Neuer Job (3)

Von Elwiraszyca @Das_denke_ich

Mit der Kritik über den letzten Anruf oder besser gesagt von dem letzten Anrufer wollte es mir die Maggi geben. Ich weiß nicht, ob es nur meine Intelligenz war oder der letzte Hauch von Selbstbewusstsein, das mir verhalf einfach da drüber zu stehen, nicht anfangen zu heulen ihr nicht zuzustimmen. Aber im Grunde wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, hab ich denn wirklich was anderes erwartet? Mir hätte doch klar sein müssen, war es ja auch, dass wenn ich das erste Mal ans Telefon gehe, diese beiden Damen es mir nicht gönnen werden, Erfolg zu haben. Dass ich eher in den Boden kritisiert werde als in den Himmel gelobt. Und ja Gott, ich weiß dass Kritik neutral ist aber hier ist grundsätzlich wenig positiv. Somit gab es auch keinen Ort, an dem das Wort Kritik so negativ belastet war wie hier. Mir war auch klar, dass ich bei meinem ersten Anruf all diese Informationen nicht sortieren könnte und ja, es bestand auch die Gefahr, dass dieser Anruf auch nicht zu standardisieren wäre. Sprich nach Schema X verfahren werden könnte. Und trotzdem war es mir so unheimlich wichtig, denn umso länger ich auf das Telefon gewartet hätte, umso mehr hätte ich Zeit gehabt davor einen ungesunden Respekt zu entwickeln. Davon mal abgesehen, dass die beiden ungleichen Zwillinge des Grauens mehr Zeit gehabt hätten mich unsicherer zu machen.

Ich habe das abgetan „Danke für deine Hilfe, jetzt weiß ich ja Bescheid.“ Und sie war damit dennoch nicht zufrieden, es sei ja zu früh und so weiter. Was bliebt ist ich habe es überstanden. Bloß nicht drüber nachdenken bloß nicht weiter ärgern. Weiter geht’s. Und ich musste erneut fragen. Und sie beschwerte sich. Nicht, dass man denken würde, sie freute sich darüber, dass die Arbeit, die sie vorher alleine gemacht hat, plötzlich durch drei zu teilen ist und sie noch nicht sofort aber mit der Zeit davon profitieren würde, so als ob man erst mal Zeit in die Leute investiert und später guckt man ihnen beim Arbeiten zu. Nein, man konnte eher den Eindruck haben, sie hätte das Gefühl man nehme ihr was weg.

Seltsam aber wahr, und wenn man ihre Biografie oder den Teil, den sie erzählt, ein bisschen deutet, dann kann man es vielleicht doch nachvollziehen. Sie hat früher als Putzfrau für die Stadt gearbeitet. Und irgendwann konnte sie das körperlich nicht mehr. Wie es genau dazu kam, weiß ich nicht. Auf jeden Fall meinte sie irgendwann hätte man sie ans Telefon gesetzt und gemeint „Mach mal!“. Und sie musste sich das wirklich alles alleine erarbeiten, ist von Kollegin zur Kollegin gerannt uns hat sich das alles erarbeitet, mühsam zusammen gesucht. Und das alles noch ohne das böse, böse Internet. Das ist wohl jetzt 13 Jahre lang her. Sie hat die Ausbildung dafür gar nicht und hat den Job trotzdem. Alles was sie kann, hat sie sich selbst erarbeitet. Und da komme ich daher und bin der Meinung, dass ich innerhalb von 6 Wochen dasselbe können kann wie sie? Wenn man es aus ihrer Perspektive betrachtet, dann muss es ja wie Spott in ihren Ohren klingen, wenn nicht sogar schon beleidigend. Dass sie da ein wenig auf Krawall gebürstet ist, kann man ein Stück weit nachvollziehen. Und dennoch ist diese Sichtweise sehr eindimensional. Ich will auch nur meinen Job gut machen und ich will ihr das Wissen ja nicht weg nehmen, ich will ihre Leistungen nicht herabsetzen aber ist es verwerflich, wenn ich meinen Job gut machen will und ich dafür Informationen benötige? Was kann ich ihr schon in 2 Jahren antun? In 2 Jahren spätestens hat sie das Ganze hier hinter sich. Dann ist sie in Rente.

Auf der anderen Seite nervt es mich ungemein, wenn sie mich am Telefon auflaufen lässt. Wenn sie mir nur die halben Informationen gibt, wenn sie die Möglichkeiten, wie man den Leuten helfen könnte, für sich behält. Wenn ich niemanden zurückrufen darf, wenn sie das alles nur erledigt. Das ist doch schön oder nicht? Ich bin die blöde Nuss, die nichts kann und dann ruft die kompetente Kollegin zurück und erklärt „Natürlich können sie das so oder so machen..“. Dann ist sie die große Stütze, ohne die, die Ausländerbehörde nicht zurecht käme, ja sogar verloren wäre. Kann es sein, dass da jemand ein Problem mit seinem Ego hat? Kann es sein, dass sie sich zu wichtig nimmt für das große Ganze, als sie tatsächlich ist? Und dadurch, dass sie es im Grunde weiß, kommt es zu diesen Überreaktionen? Ich wünschte diese Phase, wo man sie bei jedem Anruf um Hilfe fragen muss, würde nicht allzu lange dauern.

(Foto: Marina Wiblishauser / pixelio.de)

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