernight Chronicle mögen würde. Schluss mit weichgespülten Heldinnen; hier kommt Mia! Keine Angst vor Blut und Gewalt, keine Angst vor detailreichen Sexszenen, keine Angst vor irgendwas (solange Herr Freundlich in der Nähe ist). Und wer auf der der Suche nach origineller, dunkler Fantasy ist, mit viel schwarzem Humor und einer starken weiblichen Hauptfigur, der wird hier wohl die Erfüllung all seiner Wünsche finden. Warum aber konnte mich Nevernight trotzdem nicht für sich begeistern?
Eigentlich wusste ich es bereits seit geraumer Zeit, vergesse es aber gern wieder, wenn ich mich an dicke Fantasyschinken wage: ich langweile mich bei zu detaillierten Beschreibungen. Lange Kämpfe, ausgeschmückte Verfolgungsjagden und seitenweise Deskriptionen scheinen für viele Leser das Nonplusultra zu sein; für mich sind sie Folter. Und obwohl ich Mias Geschichte gespannt folgen wollte, ließen es die vielen vielen Seiten nicht zu. Dabei lese ich auch gerne dicke Bücher, jedoch nur dann, wenn die Handlung wirklich dicht ist, oder die Kapitel nicht mit so vielen Umschreibungen gefüllt sind. So hätte Nevernight für mich gut und gern ein paar hundert Seiten weniger haben können.
Wie ihr seht, ist dies aber eine sehr subjektive Meinung, die nichts daran ändert, dass das Buch im Grunde ein gutes ist. Zwar störten mich die jugendbuchähnlichen Entwicklungen in der Mitte des Romans, die mich immer wieder stark daran erinnerten, dass es sich bei Mia und ihren Kameraden im Dreh um 17Jährige handelte, die eben auch so agierten (mal abgesehen davon, dass sie sich in einer der brutalsten Ausbildungen der Bücherwelt befanden), aber trotzdem konnten mich diverse Wendungen überraschen und dann wieder nach Luft schnappen lassen, als ich die Geschichte schon aufgeben wollte. Das muss ein Buch auch erstmal schaffen.
Lange Rezi, kurzer Sinn...
+Eine düstere Atmosphäre, dunkle Magie, eine derbe und starke Protagonistin, humorvolle Dialoge... also im Grund echt gut.
-Zu viele Umschreibungen, die das Buch für mich unnötig in die Länge zogen und mir die Leselust nahmen. Hätte ich mich jetzt nicht selbst zum Lesen gezwungen, hätte ich es wohl nie beendet.