Im Oktober 2006 begab ich mich auf eine Reise. Geplant war eine 12-monatige Auszeit in Neuseeland, die vorwiegend durch Reisen und gelegentliche Aushilfsjobs gefuellt werden sollte. Vieles in Deutschland nervte; die Mentalitaet, das staendige perfekt-sein-wollen oder muessen, die Buerokratie, der Job etc.
Waehrend meiner Auszeit packte mich das Reisefieber und der Wunsch, dem bequemen Leben in Deutschland fuer laengere Zeit den Ruecken zu kehren, mich besser kennenzulernen und die Welt zu entdecken.
Die meisten meiner Leser kennen meine Geschichte. In 2008 verschlug es mich nach Australien und der Hauptgrund war, nicht nach Deutschland zurueckkehren zu wollen. Australien hatte mich bis dahin nie wirklich interessiert und ueberraschte mich daher umso mehr. Melbourne gehoert noch immer zu meinen Top Reisezielen und Lieblingsstaedten und ich kehre jederzeit wieder gern zurueck.
Ein Jahr spaeter war Kanada an der Reihe. In Vancouver pulsiert das Leben und ich hatte eine wahnsinnig tolle Zeit dort, trotz der allgemein vorherrschenden geringen Verdienstmoeglichkeiten. Fuer die seltene Moeglichkeit, die Olympischen Winterspiele als Arbeitskraft, Zuschauer und Freiwilliger hautnah mitzuerleben, bin ich unendlich dankbar und diese Erfahrung werde ich fuer immer wertschaetzen.
Trotzallem gehoerte in all diesen Jahren mein Herz Neuseeland und so kehrte ich 2011 zurueck. Die Jobsituation war schwieriger als in den Jahren davor und so war ich dankbar, dass ich meinen alten Job in Milford Sound wieder aufnehmen durfte. Der letzte Schritt wurde auch recht bald getan und der Antrag fuer die Aufenthaltsgenehmigung eingereicht. Buerokratie gibt es auch in Neuseeland und zwar reichlich davon und so dauerte es einige Zeit, viel Papierkram, einen ordentlichen Betrag Geld und eine grosse Portion Geduld. Im Juli 2012 hatte ich meinen Stempel endlich im Pass und konnte es nicht fassen. Warum war ich nicht gluecklich?!?
Hatte ich nicht endlich geschafft, wovon ich soviele Jahre getraeumt hatte? Die Chancen Neuseeland zu meiner neuen Heimat zu machen, standen besser denn je, schliesslich kann ich mit der Aufenthaltsgenehmigung ueberall arbeiten, ohne jedesmal ein Arbeitsvisum zu beantragen.
Dennoch hatte sich fuer mich in den letzten Jahren einiges geaendert beziehungsweise habe ich mich in den letzten Jahren geaendert und so sehe ich Neuseeland inzwischen mit anderen Augen. Diese Veraenderungen werden einem nicht von heute auf morgen bewusst; sie schleichen sich langsam an und irgendwann wacht man auf und fragt sich, was man eigentlich will und ob man das hier in Neuseeland erreichen kann. Versteht mich nicht falsch, ich liebe Neuseeland noch immer und es wird fuer immer einen besonderen Platz in meinem Herzen und in meinen Erinnerungen haben. Aber mir ist bewusst geworden, dass ich hier keine Zukunft habe. Vorallem keine berufliche Zukunft. Mit der Wirtschaft geht es eher bergab als bergauf und die Regierung ist auch nicht wirklich in der Lage, durch eine andere Politik mehr Wirtschaft im Land anzusiedeln. Im Gegenteil, sie schauen hilflos zu wie die Kiwis das Land verlassen und zum Beispiel wegen besserer Loehne nach Australien gehen. Sie streiten sich mit den Maoris darueber, wem die Rechte am Wasser gehoeren und fuehren endlose Debatten im Parlament und Sonderausschuessen. Diese Fragen moegen fuer die Ureinwohner von grossem Interesse sein (vorallem von finanziellem Interesse) aber es bringt Neuseeland nicht voran und schafft auch keine neuen Jobs. Und Jobs braucht das Land. Nach dem Erdbeben in Christchurch ist das Land in eine Krise verfallen aus dem sie so schnell nicht wieder rauskommen, weil ihre Wirtschaft nicht leistungsfaehig genug ist, den Wiederaufbau zu finanzieren. Alles ist teurer geworden und selbst die Touristen beschweren sich ueber die Preise. Der Tourismus, Neuseelands Zugpferd, ist in den letzten Jahren stark zurueckgegangen und meiner Meinung nach ist ein Grund die gestiegenen Preise. Touristen waren noch nie so preisbewusst wie heute und wenn Neuseeland so teuer ist, dann verbringen sie ihren Urlaub lieber woanders.
