Wie man hört, interessiert sich der Deutsche seit Neuestem sehr für Armenien und seine Geschichte.
Dabei ist es natürlich so, dass es die Streithähne rund um die Bewertung der massenhaften Morde an Armeniern vor hundert Jahren einen Scheißdreck interessiert, wer diese Leute waren oder sind; ginge es nicht darum, hier vor allem gegen die Türkei zu hetzen und, quasi als Bonus, unsere eigene miese Geschichte zu relativieren, obwohl wir da mal wieder mittendrin waren- es wäre sicherlich ein Riesenspaß, den großen Völkermord-Experten einen Globus in die Hand zu drücken und Armenien zu finden.
So haben sie zumindest einen unfairen Anhaltspunkt, wir würden also einen aus dem Jahre 1989 nehmen. Warum? Weil Armenien damals in einem riesigen, auf dem Globus meist schmutzigrot eingefärbten Terrain zu finden war, auf dem man selbst die unsinnig lange Buchstabenkombination UdSSR unterbringen konnte. Armenien, das war damals noch "der Russe", und nicht irgendeiner.
In Armenien, und ich wette, spätestens jetzt fällt auch den nicht völlig Ahnungslosen die Kinnlade runter, wurde ein gewichtiger Teil des russischen Weltraumprogramms zusammengekurbelt.
Armenien gehört außerdem untrennbar zur europäischen Geschichte, da hatte von Alexander dem Großen bis zu den letzten byzantinischen Kaisern jeder mal seine Sandalen drin. Meist als Durchgangsstation für durchmaschierende Armeen, aber eben auch immer genau auf der Grenze - zwischen Ost und West, zwischen Antike und Abendland, zwischen Christentum und Islam, und leider eben nie als Bindeglied.
Armenien gab es immer mal wieder, und es ist verblüffend monokulturell geblieben trotz all der Besetzungen, da leben trotz persischer, türkischer und russischer Vereinnahmung auch heute noch 97 Prozent, ja tatsächlich: Armenier. Ein spannendes Land, das auch dieser Tage in jeder Hinsicht auf der Schwelle steht, kulturell, wirtschaftlich, ideologisch, religiös.
Aber wen interessiert das. Dabei kennen Sie sogar Armenier aus dem Fernsehen, und scheinbar heissen die alle Soukesian oder Sarkasian. Ok, Sarkasian gilt nicht wirklich, nur der Vater von Cherilyn Sarkesian war Armenier.
Wie man sich mit so einem Künstlergeburtsnamen Cher nennen kann, ist mir nicht wirklich klar.
Und ja, Glenn Soukesian hat vielleicht auch eher nur ein Nischenpublikum
Hätte er geahnt, wie gerade "Arabs" in seiner Wirtschaftsparte populär werden, hätte er sich wohl auch nicht in Colton Ford umbenannt. Und ja, Armenien ist eigentlich überhaupt nicht arabisch, Sie haben ja mal aufgepasst! Ohne diesen Artikel hätten Sie das aber einfach geschluckt, und in der gesamten Debatte würden Sie niemanden finden, der mir widerspricht. Und jetzt haben Sie außerdem zwei Leute im Kopf, die irgendwas mit Armenien zu tun haben, das sind zwei mehr als jeder Experten da draussen kennt.
Und ja, traurige Geschichte das mit den Massakern, aber viel trauriger, das auch 100 Jahre später kein Schwein die Menschen sieht, die dort systematisch abgeschlachtet wurden - selbst als Tote werden sie noch auf ideologischen Schachbrettern von Bekloppten herumgeschoben, wie ein groteskes Wollknäuel, aus dem Gebeine schauen, hier schau, die haben eine Million umgebracht, deswegen war Hitler gar nicht so schlimm.
So, Sie sind ins Wochenende entlassen. Geniessen Sie die Sonne.
Auf die Tags bin ich diesmal echt stolz, muss ich sagen. Keins davon ist gelogen.
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