Neues vom Porsche 924

Von Frontmotor

Foto: Porsche. Kundenzeitschrift Christopherus
Ein regelmäßiger Teilnehmer unseres Frontmotor "Stammtisches" ist Dirk Weisbrod (Website: diweis.com). Er repariert, überholt und restauriert alte 924 und 944 Porsches und ihre Teile. Wir nennen ihn den "924-Guru".
Im vergangenen Herbst ging ihm ein Prototyp ins Netz, der es in sich hatte und dessen Enträtselung Dirk zu der Erkenntnis brachte, dass die Geschichte des 924/944 evtl. neu geschrieben muss.
Offiziell hieß es schon immer, der 924 sei ein Entwicklungsauftrag (EA425) von VW an Porsche gewesen, um den Verkaufserfolg des 914 VW-Porsche fortzusetzen. Leider sei die Fertigstellung der Konstruktion mitten in die Ölkrise gefallen. VW (und alle anderen) hätten damals geglaubt, niemals wieder werde jemand Sportwagen kaufen. Und deshalb habe VW auf die Produktion des neuen Sportwagen verzichtet. Daraufhin habe Porsche die Rechte an seiner Dienstleistung zurückgekauft und das Ding selbst auf die Räder gestellt.
Doch niemand -so fragt Dirk in seiner Story (Link) scharfsinnig- habe VW jemals gefragt, warum sie dann 1974 den Scirocco auf den Markt gebracht haben - ein dreitüriges Sportcoupe. Das war sogar ein Jahr vor dem Launch des Golf.

Foto: Frontmotor. 944 und 928 Typen
Führt man Dirks Geschichte mit der Entwicklungsgeschichte des Scirocco laut Wikipedia zusammen, dann wird klar, wie knapp sich VW vom 924 Typ zugunsten des Scirocco verabschiedete. Und zwar aus dem Grund, der heute noch Volkswagenphilosophie ist: der Plattformtechnik.
Noch während die Produktion des großen Karmann Ghia lief, bekam der Designer des Golf I die Idee, auf dessen Basis den Nachfolger des Karmann zu entwickeln. 1971 stimmte der VW-Vorstand dem zu und beauftrage Karmann, den Scirocco zu entwickeln (EA 398) und ab 1974 zu produzieren. Doch bereits 1970 hatte er auch Porsche mit ersten Aufträgen zur Entwicklung eines Karmann Ghia Nachfolgers (später als EA 425) beschickt. (Übrigens kommt daher das hartnäckige Gerücht, der 924 sei als Hausfrauenporsche gemeint gewesen: VW hatte den Karmann Ghia damals selbst als "Lady's Sportscar" positioniert.) 1973, also nachdem Karmann bereits mit der Scirocco Entwicklung beauftragt war, stellte Porsche seine Konstruktion vor. 1973 war die Ölkrise auf ihrem Höhepunkt. Und VW wollte keine zwei Sportwagenprojekte.
Was aber tun, wenn man plötzlich zwei gute Konstruktionen für den gleichen Zweck an der Hand hat? VW schaute sich im Konzern um: Da war das 1969 einverleibte Werk der NSU, das wegen der Ölkrise nicht ausgelastet war. Da war der 2,0l-Motor, den VW im Auftrag von Mercedes für deren Transporter produzierte und dessen Rechte sie erworben hatten - für eigene Transporterpläne. Und da war Porsche selbst, dass angesichts der einbrechenden Verkaufszahlen des 911 vielleicht eine Innovation gut gebrauchen könnte. Die Porschekonstrukteure schwörten auf das Transaxle-Prinzip und planten es für die kommenden Frontmotormodelle fest ein. In dem VW Entwicklungsauftrag hatten sie sich gerne selbstverwirklicht, sie wollten es jetzt nicht aufgeben.
Die Lösung hieß: Porsche bekommt die Rechte an ihrer Entwicklung für einen günstigen Preis zurück. Muss dafür aber Gleichteile, insbesondere den 2,0l-Motor nutzen und in Neckarsulm produzieren lassen. So fügt Dirk Weisbrod die Puzzleteile zusammen.
Es ist eine inzwischen typische Geschichte aus dem Volkswagenkonzern. Zuerst angefeuert von technischen Innovationen wie Wasserkühlung, Frontmotor und Transaxle dann ausgebremst von der weltweiten Ölkrise. Dann die Karten neu gemischt und das Beste für alle daraus gemacht: Sowohl der Scirocco als auch der Porsche 924 wurden ein Erfolg.
Doch kaum lief es wieder, forcierte man die Entwicklung weiter. Audi legte den Grundstein für den kommenden 5 Zylinder Quattro, VW verwertete die Technologie von NSU (K70) und entwickelte neue Dieselmotoren und Porsche entwickelte das neue Flaggschiff, den 928 samt neuem Motor.
Dirk erzählt die Geschichte sehr spannend: Die Einstellung des 2,0 l-Motors, die schwierige Suche nach einem Ersatz, warum das Transaxleprinzip eine Herausforderung an Motorenkonstrukteure ist. Er erklärt auch, warum 1985 der 924 und der 924S gleichzeitig verkauft wurden. Ich lege jedem 924 Freund ans Herz, die Story vom 946 auf Dirk Weisbrods Website zu lesen: Link