Die lahmende Wirtschaft ist der Hauptgrund fuer mich, wieder nach Europa zurueckkehren zu wollen. Selbst wenn ich einen anderen Job in Neuseeland finden sollte, wuerde ich mir mit dem Gehalt niemals einen ordentlichen Lebensstandard leisten koennen und in der Lage sein, Geld fuer einen Heimaturlaub anzusparen. Ich weiss, dass es in Europa momentan nicht sehr rosig aussieht, aber ich habe dennoch mehr Vertrauen in Europa und den Euro.
Wenn man als Backpacker durch Neuseeland reist und mal schnell nen Job sucht, findet man das System hier super; jeder will zwar nen Lebenslauf sehen, aber so richtig interessieren tut sich trotzdem niemand fuer Schulabschluss, Berufsausbildung oder Studium. So lange man ein wenig Berufserfahrung hat und sich nicht zu bloed anstellt, hat man den Job. Mit der Zeit aendert sich das aber und irgendwann will man mal ernst genommen werden. Obwohl ich meinen Supervisor Job hier in Milford Sound schon seit einigen Jahren mache (und auch in Kanada als Supervisor gearbeitet habe), werde ich immer noch behandelt, als haette ich von nichts ne Ahnung und Management wimmelt meine Ideen ab, wie man bestimmte Dinge verbessern koennte, weil das ja nicht sein kann, dass man sich mehr Gedanken macht als die Leute an der Spitze. Es interessiert natuerlich niemanden, dass ich von solchen Dingen durch mein Betriebswirtschaftsstudium mehr Ahnung habe als mein Boss, der gelernter Krankenpfleger ist. Aufgrund dieser Ignoranz, die man in vielen Bereichen und Branchen wiederfindet, geht Neuseelands Wirtschaft sehr viel Potenzial verloren, das in seinen auslaendischen Arbeitskraeften steckt, aber sie sind so geblendet von dem Irrglauben, dass alles was von hier kommt, soviel besser ist, dass sie das nicht mal merken.
Ich hoere es jeden Tag in den Medien; das Schul - und Gesundheitssystem in Neuseeland sind erstklassig und muessen sich hinter niemandem verstecken, Neuseeland ist so gruen und sauber, sportlich gesehen stehen sie an der Weltspitze und was Forschung und Wissenschaft angeht haben sie natuerlich auch die hellsten Koepfe im Lande. Damit will ich hier gleich mal aufraeumen. Die Allgemeinbildung der meisten Kiwis laesst zu wuenschen uebrig und andere Sprachen sprechen sie auch kaum (ich wurde von einem Kiwi gefragt, was denn Hitler heutzutage tut). Ausserdem schafft es die Regierung schon seit Monaten nicht, ihre Lehrer ordentlich zu bezahlen (wens interessiert, googelt mal novopay Affaire) und diese gehen schon seit geraumer Zeit auf die Barrikaden, weil sie aufgrund einer neuen fehlerhalften Software Monat fuer Monat unterbezahlt werden. Die Wartelisten fuer neue Hueften, Nieren und andere weitreichende Operationen sind so lang, dass viele keinen anderen Ausweg sehen als mit ihrem hart ersparten Geld nach Thailand zu fliegen, um lebensnotwendige OPs dort ausfuehren zu lassen. Die Umweltverschmutzung in Neuseeland ist alarmierend, Fluesse werden durch Farmer und ihr Vieh verunreinigt und durch schlechte Bauqualitaet (keine Zentralheizung) verheizen die meisten Kiwis jeden Winter halbe Waelder, um ihre Haeuser warm zu halten. Sport. Ja Sport ist hier eine Religion und viele Kiwis identifizieren sich mit den sportlichen Leistungen ihrer Sporthelden. Aber um welche Sportarten geht es denn da hauptsaechlich? Rugby, Cricket, Netball. Das spielt man in den meisten Teilen der Welt gar nicht. Als ich mal zu einem meiner Arbeitskollegen meinte, dass es keine Kunst ist, eine "Weltmeisterschaft" zu gewinnen, an der nur 5 oder 6 Teams teilnehmen, weil es sonst nirgendswo gespielt wird, hat er mir das sehr boese genommen. Ist doch aber wahr! Eine Fussball Weltmeisterschaft zu gewinnen ist sehr viel schwieriger als die Rugby Weltmeisterschaft! Und welche bahnbrechende Erfindung kommt eigentlich aus Neuseeland?
