Neuwagen mit Lackschaden ist kein Neuwagen

Selbst, wenn es “nur” ein Firmenwagen ist, stellt ein neues Auto einen Grund zur Freude dar. Zumindest aber erwartet man für sein Geld (das aufgrund der Versteuerung des geldwerten Vorteils durchaus auch das Geld des Arbeitnehmers ist) ein fabrikneues Fahrzeug ohne Mangel. Selbst wenn der Lackschaden nur geringfügig ist und ohnehin bei der ersten flotten Fahrt die ersten Steinschläge auftreten werden, sind kleine Macken ein Ärgernis, das nun sogar den Bundesgerichtshof beschäftigt hat.

Der Tenor des Instanzendurchlaufs: Auch kaum sichtbare Mängel berechtigen den Käufer eines Neuwagens zum Rücktritt wegen fehlender Fabrikneuheit. Dieses Recht besteht auch dann fort, wenn der Käufer zunächst Nachbesserung verlangt. Das hatte er bei seinem BMW-Vertragshändler, bei dem er einen BMW 320d für 39.000 Euro gekauft hatte, auch getan. Bei der Lieferung stellte sich heraus, dass Schäden an der Lackierung und an der Karosserie des Fahrzeuges zu sehen waren. Eine Nachbesserung fiel nicht zur Zufriedenheit des Kunden aus; die nachgebesserten Stellen blieben bei genauer Betrachtung sichtbar, wie ein Sachverständiger bestätigte. Der Käufer lehnte eine weitere Nachbesserung ab und verlangte eine Neulieferung. Diese lehnte der Händler ab.

Während das zuständige Landgericht den vom Kläger erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag als berechtigt und sprach einen Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Anzahlung von 10.000 Euro zu. Außerdem, so das Urteil, müsse das Autohaus den Darlehensvertrag, der zur Finanzierung des Fahrzeugs geschlossen wurde, rückabwickeln sowie die Kosten für das in Auftrag gegebene Gutachten ersetzen.

Das OLG war anderer Ansicht. Richter befanden den Schaden für zu geringfügig und verwies auf § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB, wonach der Rücktritt ausgeschlossen ist, wenn die Pflichtverletzung durch den Vertragspartner unerheblich ist. Zudem widerspreche der Wunsch nach Fabrikneuheit des Fahrzeuges der geforderten Nachbesserung des geringfügigen Mangels. Das OLG wies die Klage ab.

Der BGH wiederum korrigierte die Rechtsauffassung des OLG dahingehend, dass die Fabrikneuheit eines Fahrzeuges eine wesentliche, wertbildende Eigenschaft beim Kauf eines Neufahrzeuges sei und selbst bei geringfügigen Mängeln erhebliche Kaufpreisreduzierungen gewährt würden. Dass der Kläger mit seinem Nachbesserungswunsch zunächst den Anspruch gehabt habe, einen neuwertigen Fahrzeugzustand herzustellen, ist ihm nicht anzulasten. Auch wenn die Korrekturversuche der Mängel nur bei genauerem Hinsehen erkennbar seien, begründeten die Richter, seien die Schäden nicht als geringfügig und damit unerheblich einzustufen. Das Rücktrittsrecht des Klägers sei damit nicht ausgeschlossen.

Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das OLG zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 06.02.2013, Az.: III ZR 374/11)


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