Presseerklärung vom 18. September 2010
*Das ist unser Park und unsere (Zelt-)Stadt!*
Stuttgart 21-Gegner besetzen Schlossgarten dauerhaftStuttgart, 18. September 2010: Die Parkschützer errichten heute während der Großdemo im Mittleren Schlossgarten vier Großzelte sowie zahlreiche Einmann- und Zweimannzelte, um den von Abholzung bedrohten Schlossgarten dauerhaft zu besetzen. Ziel der Aktion ist es, die Rodung der bis zu 200
Jahre alten Bäume zu verhindern, indem diese Zeltstadt ab sofort dauerhaft bewohnt wird. Für das Prestigeprojekt Stuttgart 21 sollen 282 Bäume gefällt werden, ein Großteil der innerstädtische Erholungsoase Mittlerer Schlossgarten würde dauerhaft zerstört. Durch die Baustellen für Stuttgart 21 würde der gesamte Schlossgarten inklusive Rosensteinpark erheblich geschädigt. Bereits gestern Abend haben Aktivisten von Robin Wood vier Baumhäuser errichtet und besetzt.„Wir rufen allen Bürgern zu: Willkommen, um zu bleiben! Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den Schlossgarten zu unserer Heimat zu machen, hier zu wohnen und ihn gegen die von Bahn und Politik geplante Zerstörung mit allen gewaltfreien Mitteln zu verteidigen“, sagt Matthias von Herrmann,
Pressesprecher der Parkschützer. „Bahn und Politik müssen endlich erkennen, dass das Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 keine Zukunft hat. Jede weitere Zerstörung für dieses gescheiterte Projekt ist eine Verhöhnung der Bürger, die wir nicht hinnehmen werden. Das skrupellose Vorgehen von Bahn und Politik ist ein Verbrechen an unserer demokratischen Gesellschaft.“Seit Wochen wächst der Protest gegen das Milliardenprojekt Stuttgart 21 in ganz Baden-Württemberg und auch bundesweit. Gleichzeitig werden immer mehr Gutachten öffentlich, melden sich immer mehr Experten zu Wort, die den Nutzen des Projekts in Frage stellen (Holzhey, Vieregg & Rössler, SMA). Sie weisen auf erhebliche Risiken hin, bis hin zur Aussage, dass das Bauvorhabens nicht realisierbar sei (u.a. der Architekt Frei Otto und der Verkehrswissenschaftler Prof. Karl-Dieter Bodack). Die zu erwartenden Kosten werden von allen Experten auf ein Vielfaches der offiziellen Zahlen geschätzt. Dies ist besonders gravierend, da sämtlichen demokratischen Gremien, die über dieses Projekt bislang entschieden haben, wesentliche Informationen vorenthalten wurden. Nicht
zuletzt wurden den Parlamentariern veraltete Kostenrechnungen vorgelegt, die selbst die Betreiber des Milliardenprojekts Stuttgart 21 seitdem mehrfach nach oben korrigieren mussten. Entscheidungen, die auf einer solch unzulänglichen Grundlage getroffen wurden, können keine
demokratische Legitimation darstellen für ein Großprojekt mit so weitreichenden Auswirkungen wie Stuttgart 21. Unter diesen Umständen ist es geradezu kriminell, unwiederbringliche Kultur- und Naturgüter wie den Bonatzbau und den Schlossgarten zu zerstören.Deshalb fordern die Parkschützer den projketverantwortlichen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer eindringlich auf, diese kopflosen Zerstörungen sofort zu stoppen und die Grundlage für eine sachliche Diskussion und Neubewertung von Stuttgart 21 zu schaffen. Matthias von Herrmann: „Legen Sie alle relevanten Fakten und Berechnungen offen, allen voran die Kosten-Nutzen-Analyse. Machen Sie eine wahrhaft demokratische Entscheidung möglich, ob der Nutzen die Risiken und Kosten
aufwiegt.“Presseerklärung vom 17. September 2010