In den letzten Monaten ist mir bewusst geworden, wie sehr ich Europa vermisse. Das Reisen ist durch die kurzen Entfernungen viel einfacher, lokale kulinarische Spezialitaeten (Neuseeland hat kein typisches neuseelaendisches Gericht), die lange Geschichte und vorallem die reiche Kultur! Nach 5 Jahren hier weiss ich immer noch nicht, was typisch Kiwi ist und ich glaube, viele Neuseelaender wissen es selbst nicht. Fuer mich ist es nicht der Haka, der bei allen Anlaessen aufgefuehrt und ausgenutzt wird, als typisch Kiwi praesentiert wird, obwohl er nur einen kleinen Teil des Kiwiseins darstellt. Maori Kultur ist nicht alles und oft wird vergessen, dass ein Grossteil der Kiwis Vorfahren in Europa hat. Diese Leute haben mit dem Haka nicht viel am Hut; viele nervt er sogar. Rugby, Bier und Angeln; das ist fuer mich typisch Kiwi und mir ist das nicht genug. Ich werde oft gefragt, ob ich denn nicht den Mann fuers Leben hier in Neuseeland gefunden haette. Ich brauche einen Mann mit Intellekt und Grips, mit dem ich ein ordentliches Gespraech fuehren kann und dabei moechte ich nicht ueber Rugby, Cricket oder Angeln sprechen.
Der wichtigste Grund fuer meine Heimkehr allerdings ist meine Familie. In der Ferne habe ich Hochzeiten und Beerdigungen verpasst. Und das schlimmste, ich sehe meine zwei Neffen nur ueber Bilder oder ab und zu mal ueber Skype. Henry wird bald 3 und John schon wieder 1 und ich habe ihn noch nicht einmal hautnah erleben duerfen. Das soll sich aendern. Wer weiss, wo es mich in Europa hinverschlagen wird. Es muss nicht unbedingt Deutschland sein, denn wer weiss, ob ich mich da so problemlos wieder in die Gesellschaft integrieren kann. Es klingt komisch, ich weiss, aber ich war immerhin 7 Jahre weg und muss wieder langsam an die deutsche Mentalitaet herangefuehrt werden. Ich bin offen fuer alles und auch jobmaessig will ich mich nicht festlegen. Die Angst besteht natuerlich, dass ich dem europaeischen Arbeitsmarkt zu lange lebewohl gesagt habe und mich nun niemand mehr einstellen will aber das ist wohl nur die Angst vor dem Unbekannten. Ich habe soviel durchgestanden in den letzten Jahren und bin immer wieder auf beiden Fuessen und mit erhobenen Kopf gelandet, dass ich weiss, dass ich es schaffen kann. Ich muss nur fest an mich glauben! Nichtsdestotrotz, falls jemand Ideen oder Jobangebote hat, kann er sich gern bei mir melden, ich bin sehr vielseitig, extrem hart arbeitend und verfuege ueber enorme Sozialkompetenz, die ich mir durch meine Arbeit mit Kollegen und Kunden aus aller Welt aneignen durfte.
Wann kommt sie denn jetzt nach Hause? Also, die Sommersaison stehe ich hier noch durch und momentan suche ich nach Fluegen nach Deutschland fuer den Mai. Und bevor jetzt alle sagen, naja, sie hat ja ihre Aufenthaltsgenehmigung, sie kann also jederzeit wieder zurueck. Nein, kann ich nicht, denn wenn ich mich fuer 2 Jahre nicht jedes Jahr mindestens 6 Monate im Land aufhalte und arbeite, verliere ich meine Aufenthaltsgenehmigung und muesste sie bei Interesse wieder beantragen. Meine Entscheidung, nach Hause zu kehren war also alles andere als einfach und ich habe mehr als nur eine schlaflose Nacht darueber verbracht, aber nun ist es entschieden und ich freue mich auf einen neuen Lebensabschnitt!
