Neulich im Bus

Bus (C) by Andrea-Kusajda / pixelio.de

Neulich im Bus, in einem sozial schwachen Stadtteil einer verarmten Arbeiterstadt im Ruhrgebiet. Ich wurde diskriminiert und zwar positiv. Von wem? Einem alten deutschen Mann. Er hatte im 2. Weltkrieg gedient und war um die 85 Jahre alt. Das alles hat er mir während unserer 10 minütigen Fahrt erzählt. Und natürlich dass ich ja so gut deutsch spreche, akzentfrei und sogar besser als er. Immerhin sei er ja ein echter Deutscher. So weit, so gut. Ich will mich nun nicht darüber beschweren, wie unfair und gemein ich ihn gefunden habe und wie er denn auf die Idee kommen kann, mich so derart zu beleidigen etc. Schließlich saß hinter uns eine kleine ‚Migranten- Gang’ und hat sich im schönsten deutsch-türkisch lauthals unterhalten.

 Viel interessanter war eine ganz spezielle Frage des Veteranen aus dem 2.Weltkrieg. Ob ich denn nicht zurück in ‚meine’ Heimat möchte. Weg aus der Fremde in ein Land, wo jeder ‚meine’ Sprache spricht. Und genau mit dieser Frage bin nicht nur ich konfrontiert. Durch Gespräche mit Freunden und Bekannten, habe ich herausgefunden, dass man uns (AkademikerInnen) immer häufiger die Frage stellt, ob wir nicht freiwillig auswandern möchten. Immerhin hätten wir eine Heimat, ein Land und müssten nicht unbedingt in Deutschland leben. Es ist eine besonders schlimme Form der Diskriminierung. Sie wirkt höflich, nett und unschuldig. Aber letztendlich bedeutet sie; Wann gehst du?

Auch wenn man nicht mit dem Gedanken gespielt hat, auszuwandern, denkt man dadurch immer häufiger daran und versucht sich damit anzufreunden. Warum möchte ich eigentlich in Deutschland bleiben? Weil ich die Sprache beherrsche? Weil ich hier geboren bin? Weil mir mein Umfeld bekannt ist? Als Akademiker und Bildungsschicht sollte man sich nicht unnötig in Ketten legen und sein Dasein an einem Ort fristen, der einem manchmal mehr als fremd ist. Auch unsere Großeltern und Eltern hatten es gewagt in die Fremde aufzubrechen und eine neue Existenz zu gründen. Und das ohne hohen Bildungsgrad. Also sollten wir uns tatsächlich Gedanken machen, ob wir nicht wirklich weg wollen. Wenn man unerwünscht ist und dies tagtäglich zu spüren bekommt, dann fühlt man sich auf die Dauer unwohl. Da ist es auch nicht hilfreich, wenn pseudo-tolerante Menschen uns Deutschen mit Migrationshintergrund zur Hilfe eilen. Im Privaten erkennen wir doch alle häufig genug, dass diese Leute nicht weniger mit Vorurteilen belastet sind.

Dem Veteranen im Bus habe ich geantwortet. Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Ich bin bilingual. Wenn ich merken sollte, dass das Klima immer schlimmer wird und ich offensichtlich wegen meiner Herkunft diskriminiert werde, dann werde ich definitiv wegziehen. Aber vorerst bleibe ich hier. Auch wenn ich einigen Gruppen Bauchschmerzen bereite.

Eure Medienbeobachterin, Lina



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