Keine Wahlfreiheit und bloß keine Ansprüche stellen
Vor einiger Zeit haben ich mich hier über die nicht mehr vorhandene Wahlfreiheit in Sachen Kinderbetreuung ausgelassen. Es ging darum, dass es zu wenig Kitaplätze gibt – aber auch, dass es gesellschaftlich kaum noch anerkannt ist, das eigene Kind erst mit 3 oder 4 Jahren oder auch überhaupt nicht in einen Kindergarten zu geben.
Im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass ich mich in diesem Artikel auch kaum getraut habe, zu sagen, dass es nicht wirklich nur um die fehlenden Plätze geht, sondern darum, dass viele Plätze einfach meinen Anforderungen nicht genügen.
Als Erzieherin schaue ich wahrscheinlich genauer hin, und es reicht mir nicht, wenn die “Erzieherinnen nett sind”, “viel Spielzeug da ist” und das Kind “ohne Probleme hingeht”. Alles Argumente, die ich schon oft gehört habe, wenn Eltern sich zum Thema Kindergarten äußern. Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen, seinen KFZ-Mechaniker danach zu beurteilen ob er nett ist, und ausreichend Werkzeug vorhanden ist.
Gerade von den Menschen, die mein Kleinkind betreuen, will ich doch wissen, ob derjenige weiss was er da macht, ob sein pädagogisches Wissen aktuell ist, und welche Einstellung zum Leben, zur Umwelt er meinem Kind vermittelt.
Und selbst wenn das stimmt, reicht es unter Umständen nicht. Nämlich dann, wenn die Umstände einer motivierten und guten Erzieherin es nicht erlauben, ihren Job so auszuführen wie sie müsste.
Frühe Krippenbetreuung mit Spätfolgen
Und genau so ist die allgemeine Lage in vielen Kindertagesstätten heute. Zu große Gruppen, zu wenig Erzieher, schlechte räumliche Verhältnisse. Die taz berichtet darüber. Endlich wird es drastisch, aber realistisch beim Namen genannt, was die Tendenz zu früher Fremdbetreuung wirklich bedeutet. Es ist wie überall da, wo auf Kosten der Qualität gespart wird. Eher früher als später geht was kaputt. In diesem Fall eventuell das sich entwickelnde Selbstbild, das Ur-Vertrauen oder eine andere Komponente der Kinderseele.
Leider werden diese Argumente oft nicht gehört, weil man den Kleinkindern oft nichts anmerkt. Wenn es nicht schreit, ist alles gut, gilt eben nicht. Viele Kinder leiden still. Kinder passen sich an alle Situationen an, wenn sie resigniert haben. Sie können dann durchaus auch fröhlich spielen, aber ihre seelische und emotionale Entwicklung ist gestört. Die Folgen trägt der Mensch dann sein ganzes Leben lang in meist sehr einschränkender Weise mit sich herum.
Mut, es anders zu machen
Hoffentlich gelangt diese Botschaft genau so schnell an die Eltern wie die, dass frühe Fremdbetreuung angeblich so wichtig für die gesunde Entwicklung sein soll. Und wer es sich irgendwie leisten kann, sollte seinem Kleinkind den überfüllten, anstrengenden Kita-Alltag ersparen so lange es geht. Manchmal geht das, aber oft nur unter argen Entbehrungen. Die sind meist materieller Art, aber auch soziale Bindungen können dabei drauf gehen, denn wer mit Kind zuhause bleibt, ist ein Exot, und es ist nicht einfach Gleichgesinnte zu finden. Aber es gibt sie, und es gibt immer mehr.
Von daher, habt den Mut, es anders zu machen !