Eure Katja
Waehrend meiner Auszeit packte mich das Reisefieber und der Wunsch, dem bequemen Leben in Deutschland fuer laengere Zeit den Ruecken zu kehren, mich besser kennenzulernen und die Welt zu entdecken.
Die meisten meiner Leser kennen meine Geschichte. In 2008 verschlug es mich nach Australien und der Hauptgrund war, nicht nach Deutschland zurueckkehren zu wollen. Australien hatte mich bis dahin nie wirklich interessiert und ueberraschte mich daher umso mehr. Melbourne gehoert noch immer zu meinen Top Reisezielen und Lieblingsstaedten und ich kehre jederzeit wieder gern zurueck.
Ein Jahr spaeter war Kanada an der Reihe. In Vancouver pulsiert das Leben und ich hatte eine wahnsinnig tolle Zeit dort, trotz der allgemein vorherrschenden geringen Verdienstmoeglichkeiten. Fuer die seltene Moeglichkeit, die Olympischen Winterspiele als Arbeitskraft, Zuschauer und Freiwilliger hautnah mitzuerleben, bin ich unendlich dankbar und diese Erfahrung werde ich fuer immer wertschaetzen.
Trotzallem gehoerte in all diesen Jahren mein Herz Neuseeland und so kehrte ich 2011 zurueck. Die Jobsituation war schwieriger als in den Jahren davor und so war ich dankbar, dass ich meinen alten Job in Milford Sound wieder aufnehmen durfte. Der letzte Schritt wurde auch recht bald getan und der Antrag fuer die Aufenthaltsgenehmigung eingereicht. Buerokratie gibt es auch in Neuseeland und zwar reichlich davon und so dauerte es einige Zeit, viel Papierkram, einen ordentlichen Betrag Geld und eine grosse Portion Geduld. Im Juli 2012 hatte ich meinen Stempel endlich im Pass und konnte es nicht fassen. Warum war ich nicht gluecklich?!?
Hatte ich nicht endlich geschafft, wovon ich soviele Jahre getraeumt hatte? Die Chancen Neuseeland zu meiner neuen Heimat zu machen, standen besser denn je, schliesslich kann ich mit der Aufenthaltsgenehmigung ueberall arbeiten, ohne jedesmal ein Arbeitsvisum zu beantragen.
Dennoch hatte sich fuer mich in den letzten Jahren einiges geaendert beziehungsweise habe ich mich in den letzten Jahren geaendert und so sehe ich Neuseeland inzwischen mit anderen Augen. Diese Veraenderungen werden einem nicht von heute auf morgen bewusst; sie schleichen sich langsam an und irgendwann wacht man auf und fragt sich, was man eigentlich will und ob man das hier in Neuseeland erreichen kann. Versteht mich nicht falsch, ich liebe Neuseeland noch immer und es wird fuer immer einen besonderen Platz in meinem Herzen und in meinen Erinnerungen haben. Aber mir ist bewusst geworden, dass ich hier keine Zukunft habe. Vorallem keine berufliche Zukunft. Mit der Wirtschaft geht es eher bergab als bergauf und die Regierung ist auch nicht wirklich in der Lage, durch eine andere Politik mehr Wirtschaft im Land anzusiedeln. Im Gegenteil, sie schauen hilflos zu wie die Kiwis das Land verlassen und zum Beispiel wegen besserer Loehne nach Australien gehen. Sie streiten sich mit den Maoris darueber, wem die Rechte am Wasser gehoeren und fuehren endlose Debatten im Parlament und Sonderausschuessen. Diese Fragen moegen fuer die Ureinwohner von grossem Interesse sein (vorallem von finanziellem Interesse) aber es bringt Neuseeland nicht voran und schafft auch keine neuen Jobs. Und Jobs braucht das Land. Nach dem Erdbeben in Christchurch ist das Land in eine Krise verfallen aus dem sie so schnell nicht wieder rauskommen, weil ihre Wirtschaft nicht leistungsfaehig genug ist, den Wiederaufbau zu finanzieren. Alles ist teurer geworden und selbst die Touristen beschweren sich ueber die Preise. Der Tourismus, Neuseelands Zugpferd, ist in den letzten Jahren stark zurueckgegangen und meiner Meinung nach ist ein Grund die gestiegenen Preise. Touristen waren noch nie so preisbewusst wie heute und wenn Neuseeland so teuer ist, dann verbringen sie ihren Urlaub lieber woanders.