BaumbesetzerInnen gegen Stuttgart 21 bleiben oben
ROBIN WOOD und Parkschützer halten Wache in bedrohten Bäumen im Schlossgarten
AktivistInnen von ROBIN WOOD und Parkschützern haben heute Abend erneut drei Bäume im Mittleren Schlossgarten in Stuttgart besetzt. Sie wollen mit ihrer Aktion dazu beitragen, den enormen öffentlichen Druck gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 so weit zu erhöhen, dass es endlich gestoppt wird. Die Massenproteste gegen das verkehrspolitisch unsinnige und maßlos überteuerte Projekt halten seit Wochen unvermindert an. In den Parteien wächst die Erkenntnis, dass sich die nächste Landtagswahl nur mit einem klaren Nein zu S21 gewinnen lässt. Trotzdem laufen die Arbeiten für den unterirdischen Durchgangsbahnhof weiter, und schon bald sollen die Fällungen im Schlosspark
beginnen.Die AktivistInnen haben drei hölzerne Plattformen an Seilen in die Baumwipfel gezogen, auf denen sie dauerhaft ausharren können. An weiteren Stellen im Park haben S21-GegnerInnen zeltähnliche Gestelle und Infostände aufgebaut sowie eine Kochstelle eingerichtet. So ist sichergestellt, dass Leute rund um die Uhr im Schlosspark sind und die Alarmketten auslösen können, sobald dort Fällarbeiten starten. Für den neuen Tiefbahnhof sollen 282 alte Bäume im Park gefällt werden.
Eine beliebte Naherholungsfläche und wichtige Frischluftschneise für die im Talkessel gelegene City würde dadurch erheblich beeinträchtigt. Das Nachpflanzen von Jungbäumen könnte den Verlust durch den Kahlschlag nicht ausgleichen.Die heute gestartete Besetzung der Bäume ist bereits die zweite durch ROBIN WOOD und die Parkschützer im Schlossgarten. In der Nacht vom 6. auf den 7. September hatten SEK-Beamte und eine Hundertschaft Polizei in einem völlig überzogenen Großeinsatz ein Baumhaus sowie eine Sitzblockade gewaltsam geräumt.
„Wo ein Baum geräumt wird, werden zwei neue besetzt. Wir bleiben weiterhin oben“, sagt Kei Andrews von ROBIN WOOD-Stuttgart. „Wir haben zwar nicht die Macht, aber die besseren Argumente und fühlen uns getragen von einer großen Welle der Sympathie. Gegen die anhaltenden Massenproteste lässt sich S21 nicht durchsetzen. Wer das nicht begreift und – wie Kanzlerin Merkel – weiterhin starrköpfig an S21 festhält, schiebt sich selbst aufs politische Abstellgleis.“
In dieser Woche haben die Grünen, SPD und Linke im Bundestag einen Baustopp für S21 gefordert. Wolfgang Drexler (SPD) ist wegen dieses Umdenkens seiner Partei heute von seinem Posten als Projekt-Sprecher zurück getreten. „Allein die beharrlichen Proteste gegen S21 haben dazu geführt, dass Bewegung in die Parteien gekommen ist und jetzt auch die SPD einen Volksentscheid zu S21
fordert“, sagt Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer. „Der Aufstand der Regierten in Stuttgart hat die Kraft, ein politisches Beben auszulösen, dessen Wirkungen weit über das Projekt hinaus und bis nach Berlin reichen. Viele Menschen haben durch den schwäbischen Filz weiter an Vertrauen in die Parteien-Politik verloren. Jetzt aber schlucken sie ihre Wut nicht mehr runter, organisieren sich selbst und wehren sich mit Aktionen des zivilen Ungehorsams. Das birgt eine ungeheure Widerstandskraft.“Kontakt:
Kei Andrews u. Aglaia Abel, ROBIN WOOD-Stuttgart, Tel. 0151 / 28 20 66 14
Fritz Mielert, Parkschützer, Tel. 0176 / 66 68 18 17
Mehr Infos unter: www.robinwood.de/verkehr, www.baumbesetzung.de, www.parkschuetzer.de, www.bei-abriss-aufstand.de