In der Haut von Torsten Oletzky möchte man derzeit nicht stecken: Wie ein Feuerwehrmann, der mit einer Wasserpistole Waldbrände zu löschen versucht, hechelt Oletzky derzeit von einer Baustelle zur nächsten – immer dabei, den aktuell größten Schaden zu reparieren. Mal sind das Sexparties, mal Drückermethoden im Vertrieb, mal fehlerhafte Vorsorgeverträge: Herr Oletzky ist Chef der Ergo-Versicherungsgruppe.
Ruhe ist nicht eingekehrt, denn tiefgreifende strategische Neuerungen (z.B. bei der „Drückerbande“ der HMI) blieben vielfach aus. Doch Ergo versucht den Wandel durch immerwährende Wiederholung der neuen Markenwerte Verständnis und Transparenz einzuschleifen. Gerade letzteres stößt bei vielen Kunden und deren Interessenvertretern besonders sauer auf. Erst kleckerten die Details der Budapester Sex-Affäre in homöopatischer Dosis an die Oberfläche, dann wurde wegen Verleumdung geklagt und Erpressungsversuche beschworen – Ziel der Übung: Ablenkung und Verschleierung. Oletzky selbst bezeichnet das fragwürdige Incentive-Programm für die Top-Vertriebler als „katastrophale Fehlentscheidung“ und gibt massive Fehler bei der Aufklärung zu: „Die Folge ist, dass durch das nicht vollständig korrekte Dementi zu Beginn unsere Glaubwürdigkeit weiter gelitten hat“. read on
Bei den Reaktionen der befragten Ergo-Sprecher gehen auch hier Anspruch (=Transparenz) und Wirklichkeit (=ähhh…) weit auseinander: Die einen sagen, man wisse von nichts; Die anderen schreien „unmöglich“ – man habe doch jetzt Richtlinien für solche Gelage. Deutlich wird abermals: Herr Oletzky ist nicht zu beneiden. Trotz 18-Stundenschichten hat er vermutlich nicht den Hauch einer Ahnung, was seine „Strukkies“ (die Strukturvertriebler) nach Feierabend so treiben (im wahrsten Sinne des Wortes). Da passt es nur zu gut, dass man bei der Ergo Versicherung fast erleichtert aufatmet, dass die mit mächtig Mediadruck gefahrene Verständnis-und-Transparenz-Kampagne anscheinend nach allen Regeln der Kunst gefloppt ist: „Viele Leute haben unsere Marken-Repositionierung im vergangenen Jahr ja gar nicht mitbekommen“, glaubt eine Ergo-Sprecherin im Interview mit der Süddeutschen. Das Kalkül: So können Stripperinnen, Sex-Partys und andere Späße dem Image der Ergo-Gruppe nur wenig anhaben.
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