Die lahmende Wirtschaft ist der Hauptgrund fuer mich, wieder nach Europa zurueckkehren zu wollen. Selbst wenn ich einen anderen Job in Neuseeland finden sollte, wuerde ich mir mit dem Gehalt niemals einen ordentlichen Lebensstandard leisten koennen und in der Lage sein, Geld fuer einen Heimaturlaub anzusparen. Ich weiss, dass es in Europa momentan nicht sehr rosig aussieht, aber ich habe dennoch mehr Vertrauen in Europa und den Euro.
Wenn man als Backpacker durch Neuseeland reist und mal schnell nen Job sucht, findet man das System hier super; jeder will zwar nen Lebenslauf sehen, aber so richtig interessieren tut sich trotzdem niemand fuer Schulabschluss, Berufsausbildung oder Studium. So lange man ein wenig Berufserfahrung hat und sich nicht zu bloed anstellt, hat man den Job. Mit der Zeit aendert sich das aber und irgendwann will man mal ernst genommen werden. Obwohl ich meinen Supervisor Job hier in Milford Sound schon seit einigen Jahren mache (und auch in Kanada als Supervisor gearbeitet habe), werde ich immer noch behandelt, als haette ich von nichts ne Ahnung und Management wimmelt meine Ideen ab, wie man bestimmte Dinge verbessern koennte, weil das ja nicht sein kann, dass man sich mehr Gedanken macht als die Leute an der Spitze. Es interessiert natuerlich niemanden, dass ich von solchen Dingen durch mein Betriebswirtschaftsstudium mehr Ahnung habe als mein Boss, der gelernter Krankenpfleger ist. Aufgrund dieser Ignoranz, die man in vielen Bereichen und Branchen wiederfindet, geht Neuseelands Wirtschaft sehr viel Potenzial verloren, das in seinen auslaendischen Arbeitskraeften steckt, aber sie sind so geblendet von dem Irrglauben, dass alles was von hier kommt, soviel besser ist, dass sie das nicht mal merken.
Ich hoere es jeden Tag in den Medien; das Schul - und Gesundheitssystem in Neuseeland sind erstklassig und muessen sich hinter niemandem verstecken, Neuseeland ist so gruen und sauber, sportlich gesehen stehen sie an der Weltspitze und was Forschung und Wissenschaft angeht haben sie natuerlich auch die hellsten Koepfe im Lande. Damit will ich hier gleich mal aufraeumen. Die Allgemeinbildung der meisten Kiwis laesst zu wuenschen uebrig und andere Sprachen sprechen sie auch kaum (ich wurde von einem Kiwi gefragt, was denn Hitler heutzutage tut). Ausserdem schafft es die Regierung schon seit Monaten nicht, ihre Lehrer ordentlich zu bezahlen (wens interessiert, googelt mal novopay Affaire) und diese gehen schon seit geraumer Zeit auf die Barrikaden, weil sie aufgrund einer neuen fehlerhalften Software Monat fuer Monat unterbezahlt werden. Die Wartelisten fuer neue Hueften, Nieren und andere weitreichende Operationen sind so lang, dass viele keinen anderen Ausweg sehen als mit ihrem hart ersparten Geld nach Thailand zu fliegen, um lebensnotwendige OPs dort ausfuehren zu lassen. Die Umweltverschmutzung in Neuseeland ist alarmierend, Fluesse werden durch Farmer und ihr Vieh verunreinigt und durch schlechte Bauqualitaet (keine Zentralheizung) verheizen die meisten Kiwis jeden Winter halbe Waelder, um ihre Haeuser warm zu halten. Sport. Ja Sport ist hier eine Religion und viele Kiwis identifizieren sich mit den sportlichen Leistungen ihrer Sporthelden. Aber um welche Sportarten geht es denn da hauptsaechlich? Rugby, Cricket, Netball. Das spielt man in den meisten Teilen der Welt gar nicht. Als ich mal zu einem meiner Arbeitskollegen meinte, dass es keine Kunst ist, eine "Weltmeisterschaft" zu gewinnen, an der nur 5 oder 6 Teams teilnehmen, weil es sonst nirgendswo gespielt wird, hat er mir das sehr boese genommen. Ist doch aber wahr! Eine Fussball Weltmeisterschaft zu gewinnen ist sehr viel schwieriger als die Rugby Weltmeisterschaft! Und welche bahnbrechende Erfindung kommt eigentlich aus Neuseeland?
