Neugeboren

Von Mirama @_mirama_

Ich stehe am Rande der Hochhausschlucht und mache einen Schritt nach vorne in de Abgrund hinein. Die Rebellin in mir hat mit ihrem Schwert die unsichtbaren Fesseln durchschlagen, mit denen ich mich selbst gefangen hielt.
Im freien Fall strecke ich zum ersten Mal meine Arme weit aus und umarme das Leben, atme tief  ein. Spüre den Wind der Freiheit mit meinen Haaren spielen. Ich schließe die Augen, um noch intensiver zu fühlen. Falle immer schneller.
Aber ich weiß genau, ich werde federleicht auf beiden Füßen landen ohne Schaden zu nehmen. Denn ich bin der frisch auferstandene Phönix, der Eremit, dessen Licht so hell strahlt, dass er kein anderes Licht mehr braucht. Ich bin der Atem, der Puls, der Geist meiner Wahrheit.
Nach der Landung öffne ich die Augen. Ich stehe wieder am Abgrund, unter mir die Lichter der Stadt. Von Glücksgefühlen berauscht spüre ich die Abenteurerin in mir lächeln. Sie ist es, die mich erneut loslaufen lässt. Ich stoße mich mit den Füßen ab, breite die Arme wie Flügel aus und genieße im Fall das Glücksgefühl, das Gefühl von Freiheit, das wie Adrenalin durch meine Adern rauscht.
Die Rebellin hat ihr Schwert erneut gezückt, bereit aus dem Weg zu räumen, was mich festhalten will, bis alle Widerstände gebrochen sind. Mit jeder Zelle nehme ich das Leben in mich auf.
Ich bin zur Göttin geworden, zur Göttin meiner eigenen Wahrheit.