In den letzten Monaten ist mir bewusst geworden, wie sehr ich Europa vermisse. Das Reisen ist durch die kurzen Entfernungen viel einfacher, lokale kulinarische Spezialitaeten (Neuseeland hat kein typisches neuseelaendisches Gericht), die lange Geschichte und vorallem die reiche Kultur! Nach 5 Jahren hier weiss ich immer noch nicht, was typisch Kiwi ist und ich glaube, viele Neuseelaender wissen es selbst nicht. Fuer mich ist es nicht der Haka, der bei allen Anlaessen aufgefuehrt und ausgenutzt wird, als typisch Kiwi praesentiert wird, obwohl er nur einen kleinen Teil des Kiwiseins darstellt. Maori Kultur ist nicht alles und oft wird vergessen, dass ein Grossteil der Kiwis Vorfahren in Europa hat. Diese Leute haben mit dem Haka nicht viel am Hut; viele nervt er sogar. Rugby, Bier und Angeln; das ist fuer mich typisch Kiwi und mir ist das nicht genug. Ich werde oft gefragt, ob ich denn nicht den Mann fuers Leben hier in Neuseeland gefunden haette. Ich brauche einen Mann mit Intellekt und Grips, mit dem ich ein ordentliches Gespraech fuehren kann und dabei moechte ich nicht ueber Rugby, Cricket oder Angeln sprechen.
Der wichtigste Grund fuer meine Heimkehr allerdings ist meine Familie. In der Ferne habe ich Hochzeiten und Beerdigungen verpasst. Und das schlimmste, ich sehe meine zwei Neffen nur ueber Bilder oder ab und zu mal ueber Skype. Henry wird bald 3 und John schon wieder 1 und ich habe ihn noch nicht einmal hautnah erleben duerfen. Das soll sich aendern. Wer weiss, wo es mich in Europa hinverschlagen wird. Es muss nicht unbedingt Deutschland sein, denn wer weiss, ob ich mich da so problemlos wieder in die Gesellschaft integrieren kann. Es klingt komisch, ich weiss, aber ich war immerhin 7 Jahre weg und muss wieder langsam an die deutsche Mentalitaet herangefuehrt werden. Ich bin offen fuer alles und auch jobmaessig will ich mich nicht festlegen. Die Angst besteht natuerlich, dass ich dem europaeischen Arbeitsmarkt zu lange lebewohl gesagt habe und mich nun niemand mehr einstellen will aber das ist wohl nur die Angst vor dem Unbekannten. Ich habe soviel durchgestanden in den letzten Jahren und bin immer wieder auf beiden Fuessen und mit erhobenen Kopf gelandet, dass ich weiss, dass ich es schaffen kann. Ich muss nur fest an mich glauben! Nichtsdestotrotz, falls jemand Ideen oder Jobangebote hat, kann er sich gern bei mir melden, ich bin sehr vielseitig, extrem hart arbeitend und verfuege ueber enorme Sozialkompetenz, die ich mir durch meine Arbeit mit Kollegen und Kunden aus aller Welt aneignen durfte.
Wann kommt sie denn jetzt nach Hause? Also, die Sommersaison stehe ich hier noch durch und momentan suche ich nach Fluegen nach Deutschland fuer den Mai. Und bevor jetzt alle sagen, naja, sie hat ja ihre Aufenthaltsgenehmigung, sie kann also jederzeit wieder zurueck. Nein, kann ich nicht, denn wenn ich mich fuer 2 Jahre nicht jedes Jahr mindestens 6 Monate im Land aufhalte und arbeite, verliere ich meine Aufenthaltsgenehmigung und muesste sie bei Interesse wieder beantragen. Meine Entscheidung, nach Hause zu kehren war also alles andere als einfach und ich habe mehr als nur eine schlaflose Nacht darueber verbracht, aber nun ist es entschieden und ich freue mich auf einen neuen Lebensabschnitt!
Eure Katja